Kündigungsbutton muss sofort sichtbar sein

Verbraucher sollen ihre online geschlossenen Verträge genauso einfach kündigen können, wie sie sie abgeschlossen haben. Genau dieses Ziel verfolgt § 312k BGB, der seit Juli 2022 verpflichtend einen „Kündigungsbutton“ für viele Anbieter digitaler Dauerschuldverhältnisse vorschreibt. Doch wie dieser technisch und optisch umgesetzt werden muss, war bislang in Teilen umstritten.
Das OLG Köln hat mit Urteil vom 10.01.2025 (Az. 6 U 62/24) eine Leitentscheidung getroffen. Es stellt klar: Der Kündigungsbutton darf nicht erst nach Eingabe von Vertragsdaten erscheinen – er muss sofort sichtbar sein, ohne Zwischenschritte. Der folgende Beitrag analysiert die Entscheidung im Detail, erläutert den Sachverhalt, die rechtlichen Hintergründe und die praktischen Konsequenzen für Unternehmen.
Gesetzlicher Rahmen: Was verlangt § 312k BGB?
Mit § 312k BGB wollte der Gesetzgeber Verbraucher vor sogenannten „Kündigungshürden“ im Internet schützen. Die Vorschrift regelt insbesondere:
- Anbieter müssen eine Kündigungsschaltfläche auf ihrer Website einbinden.
- Diese muss mit der Bezeichnung „Verträge hier kündigen“ o. Ä. klar und gut lesbar gestaltet sein.
- Sie muss zu einer Bestätigungsseite führen, auf der wiederum eine Schaltfläche mit der Bezeichnung „Jetzt kündigen“ o. Ä. vorhanden ist.
- Laut § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB muss diese Schaltfläche „unmittelbar und leicht zugänglich sowie ständig verfügbar“ sein.
Was bedeutet aber „unmittelbar“? Genau hier setzt der Streit in dem vom OLG Köln entschiedenen Fall an.
Sachverhalt: Telekommunikationsanbieter mit gestuftem Kündigungsprozess
Die Beklagte war ein Telekommunikationsunternehmen, das auf seiner Website unter der Marke „N.“ Mobilfunk-, Homespot- und Festnetztarife anbot. Die Tarife wurden auf einer Produktseite mit Zusatzinformationen per Sternchenhinweis erläutert.
Ebenfalls auf dieser Seite befand sich ein Button mit der Aufschrift „Vertrag hier kündigen“. Dieser führte allerdings nicht direkt zur Bestätigung der Kündigung, sondern leitete zunächst auf eine Unterseite weiter. Dort wurden dem Nutzer mehrere gestufte Abfragen präsentiert:
- Art des Vertrags: Mobilfunk, Homespot oder Festnetz
- Zahlungsmethode
- Kündigungsinhalt: Gesamttarif oder nur Zusatzoptionen
Erst nach Ausfüllen aller Felder erschien der eigentliche Button „Jetzt kündigen“ – und dieser wurde nicht vorher eingeblendet oder dauerhaft angezeigt.
Der klagende Verbraucherschutzverband beanstandete dies als unzulässige Gestaltungshürde und Verstoß gegen § 312k BGB. Die Beklagte verweigerte eine Unterlassungserklärung – der Fall landete vor Gericht.
Die Entscheidung des LG Köln – und die Wende vor dem OLG
In erster Instanz wies das Landgericht Köln die Klage hinsichtlich des Kündigungsprozesses ab. Begründung: Eine sofortige Einblendung sei nicht erforderlich, solange die Angaben zur Identifizierung notwendig und sinnvoll seien. Entscheidend sei, dass der Button „leicht zugänglich“ sei, was auch nach wenigen Eingaben noch gewährleistet sei.
Diese Sicht teilte das OLG Köln in der Berufungsinstanz jedoch nicht – es hob die Entscheidung in diesem Punkt auf und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der bisherigen Gestaltung.
Entscheidungsgründe des OLG Köln im Detail
1. Verstoß gegen § 312k Abs. 2 S. 4 BGB
Das OLG stellt klar:
Die Schaltfläche „Jetzt kündigen“ muss sofort und ohne weitere Zwischenschritte zugänglich sein.
Wörtlich heißt es im Urteil:
„Die Bestätigungsseite muss die Kündigungsschaltfläche ohne weitere Zwischenschritte enthalten – sie muss sofort sichtbar sein.“
2. Keine gestuften Abfragen vor dem Kündigungsbutton
Die vom Anbieter vorgesehene mehrstufige Eingabe sei unzulässig, da sie den Verbraucher nicht erkennen lasse, wie viele Schritte noch folgen, bevor er die Kündigung abgeben kann. Dies sei nicht mehr „leicht zugänglich“ im Sinne der Norm.
Das Gericht betont:
- Die Eingabe von Daten darf parallel zur Kündigungsschaltfläche erfolgen,
- aber nicht Voraussetzung sein, um diese überhaupt angezeigt zu bekommen.
3. Zweck der Norm: Einfachheit, Transparenz, Vermeidung von Kündigungshürden
Das OLG Köln beruft sich ausdrücklich auf den Schutzzweck des § 312k BGB, nämlich:
- Kündigung so einfach wie möglich zu machen
- Verbraucher nicht zu verunsichern
- Transparenz und Rechtssicherheit
„Es besteht keine Pflicht des Verbrauchers, zur Auslösung des Kündigungsvorgangs zunächst bestimmte Eingaben zu machen, um den Kündigungsbutton freizuschalten.“
Folgen für Anbieter: Was ist nun (nicht mehr) erlaubt?
Zulässig:
✅ Eine Seite, auf der direkt nach dem Klick auf „Verträge hier kündigen“ der Button „Jetzt kündigen“ eingeblendet ist.
✅ Parallel dazu dürfen Felder zur Dateneingabe vorhanden sein – z. B. zur Identifikation.
✅ Die Eingaben dürfen freiwillig, aber nicht vorgeschaltet sein.
Unzulässig:
❌ Der Button „Jetzt kündigen“ wird erst nach Eingabe bestimmter Vertragsdaten eingeblendet.
❌ Die Kündigung ist an einen mehrstufigen Auswahlprozess gekoppelt.
❌ Die Seite vermittelt nicht klar, wie lange der Kündigungsprozess noch dauert.
Rechtliche Konsequenzen für Unternehmen
Die Beklagte wurde verurteilt, die bisherige Gestaltung bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 € oder Ordnungshaft zu unterlassen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Revision wurde nicht zugelassen.
Für Unternehmen bedeutet das:
- Abmahnungen von Verbänden drohen bei rechtswidriger Gestaltung.
- Unterlassungsklagen und Ordnungsgelder sind realistische Konsequenzen.
- Es besteht sofortiger Handlungsbedarf, um Kündigungsprozesse gesetzeskonform anzupassen.
Fazit: Eindeutige Linie für den Online-Kündigungsbutton
Das Urteil des OLG Köln bringt dringend benötigte Rechtssicherheit für die Praxis. Es betont den Verbraucherschutz und zwingt Unternehmen zu einer klaren, sofortigen und barrierefreien Kündigungsoption.
Die wichtigste Botschaft:
„Jetzt kündigen“ muss jetzt heißen – und nicht erst nach einer Odyssee durch Formulare.
Unternehmen, die Online-Verträge anbieten, müssen ihre Webseiten dringend überprüfen. Der Kündigungsbutton darf nicht versteckt, nicht gestuft und nicht an Bedingungen geknüpft sein.
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