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Müssen Fotos bei einer Hochzeit extra bezahlt werden?

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Hochzeitsfotos gehören für viele Paare zum wichtigsten Bestandteil ihrer Trauung. Sie konservieren Momente, Emotionen und Erinnerungen. Doch wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn ein Hochzeitspaket Fotos ankündigt, aber keine ausdrückliche Übergabe von Fotoprodukten oder Dateien erfolgt? Genau diese Frage hatte das Amtsgericht München im Mai 2023 zu beantworten. Im Zentrum stand die juristische Auslegung eines Hochzeitspakets, das Teil einer Kreuzfahrt war.

Sachverhalt: Hochzeit auf hoher See – und ein Streit um 1.399,95 Euro

Der Kläger aus Sachsen-Anhalt hatte bei der beklagten Reederei eine Kreuzfahrt für Juni 2022 gebucht. Für 889 Euro wählte er zusätzlich das Hochzeitspaket "Classic". Dieses umfasste eine symbolische Hochzeit an Bord des Schiffes.

Nach der Zeremonie erwarb die Ehefrau des Klägers im bordeigenen Fotostudio mehrere Fotoprodukte:

  • ein sogenanntes "Storybook",
  • ein "Wedd Canvas 40x60", also eine Fotoleinwand,
  • sowie ein "Wedding Emerald"-Foto,

insgesamt zum Preis von 1.399,95 Euro.

Der Kläger war der Ansicht, dass diese Fotos und Fotoprodukte im gebuchten Hochzeitspaket enthalten gewesen seien. Er forderte daher den gezahlten Betrag zurück, da er ihn für rechtsgrundlos erbracht hielt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB). Seine Argumentation: Das Paket verspreche "Fotos der Zeremonie" – also sei auch die Übergabe dieser Fotos ohne weitere Kosten geschuldet.

Die Entscheidung des Amtsgerichts München (Urteil vom 15.05.2023, Az.: 223 C 15920/22)

Das Amtsgericht München wies die Klage vollumfänglich ab. Es sah keinen Anspruch auf Rückzahlung und begründete dies ausführlich:

1. Kein Anspruch aus § 812 BGB – keine rechtsgrundlose Bereicherung

Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die Beklagte durch die Zahlung "etwas ohne rechtlichen Grund erlangt" habe. Zwar war unstreitig gezahlt worden, jedoch erfolgte diese Zahlung durch die Ehefrau des Klägers nach ausdrücklicher Auswahl konkreter Produkte im Bordshop.

2. Auslegung des Begriffs "Fotos der Zeremonie" nach §§ 133, 157 BGB

Ein zentrales Argument des Gerichts war die vertragliche Auslegung:

"Nach §§ 133, 157 BGB ist die Bezeichnung „Fotos der Zeremonie“ nach dem objektiven Empfängerhorizont dahin auszulegen, dass seitens der Beklagten Fotos von der Zeremonie gemacht werden, allerdings eine separate Bestellung mit zusätzlichen Kosten im Nachhinein erfolgt."

Das bedeutet: Ein durchschnittlicher Kunde kann erwarten, dass Fotos aufgenommen werden – aber nicht, dass deren Übergabe oder Weiterverarbeitung (z. B. Ausdrucke oder Fotobücher) im Paketpreis enthalten sind.

3. Keine Angabe zu Fotoanzahl oder Formaten im Vertrag

Das Gericht stellte fest, dass der Vertrag (Anlage K1) keinerlei Hinweise auf Anzahl, Format oder konkrete Übergabeformen der Fotos enthielt. Weder war von digitalen Dateien noch von Papierabzügen die Rede. Auch spezielle Produkte wie das Storybook oder die Leinwand waren nicht Bestandteil des Vertrags.

4. Eigenständiger Kaufakt durch die Ehefrau

Besonders deutlich argumentierte das Gericht zur Rolle der Ehefrau des Klägers:

  • Sie habe die Fotoprodukte bewusst und individuell im Bordshop ausgewählt.
  • Es handele sich nicht um einfache Abzüge, sondern um "spezielle, aufwendige Photoprodukte".
  • Ein eigenständiger Rechtsgrund – ein Kaufvertrag – liege somit zweifelsfrei vor.

5. Email-Kommunikation belegt: Nur Fotografendienst, keine Fotoübergabe

Die Beklagte hatte in einer E-Mail vom 04.02.2022 erklärt, dass im Hochzeitspaket ein einstündiger Fotoservice enthalten sei. Auch hier: Kein Hinweis auf inkludierte Abzüge oder Dateien.

Der Kläger hatte den Zugang dieser E-Mail nicht substantiiert bestritten, sondern sie selbst im Verfahren vorgelegt.

6. Kein Verstoß gegen § 305c BGB (keine überraschende Klausel)

Das Gericht lehnte auch die Berufung des Klägers auf eine angeblich überraschende Klausel ab:

"Eine Inkludierung nur des Fotografen an sich ist nicht ungewöhnlich, da bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung häufig Fotografen für besondere Anlässe wie Hochzeiten, etc. beauftragt werden und Abzüge im Nachhinein, digital oder in Papierform extra zu vergüten sind."

Fazit: Es war weder objektiv ungewöhnlich, noch missverständlich, dass nur der Service des Fotografen im Hochzeitspaket enthalten war, nicht aber die konkreten Bilder.

Rechtliche Bewertung

Das Urteil liefert einen klaren rechtlichen Rahmen für Paare und Dienstleister:

  • Der Begriff "Fotos der Zeremonie" meint in solchen Paketen die Anfertigung von Bildern, nicht deren Überlassung.
  • Produkte wie Storybooks, Leinwände oder Dateien müssen separat erworben werden, wenn sie nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart sind.
  • Eine Rückforderung gezahlter Beträge scheidet aus, wenn diese auf Grundlage eines eigenen, rechtlich wirksamen Kaufakts erfolgen.

Bedeutung für Verbraucher

Was Sie beim Buchen von Hochzeitspaketen beachten sollten:

  • Leistungsumfang genau prüfen: Ist nur der Fotograf oder auch das Fotoalbum enthalten?
  • Kleingedrucktes lesen: Gibt es eine konkrete Angabe zur Fotoanzahl oder zum Format?
  • Nachfragen und schriftlich bestätigen lassen, wenn Unklarheiten bestehen.

Bedeutung für Anbieter

Auch Dienstleister sollten das Urteil zum Anlass nehmen, ihre Angebotsstruktur zu prüfen:

  • Klare Trennung zwischen Fotografendienstleistung und Fotoprodukten.
  • Transparente Preisgestaltung für Zusatzleistungen.
  • Vermeidung von Mehrdeutigkeit in Leistungsbeschreibungen.

Fazit: Nur der Fotograf ist inklusive – nicht die Bilder

Das AG München hat in seinem Urteil vom 15.05.2023 (Az.: 223 C 15920/22) klargestellt: Wenn in einem Hochzeitspaket lediglich von "Fotos der Zeremonie" die Rede ist, heißt das nicht, dass die Bilder automatisch im Preis enthalten sind. Es handelt sich vielmehr nur um den Service der Aufnahme, nicht um die Rechte oder Kopien der Fotos.

Wer sich bleibende Erinnerungen sichern möchte, sollte die Details des Angebots genau prüfen – und gegebenenfalls zusätzliche Kosten für Fotoprodukte einkalkulieren.

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