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Keine Verjährungshemmung bei ungenauem Mahnbescheid

AG Bielefeld, Urteil vom 07.05.2015, Az. 42 C 656/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Amtsgericht (AG) in Bielefeld hat mit seinem Urteil vom 07.05.2015 unter dem Az. 42 C 656/14 entschieden, dass ein Mahnbescheid, der anlässlich der Kosten aus einer Abmahnung wegen Filesharings beantragt worden ist, keine Hemmung der Verjährung bewirkt, wenn die mit ihm beanspruchten Forderungen nicht ausreichend benannt werden. Der Empfänger muss erkennen können, gegen welche Ansprüche er sich möglicherweise wehren muss. Es gilt eine dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus Filesharing. Verlängerte Fristen von 10 Jahren kommen nicht in Betracht, weil bei einem Filesharing keine Bereicherung erfolgt.

Damit hat das AG die Klage abgewiesen.

Die Klägerin machte Schadens- und Ersatzansprüche wegen Filesharings des Films „Der Fall Ted Bundy” in einer einschlägigen Tauschbörse geltend.
Um widerrechtliche Verbreitungen geschützter Werke verfolgen zu können, beauftragte sie die Firma K., welche die entsprechenden Netzwerke überwachte.
Die Firma K. teilte mit, dass am 05.12.09 um 15:41 Uhr der streitgegenständliche Film zum Herunterladen angeboten wurde und zwar via Filesharing-System „æTorrent 1.8.3.0″ vom Nutzer X mit der IP-Adresse x.

Die Klägerin erwirkte mit einer landgerichtlichen Klage gegenüber der Telekom Auskunft über die Namen und Adressen der Nutzer, die den ermittelten IP-Adressen zugeordnet werden konnten. Am 11.02.10 erteilte die Telekom die Auskunft, die entsprechende IP-Adresse gehöre der Beklagten.

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab und behauptet, die einzige Lizenznehmerin sowie Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte für den Film „Der Fall Ted Bundy” zu sein. Es gebe einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass die Beklagte die Rechtsverletzung selber begangen habe.

Deshalb stehe der Klägerin nach § 97 UrhG eine fiktive Lizenzgebühr von 400 € zu sowie der Ersatz von Anwaltskosten für die Abmahnung. Der Streitwert belaufe sich auf 7500 €. Ferner führte die Klägerin aus, die Ansprüche seien nicht der Verjährung unterfallen und seien auch ausreichend benannt worden. Wegen des lizenzanalogen Schadensersatzanspruchs gelte § 852 BGB, eine Verjährungsfrist komme auf 10 Jahre.

Dieser Ansicht vermochte sich das AG Bielefeld nicht anzuschließen. Die Klägerin könne keinen Schadensersatz und auch keine Abmahnkosten verlangen.
Eventuelle Forderungen seien verjährt, da die Verjährungsfrist von 3 Jahren überschritten gewesen sei. Die Frist sei auch nicht unterbrochen bzw. gehemmt worden, da der Mahnbescheid, der die Frist hätte hemmen können, nicht korrekt gewesen sei.
Die Zustellung des Mahnbescheids sei zwar noch vor dem Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt. Doch habe der Bescheid nicht den Anspruch bezeichnet. Bei einer Mehrheit von Forderungsposten müsse jeder einzeln individualisiert werden. Der Abgemahnte müsse in der Lage sein, in einem Mahnverfahren zu beurteilen, ob er sich wehren will und wenn ja, ob gegen den gesamten Anspruch oder nur teilweise. Es ergebe sich keine Aufschlüsselung de Beträge, die im Mahnbescheid genannt seien. Die Summe der 850 Euro sei die einzige konkrete Forderung. Diese erscheine als pauschaler Betrag zur Abgeltung der Forderungen.
Aus diesem pauschalen Betrag seien keine Rückschlüsse darauf möglich, welcher Anspruch in welcher Höhe verfolgt werden soll. Es sei kein Bezug zu der Summe herzustellen, die im Mahnbescheid benannt ist.

Die Individualisierung der Ansprüche erfolgte erst nach der Verjährung.

AG Bielefeld, Urteil vom 07.05.2015, Az. 42 C 656/14

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