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Mietwagenfirmen müssen ihre Fahrzeuge am Firmensitz abstellen

LG Aachen, Urteil v. 31.10.2014, Az.: 43 O 31/1
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht Aachen hat in seinem Urteil vom 31.10.2014 (LG Aachen, Urteil v. 31.10.2014, Az.: 43 O 31/14) festgestellt, dass Personenbeförderer ihre Mietwagen grundsätzlich am Unternehmenssitz abstellen müssen. Dazu sind die Betreiber solcher Firmen nach Auffassung des Gerichts aus § 49 Abs. 4 S. 3 PBefG verpflichtet. Eine davon abweichende Praxis, wie das Abstellen eines Mietwagens vor der Privatwohnung eines Mitarbeiters, ist demnach dazu geeignet, gegen Wettbewerbsrecht gemäß § 3 Abs. 1 UWG zu verstoßen.

Anlass für die Entscheidung war ein Streit zwischen einem Taxiunternehmer und dem Betreiber einer Mietwagenfirma. Eine langjährige Mitarbeiterin der Mietwagenfirma hatte ihr Dienstfahrzeug, mit Einwilligung ihres Chefs, regelmäßig nach Feierabend vor ihrer Wohnung geparkt, die einige Kilometer vom Betriebssitz entfernt liegt. Ein in der Nähe dieser Wohnung ansässiger Taxiunternehmer fühlte sich dadurch auf unzulässige Weise in seinen Geschäfts-Interessen beeinträchtigt. Bereits 2002 hatte er den Konkurrenten mit einem Schreiben vergeblich dazu aufgefordert, die Mietwagen ausschließlich an den dafür konzessionierten Parkplätzen abzustellen. Nun klagte der Taxiunternehmer vor dem Landgericht Aachen auf Unterlassung und bekam Recht.

Hintergrund für den Streit ist die Regelung aus dem Personenbeförderungsgesetz (§ 49 Abs. 4 S. 3 PBefG), wonach Mietwagen, die zur Personenbeförderung eingesetzt werden, nach einem ausgeführten Auftrag unverzüglich zu dem jeweiligen Betriebssitz zurückkehren müssen. Mit einem Mietwagen dürfen, im Gegensatz zu Taxen, nur Beförderungsaufträge durchgeführt werden, die am Unternehmenssitz eingegangen sind. Die Rückkehrplicht ist nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 1988, 1310, 1311) notwendig, damit die Mietwagen nicht, so wie Taxen, für spontane Beförderungswünsche in verschiedenen Bezirken bereitstehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bedeutung der Rückkehrpflicht unterstrichen, da nur so gewährleistet sei, dass die Mietwagenunternehmen neue Aufträge nicht per Funk an ihre Fahrer weitergeben könnten, wodurch sie ihr Unternehmen taxiähnlich betreiben würden (NJW 1990, 1349, 1350 [BVerfG 14.11.1989 - 1 BvR 1276/84]).
Der beklagte Mietwagenbesitzer vor dem Landgericht Aachen hatte gegen die Unterlassungsklage argumentiert, seine Mitarbeiterin erhalte jeden Abend einen Fahrplan für den nächsten Tag und stünde somit nicht für spontane Fahrten zu Verfügung. Die darin entsprechenden Aufträge seien zuvor von ihm am Unternehmenssitz entgegengenommen worden. Außerdem sah er sich vom Kläger zu Unrecht beschuldigt. Da sie aufgrund der Entfernung zwischen den Betrieben keine direkten Konkurrenten seien, werde der Taxiunternehmer durch den privat geparkten Mietwagen nicht in seinen Interessen geschädigt.

Dem widersprachen die Aachener Richter in ihrer Urteilsbegründung. Der Mietwagenbetreiber konnte für sie nicht ausreichend belegen, dass seine Mitarbeiterin ausschließlich Aufträge ausführte, die bereits am Vortag eingegangen waren. Zudem müsse es für das Verbleiben des Dienstfahrzeugs bei der Fahrerin einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zu den Aufträgen geben. Eine allgemeine Regelung, wonach die Angestellte das Fahrzeug nach Feierabend vor ihrer Wohnung abstellen könne, würde den Zweck der gesetzlich geforderte Rückkehrpflicht aushöhlen, so die Richter. Vielmehr verstoße es gegen Wettbewerbsrecht im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG, wenn die Mitarbeiterin den Mietwagen nach Feierabend regelmäßig vor ihrer Wohnung parke. Die Mietwagenfirma könne dadurch Aufträge entgegennehmen, die in der Nähe der Wohnung und damit einige Kilometer entfernt vom Betriebssitz starten, ohne die eigentlich anfallenden Anfahrtskosten, zahlen zu müssen. Dadurch würden Mitbewerber, die sich an die Rückkehrpflicht hielten, in ihren wirtschaftlichen Interessen spürbar beeinträchtigt, heißt es in der Urteilsbegründung.

Das Argument des Beklagten, der Kläger sei aufgrund der Entfernung kein direkter Mitbewerber, ließen die Richter ebenfalls nicht gelten. Beide Beteiligten sind Personenbeförderer in benachbarten Gemeinden, was dem Gericht für das Bestehen eines konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ausreichte.
In den kommenden Monaten werden sich die Gerichte wahrscheinlich mit weiteren Fragen des Wettbewerbsrechts rund um das Mietwagen- und Taxigeschäft befassen müssen. Der seit Januar 2015 geltende Mindestlohn bedeutet für diese Branche eine besondere Herausforderung, in der bisher hauptsächlich nach Umsatzbeteiligung bezahlt wurde.

LG Aachen, Urteil v. 31.10.2014, Az.: 43 O 31/14

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