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Keine Erschöpfung durch Herunterladen einer Testversion

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.12.2016, Az. 11 U 108/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil (Az. 11 U 108/13) vom 22.12.2016 entschieden, dass keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts gegeben ist, wenn ein Nutzer sich die Testversion eines Computerprogramms herunterlädt. Die Bereitstellung einer Testversion verfolgt den Zweck, den Nutzer zum Kauf des Programms zu motivieren. Das Herunterladen durch den Nutzer enthält keine Zustimmung, die Programmkopie zu vervielfältigen.

Die Klägerin hatte wegen Verletzung von Urheber- und Markenrechten sowie ihres Unternehmenszeichens sowohl auf Unterlassung, Schadenersatz und Auskunfterteilung als auch auf die Herausgabe der Verletzungsgegenstände geklagt. Die Beklagten hatte eine Software der Klägerin heruntergeladen und auf den von ihnen vertriebenen Computern installiert. Der Auslieferung der Geräten legten die Beklagten jeweils ein Certificate of Authenticity (CoA) bei. Dieses Zertifikat ermöglicht den dauerhaften Betrieb des als Testversion heruntergeladenen Programms.

Die ausgelieferte Software habe nicht zu kommerziellen Zwecken benutzt werden dürfe, so die Richter des OLG Frankfurt am Main. Die heruntergeladenen Betriebssysteme genügten den Anforderungen nach § 69a Abs. 3 UrhG. Sie stellten daher ein geschütztes Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dar. Die Klägerin hatten den Beklagten keine Zustimmung erteilt, die Programme auf den Computern zu installieren. Das ergibt sich auch aus dem Vortrag der Beklagten, sie hätten auf den verkauften Computern eine kostenlose Testversion vorinstalliert, die auf der Internetseite der Klägerin zur Verfügung stand. Daraus konnten die Beklagten nicht ableiten, dass sie die Zustimmung der Klägerin zur Vervielfältigung der Programme besaßen.

Auch für Computerprogramme ist nach § 69a Abs. 4 UrhG das Urheberrecht anzuwenden. Im Zweifelsfall räumt der Rechteinhaber das Nutzungsrecht nur für den zum „Zweck der Einräumung erforderlichen Umfang“ ein. Die Klägerin stimmte jeweils dem Herunterladen einer Testversion zu. Das geschah, um den Nutzern eine zeitlich begrenzte Testphase zu gewähren. Außerdem sollten die Nutzer motiviert werden, die Software nach Ablauf der vorübergehenden Nutzung entgeltlich zu erwerben. Die von den Beklagten getätigten Vervielfältigungen geschahen demnach ohne das Einverständnis der Klägerin.

Die Beklagten hatten vor Gericht selbst vorgetragen, nach welchem Geschäftsmodell sie ihre Computer den Kunden angeboten haben. Neben den vorinstallierten Programmen wurden den Käufern das Certificate of Authenticity (CoA) zur Verfügung gestellt. Auf diesem Zertifikat befand sich ein Product Key, der es den Kunden der Beklagten ermöglichen sollten, die Software nicht nur testweise, sondern dauerhaft und ohne irgendeine Einschränkung zu nutzen.

Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main hätten sich die Beklagten nur dann auf eine Erschöpfung berufen können, wenn sie hätten nachweisen können, dass sie als Ersterwerber die Testversion zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hätten. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts, so das Gericht, berechtigte den Ersterwerber nicht dazu, die von ihm erworbene Software „aufzuspalten und das Recht zur Nutzung“ an andere Nutzer weiterzuverkaufen und die auf seinem Computer installierte Kopie weiterhin zu nutzen. Der Einwand der Beklagten, auf ihren Computern sei keine Software mehr vorhanden gewesen, überzeugte das Gericht nicht. Selbst wenn es zuträfe, sei das kein Beweis dafür, dass die Programme unbrauchbar gemacht worden seien. Es bestünde die Möglichkeit, dass die Software von den Beklagten „zurückbehalten, anderweitig verkörpert und/oder weiterveräußert“ worden sei.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.12.2016, Az. 11 U 108/13

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