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Kündigung einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Kündigung einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung: OLG Köln zur Abmahnfähigkeit von Wettbewerbsverbänden

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln) vom 14. März 2025 (Az. 6 U 116/24) hat weitreichende Bedeutung für Unternehmen, die eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungserklärung abgegeben haben und sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob sie diese Erklärung kündigen können, wenn der Wettbewerbsverband, der sie ursprünglich verlangt hat, nicht mehr zur Abmahnung berechtigt ist. Das Urteil betrifft insbesondere die Rechtsfolgen des Verlusts der Abmahnfähigkeit eines Wettbewerbsverbands und die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung eines solchen Vertrages.

Sachverhalt im Detail

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin, ein Unternehmen, in der Vergangenheit aufgrund wettbewerbsrechtlicher Verstöße Unterlassungserklärungen gegenüber einem Wettbewerbsverband abgegeben. Diese Erklärung war das Resultat von zwei Abmahnungen, die von dem Wettbewerbsverband ausgesprochen worden waren. In beiden Fällen hatte die Klägerin zugestimmt, sich in Zukunft an bestimmte wettbewerbsrechtliche Vorgaben zu halten und auf entsprechende wettbewerbswidrige Handlungen zu verzichten.

Im Jahr 2022 jedoch stellte sich heraus, dass der Wettbewerbsverband nicht mehr in die amtliche Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingetragen war. Nur solche Verbände, die in dieser Liste eingetragen sind, dürfen im Namen ihrer Mitglieder wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen und Unterlassungsansprüche geltend machen. Der Verlust der Aufnahme in diese Liste führte dazu, dass der Wettbewerbsverband seine Abmahnfähigkeit und damit seine Befugnis, gegen wettbewerbswidriges Verhalten vorzugehen, verlor.

Angesichts dieser Änderung erklärte die Klägerin im Jahr 2022, dass sie die beiden Unterlassungserklärungen aus der Vergangenheit fristlos kündige. Sie begründete dies mit dem Argument, dass der Wettbewerbsverband aufgrund des fehlenden Listeneintrags nicht mehr berechtigt sei, wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend zu machen, und sie deshalb nicht mehr an die Verpflichtungen aus den Unterlassungsverträgen gebunden sei.

Der Wettbewerbsverband weigerte sich jedoch, die Kündigung anzuerkennen, und argumentierte, dass die Vereinbarungen weiterhin Bestand hätten, da die Unterlassungserklärungen zunächst wirksam abgegeben worden seien und die Kündigung ohne einen konkreten Vertragsbruch nicht gerechtfertigt sei. Die Klägerin ging jedoch davon aus, dass der Verlust der Abmahnfähigkeit des Wettbewerbsverbands einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung der Verträge darstelle.

Die Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln entschied zugunsten der Klägerin und bestätigte, dass die Unterlassungserklärungen unter den gegebenen Umständen außerordentlich gekündigt werden konnten. Das Gericht befasste sich dabei intensiv mit der Frage, ob der Verlust der Abmahnfähigkeit des Wettbewerbsverbands einen „wichtigen Grund“ im Sinne der §§ 314, 323 BGB darstellt, der die außerordentliche Kündigung der Unterlassungsverträge rechtfertigt.

1. Dauerschuldverhältnisse und Kündigungsmöglichkeiten

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Unterlassungsverträge, die aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen abgeschlossen wurden, als Dauerschuldverhältnisse zu qualifizieren sind. Diese Art von Verträgen kann grundsätzlich nur dann außerordentlich gekündigt werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund kann insbesondere dann gegeben sein, wenn eine Partei des Vertrages ihre vertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann oder wenn eine weitere Vertragserfüllung für die andere Partei unzumutbar wird.

