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Mappus hat Anspruch auf Löschung von E-Mail-Dateien

VGH BW 1 S 1352/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Bei einem Streit um E-Mail Kopien aus 2010 bestätigte der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg das Urteil des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe. Der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus kann von seinem ehemaligen Dienstherrn, dem Land Baden-Württemberg, fordern, dass Dateien mit "Arbeitskopien" des Outlook-Postfachs sowie alle Kopien dieser Dateien gelöscht werden. Jedoch müssen alle Duplikate vor ihrer Löschung dem Landesarchiv als Archivgut angeboten werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014, Az.: I S 1352/13).

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Jahr nach Ende der Amtszeit von Stefan Mappus 2012 erinnerte sich das Staatsministerium an die Existenz einer in 2010 erstellten Sicherungskopie seines E-Mail-Postfachs. Seinerzeit traten technische Probleme im E-Mail-Programm auf und die Kopien befanden sich noch immer auf dem Server. Der jetzige grün-rote Landtag erhoffte sich aus den Inhalten der Mails Erkenntnisse über den Polizeieinsatz am "Schwarzen Donnerstag" vom Herbst 2010, der sich gegen Gegner des Bahnprogramms "Stuttgart 21" richtete. Die neue Landesregierung war der Auffassung, dass Mappus auf den Polizeieinsatz von 2010 politischen Einfluss genommen hatte. Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium schließlich auf diese in Vergessenheit geratenen Kopien aufmerksam.

Am 1. Oktober 2012 erhob Mappus Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Karlsruhe und forderte die endgültige Löschung der Dateien. Dies begründete er damit, dass die gefertigten Arbeitskopien seines Outlook-Postfachs personenbezogene Dateien nach dem Landesdatenschutzgesetz (LDSG) seien. Sie seien zu löschen, weil ihre Existenz für das Staatsministerium nicht mehr notwendig sei und nicht zur Erfüllung seiner Aufgaben gebraucht werde. Das beklagte Bundesland erwiderte, dass die Sicherung der Dateien sowie deren Nutzung zur Realisierung hoheitlicher Aufgaben erforderlich sei. Stefan Mappus habe seine E-Mail-Korrespondenz nicht in vollem Umfang zu den Sachakten genommen.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gab als erste Instanz der Klage überwiegend statt. Es ließ jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zu. Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 des LDSG habe der frühere Ministerpräsident einen Anspruch auf Löschung aller Daten, die sich in seinem damaligen Outlook-Postfach befunden haben. Dies umfasse auch die seinerzeit gefertigten Arbeitskopien, welche zur Datensicherung und der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebes der Datenverarbeitung angefertigt wurden. Gem. § 15 Abs. 4 LDSG dürften sie somit ausschließlich für diesen Zweck verwendet werden. Vor einer Löschung seien die Dateien jedoch gemäß § 23 Abs. 3 LDSG als Archivgut dem Landesarchiv nach § 3 Landesarchivgesetz anzubieten. Der im Landesarchivgesetz hervorgebrachte "Vorrang des Archivrechts" vor einem allgemeinen Datenschutzrecht sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Land Baden-Württemberg legte gegen die Entscheidung des VG Karlsruhe Berufung ein. Es forderte, dass die Klage auf Löschung der Dateien vollumfänglich abgewiesen werde. Das Land machte zur Begründung geltend, dass das Verwaltungsgericht die Zweckbindung der Sicherungskopien zu eng ausgelegt habe.

Stefan Mappus legte ebenfalls Berufung gegen das Urteil ein, da er der Auffassung war, er habe einen Anspruch auf vollständige Löschung aller Daten, ohne diese jedoch dem Landesarchiv als Archivgut anzubieten.

Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg wies mit seinem Urteil vom 30.07.2014 beide Berufungen zurück. Mappus habe einen Anspruch auf Entfernung der "Arbeitskopien" und sämtlicher weiterer Kopien dieser Dateien. Dieser Anspruch auf Löschung bestehe aber erst, wenn die Dateien dem Landesarchiv als Archivgut offeriert wurden. Im Übrigen seien personenbezogene Dateien nicht mehr zur Wahrnehmung von Aufgaben des Staatsministeriums erforderlich. Daneben habe der Zweck der Anfertigung der Sicherungskopien lediglich darin bestanden, technischen Problemen im Outlook-Terminkalender zu begegnen. Ein Anspruch auf Löschung würde sogar dann bestehen, wenn ein allgemeiner Zweck der Notwendigkeit einer Datensicherung vorhanden gewesen sei. Da der Sinn, weshalb die ursprünglichen Originaldateien gespeichert wurden, weggefallen sei, sei die Erstellung der Dateien aus der Sicherungskopie unzulässig. Allerdings handele es sich nicht um Archivgut einer privaten Person, sodass deshalb die Pflicht zur Anbietung an das Landesarchiv bestehe.

VGH Baden-Württemberg Mannheim, Urteil vom 30.07.2014, Az.: I S 1352/13

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