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Kostenpflichtige Rufnummer für Widerrufsausübung

Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.11.2015, Az. 312 O 21/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht Hamburg entschied mit Urteil vom 03.11.2015, dass die Verwendung einer kostenpflichtigen 01805er Rufnummer für die Ausübung des Widerrufsrechts zulässig sei. Denn unter Grundtarif seien nicht nur kostenfreie oder möglichst günstige Anrufmöglichkeiten zu verstehen. Vielmehr sei ausschlaggebend, ob nicht mehr als die reinen Kommunikationskosten berechnet werden.

Verstoßen kostenpflichtige Telefonnummern gegen das Verbraucherschutzrecht?
Klägerin war eine gemeinnützige Kontrollinstitution der deutschen Wirtschaft; Beklagter ein Versandhändler. Er verwendete zunächst Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die hinsichtlich des gesetzlichen Widerrufsrechts folgenden Wortlaut hatte: „Um ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (b. Handelsgesellschaft mbH) … Tel..: (Anrufkosten: Festnetz 14 Cent/Anruf. Mobilfunk max. 42 Cent/Anruf), … über ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“ Später nutzte der Beklagte leicht abweichende AGB, nämlich wie folgt: „Um ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (b. Handelsgesellschaft mbH, H... Str. ..., (PLZ) H..., Tel..: (Anrufkosten: Festnetz 14 Cent/Minute inkl. Mehrwertsteuer, Mobilfunk max. 42 Cent/Minute inkl. Mehrwertsteuer), … über ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“ Beide Varianten mahnte die Klägerin ab, da sie sie für rechtswidrig hielt.

Kosten in gleicher Höhe wie bei normalen Anruf
Das Landgericht Hamburg erachtete die Klage als unbegründet. Die Regelung verstoße nicht gegen das Verbraucherschutzrecht. Denn danach sei eine solche Verpflichtung nur dann unwirksam, wenn das festgelegte Entgelt das normale Entgelt für die Nutzung von Telekommunikationsdiensten übersteige. Dies sei vorliegend aber unstreitig gerade nicht der Fall. Der Beklagte berechne im Falle des Anrufs nur das Entgelt, welches auch der Telekommunikationsdienstleister berechnen würde.

Keine höheren Zahlungen als für Grundtarif bei Umsetzung der europäischen Richtlinie
Das Gericht entschied auch, dass die einschlägige Verbraucherschutzregelung (§ 312 a Abs. 5 BGB) im Einklang mit der zugrundeliegenden europäischen Richtlinie stehe. Danach hätten die Mitgliedsstaaten dafür sorgen müssen, dass die Verbraucher bei telefonischer Kontaktaufnahme wegen des geschlossenen Vertrages nicht zu höheren Zahlungen als den Grundtarif verpflichtet werden. Bei der angebotenen 1805er Telefonnummer mit den Tarifen von max. 42 bzw. 14 Cent/Min handele es sich um einen solchen Grundtarif. Denn darunter sei nicht nur die gewöhnliche (geografische) Festnetz- oder Mobilfunknummer zu verstehen.

Grundtarif ist auch ein Tarif, mit dem kein Gewinn erzielt wird
Zu den Grundtarif-Nummern seien auch solche Rufnummern zu zählen, bei denen das Unternehmen aus dem Betrieb der Hotline keine Gewinne ziehe, so das Gericht. Zu solchen Rufnummern gehören auch die des Rufnummernbereichs (0)180. Diese seien bundesweit zu einem einheitlichen Entgelt zu erreichen. Der Begriff „Grundtarif“ stehe dem auch nicht entgegen. Denn mit „Grundtarif“ könne nicht der für den Verbraucher günstigste Tarif gemeint sein. Angesichts der unüberschaubaren Tarifvielfalt mit verschiedensten Varianten lasse sich ein einheitlich günstiger Tarif für alle Verbraucher nämlich nicht festlegen. Oder der Unternehmer müsse eine Vielzahl von Rufnummern zur Ausübung des Widerrufsrechts vorhalten. Eine solche Pflicht lasse sich jedoch weder dem Begriff „Grundtarif“ noch der zugrundeliegenden europäischen Richtlinie entnehmen.

Gebühren halten nicht von Ausübung des Widerrufsrechts ab
Das Gericht befand auch, dass die Kosten von maximal 42 Cent/Min bzw. 14 Cent/Min. für sich genommen nicht so hoch seien. Der Kunde werde damit nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abhalten. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte zusätzlich eine E-Mail-Adresse vorhalte, über die das Widerrufsrecht kostenlos ausgeübt werden könne.

Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.11.2015, Az. 312 O 21/15

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