Im vorliegenden Fall sah das OLG Köln die fehlende Abmahnfähigkeit des Wettbewerbsverbands als einen solchen wichtigen Grund an. Die Klägerin müsse nicht weiterhin an den Verträgen festhalten, wenn der abmahnende Verband nicht mehr berechtigt sei, die ursprünglich vereinbarten Unterlassungsansprüche durchzusetzen. Dies führe dazu, dass die Grundlage für die Vereinbarung der Unterlassungsverpflichtungen weggefallen sei, und es nicht mehr zumutbar sei, an den bestehenden Verträgen festzuhalten.

2. Bedeutung des Verlusts der Abmahnfähigkeit

Das Gericht hob hervor, dass das Wettbewerbsrecht den Verlust der Abmahnfähigkeit eines Verbands grundsätzlich als einen Grund ansieht, der die Fortführung eines solchen Dauerschuldverhältnisses unzumutbar macht. Die fehlende Abmahnbefugnis bedeute, dass der Wettbewerbsverband nicht mehr dazu in der Lage sei, die ursprünglichen Ansprüche durchzusetzen, und dass damit auch die Grundlage für den Unterlassungsvertrag entfallen sei. Das Gericht stellte weiter fest, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 8b UWG auch darauf abziele, Missbrauch von Abmahnungen zu verhindern und Wettbewerbsverbände davon abzuhalten, ohne eine echte Berechtigung Einnahmen durch Vertragsstrafen zu generieren.

3. Ziel des Gesetzgebers und Rechtsmissbrauch

Das OLG Köln ging in seiner Entscheidung auch auf das gesetzgeberische Ziel ein, Rechtsmissbrauch zu verhindern. Das Gericht betonte, dass es nicht mit dem Ziel des Gesetzes vereinbar sei, wenn ein Wettbewerbsverband, der keine berechtigte Abmahnung mehr aussprechen kann, weiterhin Einnahmen durch die Geltendmachung von Vertragsstrafen aus Unterlassungsverträgen erzielen würde. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein solcher Verband auch weiterhin Verträge aufrechterhalte, obwohl er keine berechtigte Grundlage mehr für die Durchsetzung von Wettbewerbsansprüchen habe.

4. Kein schützenswertes Interesse des Wettbewerbsverbands

Das OLG Köln stellte fest, dass der Wettbewerbsverband auch kein schützenswertes Interesse daran habe, den Vertrag aufrechtzuerhalten, da er aufgrund seines Fehlens in der Liste der qualifizierten Verbände nicht mehr die vertraglich vereinbarten Leistungen erbringen könne. Eine Fortsetzung der Verträge sei daher nicht im Einklang mit den Interessen der Klägerin, die nach wie vor den rechtlichen Schutz vor wettbewerbswidrigem Verhalten anstrebe, jedoch keine Abmahnung durch einen nicht qualifizierten Verband mehr fürchten müsse.

Praktische Implikationen der Entscheidung

Das Urteil des OLG Köln stellt eine wichtige Klarstellung im Wettbewerbsrecht dar, da es die Kündigung von Unterlassungsverträgen in einem Fall ermöglicht, in dem der Wettbewerbsverband seine Abmahnfähigkeit verliert. Dies betrifft alle Unternehmen, die in der Vergangenheit eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungserklärung abgegeben haben und sich nun fragen, ob sie unter bestimmten Umständen von diesen Verträgen zurücktreten können.

Unternehmen, die mit einem nicht mehr abmahnfähigen Wettbewerbsverband in einem Dauerschuldverhältnis stehen, können nun eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen, um sich aus der vertraglichen Bindung zu lösen. Dies schützt sie vor den Folgen eines möglicherweise missbräuchlich fortgeführten Vertragsverhältnisses und fördert eine klare und faire Handhabung von Wettbewerbsrecht.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Köln ist ein bedeutender Schritt hin zu einer klareren Handhabung der außerordentlichen Kündigung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärungen, wenn der abmahnende Wettbewerbsverband nicht mehr zur Abmahnung berechtigt ist.

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