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Markenrechtliche Erschöpfung auch bei nicht vorrätiger Ware

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2015, Az. I-20 U 105/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Ein Händler, der Werbung für ein Produkt mit einer bestimmten fremden Marke betreibt, begeht keine Markenrechtsverletzung, sofern er sich auf den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz berufen kann. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf tritt Erschöpfung dann ein, wenn die Markenware mit Zustimmung des Markeninhabers im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht wurde. Die Markeninhaberin im konkreten Fall hatte sich vor allem deshalb an der Werbung gestört, weil die Händlerin das Produkt zum Zeitpunkt der Werbung nicht vorrätig hatte. Ein solches Vorhalten von Waren sei jedoch – so das Gericht – nicht erforderlich.

Im Streitfall hatte die Markeninhaberin zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen eine Händlerin eingeleitet, weil sie eine Verletzung ihrer Markenrechte als gegeben ansah. Die Händlerin hatte die Marke zur Bewerbung eines Produkts verwendet, das von der Markeninhaberin stammte. Den Düsseldorfer Richtern zufolge handelte es sich bei diesem Vorgehen jedoch um keinen Fall der klassischen Markenrechtsverletzungen, wie sie etwa für Pirateriefälle typisch sei.

Der Erschöpfungsgrundsatz

Die Verwendung einer Marke im Rahmen der Bewerbung des vom Markeninhaber damit bezeichneten Produkts stellt grundsätzlich eine markenmäßige Nutzung des jeweiligen Zeichens dar. Aus dem Erschöpfungsgrundsatz folgt jedoch, dass sich der Markenrechtsinhaber im Hinblick auf das konkrete Produkt nicht mehr auf sein Markenrecht berufen kann. Es besteht eine Erschöpfung der Markenrechte insoweit, wie ein Produkt vorsätzlich durch den Markenrechtsinhaber in den Verkehr gebracht worden ist. Der Erschöpfungsgrundsatz dient dem Schutz des freien Warenverkehrs in der Europäischen Union. Der Rechteinhaber soll auf diese Weise nur einmal von seiner exklusiven Rechtsposition profitieren. Er soll darüber hinaus nicht jede weitere Vertriebshandlung kontrollieren können.

Keine Pflicht zur Vorratshaltung

Die Markeninhaberin vertrat die Auffassung, dass eine markenrechtliche Erschöpfung überhaupt nicht eintreten könnte. Sie begründete dies damit, dass die Händlerin die fraglichen Produkte nicht vorrätig gehabt habe und demzufolge auch nicht unmittelbar hätte liefern können.
Aus Sicht des OLG Düsseldorf sei es jedoch unerheblich, dass die Händlerin die beworbenen Produkte nicht selber auf Lager hatte. Aus diesem Umstand resultiere nicht der zwangsläufige Schluss, dass sie sich die Produkte nicht über einen Dritte bei der Markeninhaberin besorgt hätte. Es lasse sich nicht unterstellen, dass die Händlerin eine Bestellung nicht ordnungsgemäß ausgeführt hätte. Einen entsprechenden Testkauf habe die Markeninhaberin nicht durchgeführt, um das Gegenteil nachweisen zu können.

Etwas anderes gilt bei einem markenverletzenden Parallelimport, wenn das Produkt durch den Händler von außerhalb der EU, aus den USA oder Asien ohne Zustimmung des Markeninhabers importiert wird. In einem solchen Fall kann auch der Handel mit einem Markenprodukt eine Markenrechtsverletzung darstellen.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung entbindet Händler von Markenware von der Verpflichtung, eine fortlaufende Vorratshaltung sicherzustellen. Die Verwendung einer Marke innerhalb der Werbung zur Bewerbung der angebotenen Produkte ist auch dann rechtmäßig, wenn diese im Rahmen eines Deckungskaufs im Bedarfsfall über Dritte besorgt werden können. Umgekehrt ist für Markeninhaber die Durchführung von dokumentierten Testkäufen unerlässlich, wenn sie etwaige Defizite bei der ordnungsgemäßen Ausführung von Bestellungen durch die Händler beweisen wollen. Nur wenn ihnen dieser Beweis gelingt, lassen sich Ansprüche wegen Markenverletzungen durchsetzen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2015, Az. I-20 U 105/14

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