Keine Haftung von Google für Suchergebnisse

Das Kammergericht Berlin hat am 25.07.2011 einen unter dem Aktenzeichen 10 U 59/11 geführten Rechtsstreit über die Pflichten des Betreibers einer Internetsuchmaschine durch Beschluss entschieden. Zuvor hatte sich das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg am 26.05.2011 zum Aktenzeichen 3 U 67/11 und am 11.03.2008 zum Aktenzeichen 7 U 35/07 mit der Frage zu befassen, ob durch eine Zusammenstellung von Suchbegriffen, die bei der Nutzung einer Suchmaschine helfen sollen, Rechte einer betroffenen Person verletzt werden können und ob der Suchmaschinenbetreiber in einem solchen Falle haftbar zu machen ist.
In allen drei Fällen klagten Personen oder Vertreter von Unternehmen, die festgestellt hatten, dass die vom jeweiligen Beklagten betriebene Suchmaschine bei Eingabe ihres Namens oder ihrer Geschäftsbezeichnung negativ wirkende Verknüpfungen herstellte.
Im vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall handelte es sich bei dem Kläger um den Autor Bastian Sick, der sich durch einen der als „Snippet“ bezeichneten Wortverknüpfungen in seinen Rechten verletzt fühlte. Bei Eingabe seines Namens erschien bei der vom Beklagten Suchmaschinenbetreiber Google eine Wortverknüpfung, die zu einem verlinkten satirischen Artikel über einen angeblichen Eklat bei einer seiner Leseveranstaltungen enthielt.
Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg hatte sich mit den Anträgen von zwei Geschäftstreibenden auseinanderzusetzen. Zum Aktenzeichen 7 U 35/07 wurde die Klage eines Leasingunternehmens bearbeitet. Auch das unter dem Aktenzeichen 3 U 67/11 betriebene Verfahren hatte Nachteile zu Gegenstand, die einem Geschäftsbetrieb durch die Verlinkung von Snippets mit nachteiligem Inhalt entstanden waren.
In allen drei Fällen wiesen die Richter die Berufung beziehungsweise die Beschwerde ab.
Die den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte unterscheiden sich nur in Details. Grundsätzlich berufen sich alle Kläger darauf, dass ihnen aufgrund der Regelung des § 1004 BGB ein Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung von rechtsbeeinträchtigenden Störungen zustehen. Die im Rahmen der generellen Schadensersatzregelung des § 823 BGB definierte rechtswidrige Schädigung soll darin bestehen, dass die Kläger aufgrund der Verlinkung ihres Namens mit für sie nicht angenehmen Internetinhalten in ihrer Persönlichkeit verletzt würden, ohne dass dafür ein Rechtfertigungsgrund, beispielsweise im Rahmen der Pressefreiheit, gegeben wäre. Die Gerichte hatten sich deshalb mit mehreren rechtlich relevanten Fragen zu beschäftigen.
Ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB kann nur dem Störer gegenüber geltend gemacht werden. Im Internetrecht ist die Feststellung der Störereigenschaft an das Vorliegen besonderer Voraussetzungen gebunden. Es reicht nicht aus, dass eine bestimmte Information auf der Internetseite des Beklagten auftaucht, um ihn als Störer in Anspruch zu nehmen. In allen hier vorliegenden Entscheidungen hatten sich die Beklagten Suchmaschinenbetreiber darauf berufen, dass sie die beanstandeten Verknüpfungen und Verlinkungen nicht eigenhändig vorgenommen hätten. Derartige Snippets entstehen, wie inzwischen allgemein bekannt ist, dadurch, dass die Suchmaschine automatisch die von den Nutzern getätigten Suchaufrufe auflistet und mehrfach gesuchte Word-. Namens- oder Begriffskombinationen als Hilfe für den Suchmaschinenbenutzer angeben. Folglich bestimmt nicht der Suchmaschinenbetreiber, wie die Snippets aussehen, sondern die Menge der Nutzer, die unter der gleichen Namens- und Begriffskombination suchen, sorgen dafür, dass die Suchmaschine automatisch die gefragte Zusammenstellung als Hinweis einblendet. Die Kläger bestreiten nicht, dass es sich dabei um technische Vorgänge handelt. Sie vertreten jedoch alle die Ansicht, dass die Beklagten als Suchmaschinenbetreiber zu einer besonderen Überprüfung der Snippets auf inhaltliche Richtigkeit verpflichtet seien.
Das Kammergericht Berlin wies in seiner Entscheidung vom 25.07.2011 diese Einlassung des dortigen Klägers mit der Begründung zurück, dass Snippets gar keinen prüfbaren Inhalt hätten. Es handele sich vielmehr um eine rein mechanisch zustande gekommene Ansammlung von in dem bestehenden Zusammenhang häufig eingegebenen Suchworten. Nur in Ausnahmefällen würden diese Suchworte einer Inhaltsbeschreibung für den verlinkten Beitrag entsprechen. Ob so ein Sonderfall eintritt, liegt eher in der Hand der Suchenden, die verschiedene Suchworte eingeben, als im Machtbereich des Suchmaschinenbetreibers.
Die Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg kamen inhaltlich ebenfalls zu der Entscheidung, dass den Beklagten als Suchmaschinenbetreibern die Störereigenschaft fehle. Sie nahmen in ihren jeweiligen Entscheidungsbegründungen Bezug darauf, dass die Beklagten selbst durch die Snippets keine eigene Meinung verbreiten wollten. Falls die Kläger dennoch von solchen bewussten Verletzungshandlungen ausgingen, hätten sie dazu das Vorliegen konkreter Umstände darlegen und beweisen müssen. Grundsätzlich müsse nach Ansicht der Richter an den Oberlandesgerichten in Berlin und Hamburg davon ausgegangen werden, dass alle Nutzer von Suchmaschinen sich darüber klar sind, wie die eingeblendeten Suchempfehlungen zustande gekommen sind. Solche mechanisch ermittelten Suchhilfen seien nicht nur nicht rechtswidrig, sondern sie seien sogar wichtig für die problemlose Nutzung von Suchmaschinen.
Die Suchmaschinenbetreiber könnten sich nach Meinung der höchsten Richter in den Bundesländern Berlin und Hamburg den Nutzern und den Betroffenen gegenüber auf die Grundrechte der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit berufen. Suchmaschinen haben innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte immer weiter an Bedeutung gewonnen. Sie sorgen dafür, dass Informationen und Meinungsäußerungen innerhalb kurzer Zeit einem kaum überschaubar großen Kreis von Nutzern zugänglich gemacht werden können. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg äußerte sich in seiner am 26.05.2011 zum Aktenzeichen 3 U 67/11 verkündeten Entscheidung besorgt darüber, dass dieser für Presse- und Meinungsfreiheit wichtige Informationstransfer durch übermäßige Ansprüche an die Kontrolle von Snippets zu sehr erschwert werden könnte. Eine alleinige Prüfungspflicht für Snippets wäre nicht sinnvoll, während eine Prüfungspflicht für verlinkte, fremde Seiten, Artikel und Mitteilungen das rechtssichere Betreiben einer Suchmaschine fast unmöglich werden ließe.
KG Berlin, Beschluss vom 25.07.2011, Aktenzeichen 10 U 59/11
OLG Hamburg, Urteil vom 26.05.2011, Aktenzeichen 3 U 67/11
OLG Hamburg, Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen 7 U 35/07
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