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Kein Widerrufsrecht bei individuell angefertigten Waren

Widerrufsrecht bei Anfertigung nach Kundenspezifikation (LG Düsseldorf Urteil vom 12.02.2014 Az. 23 S 111/13)
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Wird eine Ware (hier ein Sofa) im Internet nach den Wünschen des Kunden aus einer Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten bestellt und daraufhin individuell angefertigt, so besteht für den Kunden kein Widerrufsrecht.

In vorliegendem Fall hatte ein Kunde ein Sofa im Internet bestellt, wobei es insgesamt 578 verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gab. Weiterhin wies der Anbieter bereits vor der Bestellung darauf hin, dass es sich bei einem solchen Sofa um ein „Exklusivmodell“ handele, welches individuell angefertigt werde, weshalb mit einer Lieferzeit von 12 – 16 Wochen zu rechnen sei. Auf die Einschränkung des Widerrufsrechtes wies das Unternehmen allerdings nicht hin.

Das Gericht stellt hierzu klar, dass in Fällen wie diesen der § 312d Abs. 4 Nr.1 Alt greife, da es sich, obwohl per Fernabsatz bestellt, um ein individuell angefertigtes Produkt handele.

Vorliegend sei eine einfache Rückgängigmachung der Spezialanfertigung nicht möglich, wie dies z.B. bei einem Notebook, welches aus vorgefertigten Standardelementen zusammengesetzt sei, möglich wäre (vgl. BGH, Az. VIII ZR 295/01). Da ein Sofa, welches nicht aus Standardelementen, die im Baukastensystem zusammengesetzt werden könnten, im Normalfall nicht auf Lager gehalten werden könne, sondern vielmehr erst nach einer entsprechenden Bestellung individualisiert hergestellt werde, wäre eine Rückgängigmachung, also die Rückführung des Endproduktes in seine vorgefertigten Standardteile, unmöglich.

Daher sei bei einer Rücknahme durch den Händler ein solches Produkt kaum noch verkaufbar, wenn überhaupt, dann nur mit entsprechend großen Preisnachlässen, die einen Verkauf unwirtschaftlich erscheinen ließen.

Zwar müsse für den Kunden erkennbar sein, dass eine bestellte Ware nach seinen Wünschen individuell zugeschnitten würde, dies sei im Falle eines Möbelstücks jedoch im allgemeinen der Fall, es sei denn, der Kunde bestellte seine Ware aus einem reinen Baukastensystem. Ein Urteil des LG Frankfurt (Az. 2/1 S 20/02) beziehe sich wiederum auf ein Notebook und sei daher nicht mit einem Möbelstück vergleichbar. Insbesondere bei Möbeln sei eine ausgeprägte persönliche Gestaltung durch den Kunden weit verbreitet, insbesondere um die Möbel an den Wohnungsgrundriss anzupassen. Dies entspreche also der allgemeinen und gängigen „Verkehrsanschauung“.

Für die exklusive Produktion spreche weiterhin die lange Lieferzeit, die so bei Baukastensystemen nicht üblich sei.

Selbstverständlich sei darauf zu achten, dass der Unternehmer nicht versuche, das Widerspruchsrecht dadurch zu unterlaufen, dass er standardisierte Baukastenelemente einfach nicht auf Lager halte und daher behaupte, das Produkt würde individuell produziert. Bei einem Sofa, welches nicht aus Standardelementen bestehe, könne vom Händler aber nicht verlangt werden, alle möglichen Varianten auf Lager zu halten.

Es sei dabei unerheblich, ob der Kunde aus einer unbegrenzten Anzahl von Gestaltungsmöglichkeiten wählen könne oder doch eine gewisse Einschränkung vorliege. Maßgeblich sei alleine die Tatsache, dass eine Wahl aus einer nicht unerheblichen Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten vorliege.

Ob dem Kunden aufgrund des fehlenden Hinweises auf die Einschränkung der Widerspruchsbelehrung ein Schadensersatzanspruch erwachse, ließ das Gericht offen, da es darüber nicht zu entscheiden hatte.

In der Praxis bedeutet dies, dass ein Kunde bei der Bestellung eines Produktes, aus dem er schließen kann, dass es für ihn individualisiert hergestellt wird, sein Widerspruchsrecht verliert. Dies gilt jedoch nicht für Waren, die standardisiert in einem Baukastensystem konfiguriert werden. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der angesprochene § 312d BGB im Zuge der Harmonisierung des Widerspruchsrechts in der EU ab voraussichtlich Mitte 2014 modifiziert wird, was jedoch auf die Auslegung ähnlich gelagerter Fälle kaum Auswirkungen haben dürfte. Trotzdem sollten sowohl Händler als auch Kunden das zukünftig angepasste Widerspruchsrecht im Auge behalten.

LG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2014, Az. 23 S 111/13

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