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Kurze Werbetexte können urheberrechtlich geschützt sein

LG Hamburg, Urteil vom 06.11.2015, Az. 308 O 446/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

In seinem Urteil vom 06.11.2016 unter dem Aktenzeichen 308 O 446/14 hatte sich das Landgericht Hamburg insbesondere mit der Problematik zu beschäftigen, inwieweit im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs auch kurze Texte als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt sind. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind sehr praxisrelevant.

Der Sachverhalt
In der Sache selbst ging es um die Einstellung eines Textes auf den Internetseiten der Beklagten, die über diese Seiten Appartements vermietet. Dieser Text bestand aus 88 Wörtern und stammte insgesamt aus zwei seitens eines Reiseveranstalters auf dessen Internetseiten eingestellten Textes. Der erste Teil des beklagtenseitig übernommenen Textes lautete wie folgt:

"Sie überwachte die Arbeiten für die italienische Renaissancevilla persönlich, wobei sie nicht weniger als zwölf Architekten zur Verzweiflung getrieben haben soll."

Der zweite wörtlich übernommene Teil des Textes beschreibt in einem kurzen Zusammenhang mehrere rund um das Haus vorhandene Stilrichtungen der Gartenbaukunst. Nachdem der Reiseveranstalter urheberrechtliche Ansprüche außergerichtlich ohne Erfolg geltend gemacht, reichte er Klage vor dem Landgericht Hamburg ein. Der Kläger begehrte neben einem Unterlassungsanspruch u. a. Schadensersatz sowie eine Auskunft über Art und Umfang der Nutzung der beiden Textteile. Der Beklagte vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich bei den übernommenen Texten um keine urheberrechtlich geschützten Sprachwerke handelte, zumal diese Texte lediglich allgemein bekannte Fakten wiedergeben würden.

Die Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht gab der Klage nur zum Teil statt. Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg steht dem Kläger jedenfalls ein Unterlassungsanspruch zu, soweit es um die Nutzung des längeren Textteils mit der Beschreibung der sich rund um das Haus
vorhandenen Stilrichtungen der Gartenbaukunst geht. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme diesem Textteil die Eigenschaft eines eigenständigen Sprachwerkes im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG zu. In diesem Zusammenhang stellte das erkennende Gericht darauf ab, dass auch kleinste Teile, die im Verhältnis zu dem gesamten Werk bedeutungslos seien, den urheberrechtlichen Schutz genießen würden, und zwar sofern sie nach Form und Inhalt noch eine individuelle Prägung aufwiesen. Voraussetzung sei jedenfalls, dass noch ein sog. schöpferischer geistiger Inhalt erkennbar sei. Je mehr sich aber Textteile auf eine exakte Wiedergabe von reinen Tatsachen bezögen, desto weniger Spielraum bestünde für die Annahme eines noch individuell ausgeprägten schöpferischen und geistigen Inhalts. Zwar enthalte dieser Textteil auch die Wiedergabe von Tatsachen; diese würden aber seitens des Urhebers in einem individuellen Sprachstil beschrieben werden. Nach Auffassung des Gerichts liegt folglich noch eine eigenständige persönliche Schöpfung des Klägers vor. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Das Landgericht Hamburg gab im Folgenden mit den entsprechenden Begründungen den weiteren Klageansprüchen wie u. a. den Anspruch auf Schadensersatz sowie auf Auskunftserteilung weitgehend statt. Zu Recht hat das Landgericht Hamburg hingegen die Klage abgewiesen, soweit diese den ersten kürzeren Textteil betrifft. Dem bloßen Textteil

"Sie überwachte die Arbeiten für die italienische Renaissancevilla persönlich, wobei sie nicht weniger als zwölf Architekten zur Verzweiflung getrieben haben soll."

vermochte das Landgericht keine eigenständige schöpferische Qualität zubilligen. In diesem Zusammenhang führte das Landgericht aus, dass dieser Text keine über eine routinemäßige Leistung hinausgehende schöpferische Entfaltung erkennen lasse. Weder sei hier eine individuelle Gedankenführung noch ein individueller Stil des Klägers ersichtlich. Da dieser Text kein eigenständiges Sprachwerk mehr darstellt, hat das erkennende Gericht die in diesem Zusammenhang stehenden Anträge des Klägers folgerichtig abgewiesen.

LG Hamburg, Urteil vom 06.11.2015, Az. 308 O 446/14

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