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Merchant haftet für Werbung seines Affiliates

LG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2014, Az. 15 O 101/13 KfH IV
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Mit Urteil vom 30.01.2014 entschied das LG Karlsruhe, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmensinhaber direkt und im Sinne einer Erfolgshaftung für Unterlassung irreführender Werbeaussagen haftet, die sein Werbepartner (sog. Afiliate) zu den von ihm angebotenen Produkten tätigt.

Die Beklagte hatte im geschäftlichen Verkehr das Gerät "H C" mit der Angabe beworben: "Das einzigartige Gerät aus den USA. Schmerzlinderung jetzt bestellen! (usw.: Link zu weiteren, vom Gericht mangels erforderlichem wissenschaftlichem Nachweis der Wirksamkeit als irreführend eingestuften Aussagen)". Sie tat dies nicht selbst, sondern der von ihr beauftragte Werbepartner handelte.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung wegen Fehlens der Passivlegitimation: Sie habe für die streitgegenständliche Internetwerbung einen externen Dienstleister beauftragt, der die Werbung eigenverantwortlich schalte und sich im gegebenen Fall nicht an die Vorgaben der Beklagten gehalten habe.

Auch ein Anspruch gemäß dem Klageantrag Ziffer 2 bestehe nicht, weil das Produkt nicht in den Anwendungsbereich des HWG falle und keine Irreführung im Sinne von § 4 Abs. 2 MPG bzw. § 5 UWG vorliege.

Der Kläger ist ein Verein, der u. a. für Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zuständig ist. Er macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend, nachdem er von der Beklagten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen wettbewerbswidrigem Verhalten gefordert hatte und diese sich geweigert hatte.

Das Gericht sah die Klägerin als Berechtigte des geltend gemachten Anspruchs i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und eine nach § 3 i.V.m. §§ 4 Nr. 11, 5 UWG, 3 S. 2 Nr. 1 HWG, 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 MPG irreführende Werbung und damit unzulässige geschäftliche Handlung als gegeben an.

Nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG liege eine Irreführung vor, wenn Medizinprodukten Wirkungen beigelegt werden, die sie tatsächlich nicht haben; nach § 4 Abs. 2 S. 1 MPG ist es verboten, solche Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen. Irreführend an der streitgegenständlichen Werbung sei die in der Formulierung "Schmerzlinderung jetzt bestellen" enthaltene Aussage, das Gerät könne Schmerzen lindern. Tatsächlich seien die schmerzlindernden Effekte des Gerätes auch nach Einlassung der Beklagten "streitig". Deshalb könne offen bleiben, ob eine schmerzlindernde Wirkung eintrete oder ob dies lediglich "streitig" ist, weil sich die Bewerbung dieses Umstandes auch im letzteren Falle verbietet.

Die Beklagte sei auch Verpflichtete des Unterlassungsanspruch s(§ 8 Abs. 2 UWG), womit die Klage Erfolg hat: Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR (ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Gerät "H C" mit den streitgegenständlichen Angaben zu werben. Das Urteil sei zu vollziehen an ihren Geschäftsführern.
Weiter wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 166,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2013 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 2 UWG richte sich in dem Fall, in dem die Zuwiderhandlung in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen wird, auch gegen den Inhaber des Unternehmens. Die Vorschrift begründet dann einen selbständigen Unterlassungsanspruch des Verletzten gegen den Unternehmensinhaber, der ohne Entlastungsmöglichkeit auf Erfolg hafte.

Das LG Karlsruhe machte den direkten Durchgriff der Haftung von folgenden Voraussetzungen abhängig:
- Handlung eines Beauftragten
- Beauftragter im Sinne der Bestimmung ist jeder, der für das Unternehmen eines anderen auf Grund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig ist, ohne Mitarbeiter zu sein.
- Der Beauftragte muss dergestalt in die betriebliche Organisation eingegliedert sein, dass der Erfolg seiner Handlung ... dem Unternehmensinhaber zu Gute kommt
- Der Unternehmensinhaber muss einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit geltend machen können

LG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2014, Az. 15 O 101/13 KfH IV

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