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Made in Germany

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Wann ist ein Produkt wirklich deutsch? Zwei Kondomhersteller stritten vor dem Oberlandesgericht Hamm über die Frage, wann sich ein Fabrikat mit "Made in Germany" schmücken darf.

Als Deutschland noch ein Raubkopierer war

"Made in Germany" gilt heute sowohl in Deutschland als auch im Ausland als ein Qualitätsversprechen. Was in Deutschland entwickelt und/oder produziert wurde, gilt angesichts der hier geltenden hohen Standards als besonders zuverlässig und langlebig. Doch dies war nicht immer so. Die Geschichte von "Made in Germany" beginnt in einer Zeit, als Deutschland das war, was die westlichen Staaten heute Entwicklungsländern wie China vorwerfen: Raubkopierer. Durch den späteren Einzug der Industrialisierung hatte Deutschland gegenüber Großbritannien Nachholbedarf. So infiltrierten deutsche Unternehmer Industriespione in englische Betriebe, um deren Fertigungstechniken zu erkunden und dieselben Produkte kostengünstiger auf den Markt bringen zu können. Die englischen Behörden reagierten irgendwann und verpflichteten ausländische Betriebe, ihre Fabrikate mit ihrem Herkunftsland zu kennzeichnen, andernfalls war ihnen der Zugang zum britischen Markt verwehrt. So entstand die Kennzeichnung "Made in Germany", damit englische Konsumenten gezielt englische und nicht deutsche Fabrikate einkaufen sollten. Doch es kam anders: Weil die Deutschen mittlerweile in besserer Qualität produzieren konnten, griffen Konsumenten gezielt zu Produkten "Made in Germany". Bis heute gilt dieses Herkunftszeichen als Qualitätssiegel. Doch wann ist "Made in Germany" auch wirklich "Made in Germany"?

"Made in Germany" setzt voraus, dass alle wesentlichen Abläufe in Deutschland erfolgten

Die Klarstellung dieser Frage war nun Aufgabe des Oberlandesgerichts Hamm. Dort stritten zwei Kondomhersteller über die Frage, wann sich ein Produkt mit "Made in Germany" schmücken darf. Müssen hierzu alle Produktionsabläufe in Deutschland erfolgen oder liegen die Anforderungen in diesem Zusammenhang niedriger? Die Richter in Hamm entschieden in ihrem Urteil, dass zwar nicht alle, aber zumindest die wesentlichen Produktionsschritte in Deutschland zu erfolgen haben, wenn ein Hersteller mit der Bezeichnung "Made in Germany" für sich werben möchte. Für gewöhnlich erfolgt laut dem Urteil die Herstellung von Kondomen in sieben Schritten. Zunächst muss das flüssige Latex in einer entsprechenden Form gegossen werden, um anschließend vulkanisiert und von der Form wieder abgezogen zu werden. Danach muss das Produkt gewaschen und eventuell gepudert werden und wieder getrocknet werden. Schließlich muss das Produkt auf seine Dichtigkeit hin untersucht und in der typischen Endform gerollt werden. Die Beklagte kaufte fertige "Rohkondome" aus dem Ausland, die sie in ihrem deutschen Betrieb lediglich befeuchtete und als "feuchte Kondome" verpackt mit der Kennzeichnung "Made in Germany" in den Verkehr brachte. Für das Verständnis des Oberlandesgerichts Hamm ist dies zu wenig, um ein Produkt mit "Made in Germany" bezeichnen zu dürfen. Immerhin erfolgte lediglich ein einziger Schritt in Deutschland: nämlich die Aufrollung und die Verpackung der feuchten Kondome. Die Befeuchtung als wesentlicher Zwischenschritt sei insoweit unbeachtlich, als dass es lediglich eine Derivatisierung des ursprünglichen Produktes (die Rohlinge, auch "Bulkware" genannt) darstellt.

OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2012, Az. I-4 U 95/12

 

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