Kein Unterlassungsanspruch gegen das Abwerben von Mitarbeitern

Abwerben von Mitarbeitern: Keine Unterlassung bei fehlender Unlauterkeit
Das Landgericht Koblenz hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob gegen eine konkurrierende Firma im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Anspruch auf Unterlassung der Abwerbung von Mitarbeitern besteht. Dieses hat befunden, dass ein Unterlassungsanspruch gegen das Abwerben dann nicht besteht, wenn dieses nicht unlauter erfolgte.
Hintergrund: Streit um Mitarbeiterwechsel zwischen Wettbewerbern
Sowohl Antragstellerin als auch Antragsgegnerin sind Firmen, die u.a. stationäre Brandschutzsysteme vertreiben und auf diesem Markt sowohl um Kunden als auch um Mitarbeiter konkurrieren. Circa 25 Mitarbeitende der Antragsgegnerin hatten sich ursprünglich entschlossen, zu der Antragstellerin zu wechseln und mit dieser bereits Arbeitsverträge geschlossen. Es kam jedoch anders, indem mehrere dieser zunächst wechselwilligen Mitarbeiter jeweils eine gleichlautende Kündigung dieser Arbeitsverträge ausgesprochen haben, sie nahmen ihre Arbeit bei der Antragstellerin nicht auf. Nach der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin zur Verhinderung des Verlusts ihrer Mitarbeiter und zur Schädigung der Antragstellerin die wechselwilligen Mitarbeiter dazu verleitet, die mit der Antragstellerin geschlossenen Anstellungsverträge zu verletzen. Diese sei für die identischen und kurz vor Arbeitsbeginn erklärten Kündigungen sowie für den darauffolgenden Nichtantritt der Arbeitsstelle verantwortlich. Indem sie den wechselwilligen Mitarbeitern kostenfreie Rechtsberatung durch einen externen Anwalt zur Verfügung stelle, handele es sich um ein koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin. Hinzu trete, dass die Antragsgegnerin den wechselwilligen Mitarbeitern eine Prämienzahlung in Höhe von 2.000-3.000 € versprochen habe, wenn sie von dem Wechsel Abstand nehmen würden. Durch das Vorgehen der Antragsgegnerin sei es zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf der Antragstellerin gekommen.
Antrag auf einstweilige Verfügung wegen Abwerbeaktionen
Daraufhin hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahingehend beantragt, es der Antragsgegnerin zu untersagen, aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die ihr neues Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin gekündigt oder nicht angetreten haben, einstweilig für die Dauer von sechs Monaten, hilfsweise kürzer, einzustellen oder weiterzubeschäftigen. Weiter sollte es der Antragsgegnerin untersagt werden, ihre ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ihr Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin zu kündigen oder nicht anzutreten, eine Prämie für den Fall auszuloben, dass ihre aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter nicht zu der Antragstellerin wechseln sowie den Mitarbeitern unentgeltlich Rechtsrat durch einen Anwalt in Bezug auf die Möglichkeiten einer Beendigung ihres Anstellungsvertrages bei der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen.
Keine unlauteren Absichten der Antragsgegnerin nachweisbar
Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen, da weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vorliege. So liege keine unzulässige geschäftliche Handlung vor, weil die Antragsgegnerin mangels gezielter Behinderung der Antragstellerin nicht unlauter gemäß § 4 Nr. 4 UWG gehandelt habe. Sowohl das Abwerben als auch das Rückabwerben von Mitarbeitern eines Unternehmers, gleichgültig, ob er auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist oder nicht, sei grundsätzlich erlaubt. Zur Begründung der Unlauterkeit müssen daher besondere Umstände vorliegen. Diese seien gegeben, wenn der konkurrierende Unternehmer mit der Abwerbung einen verwerflichen Zweck verfolge oder bei der Abwerbung selbst verwerfliche Mittel oder Methoden anwende. Dies sei beispielsweise dann gegeben, wenn der Abwerbende primär die wirtschaftliche Entfaltung des Konkurrenten behindern wolle. Demgegenüber sei es stets zulässig, dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen Kündigung helfend zur Seite zu stehen. Genauso dürfe das Kündigungsschreiben vom neuen Arbeitgeber übermittelt oder für eine rechtmäßige Kündigung eine Prämie ausgelobt werden. Eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin sei vorliegend nicht ersichtlich. Indem die wechselwilligen Mitarbeiter zuvor bei der Antragsgegnerin tätig gewesen seien, haben sie ein erhebliches Eigeninteresse an der Weiterbeschäftigung dieser Mitarbeiter.
Kein Nachweis eines vertragsbrüchigen Verhaltens
Die Antragstellerin konnte nicht beweisen, dass die Antragsgegnerin die wechselwilligen Mitarbeiter zum Vertragsbruch verleite. Aus dem bloßen Umstand, dass die Kündigungen in Wortlaut, Aufbau und Form identisch seien, folge nicht, dass diese von der Antragsgegnerin herrühren. Auch die Prämienzahlung stelle keine unzulässige Handlung dar, denn diese komme allen Mitarbeitern und nicht nur den wechselwilligen Mitarbeitern zugute. Selbst wenn die Lösung des Vertrags durch die wechselwilligen Mitarbeiter einen Vertragsbruch darstellen würde, sei dies allein die Entscheidung des Beschäftigten. Bei Vertragsverletzung könne der Arbeitgeber gegen ihn direkt vorgehen. Unlauterkeit liege bei Druck, unangemessenem Einfluss oder Irreführung des Arbeitnehmers vor. Eine unlautere Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit der wechselwilligen Mitarbeiter durch eine Hilfe bei der Fertigung der Kündigung sei nicht gegeben. Letztendlich liege auch kein Verfügungsgrund vor. So sei die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 1 UWG widerlegt, denn die Antragstellerin habe durch ihr eigenes Verhalten, insbesondere das Zuwarten mit der Antragstellung, die erforderliche Dringlichkeit nicht glaubhaft machen können.
Landgericht Koblenz, Beschluss vom 17.09.2024, Az. 11 O 12/24
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Abwerbung von Mitarbeitern
1. Ist das Abwerben von Mitarbeitern grundsätzlich erlaubt?
Ja, das Abwerben von Mitarbeitern ist grundsätzlich zulässig, auch zwischen Wettbewerbern. Es wird erst dann unlauter, wenn verwerfliche Mittel oder Zwecke verfolgt werden.
2. Wann ist die Abwerbung von Mitarbeitern unzulässig?
Unzulässig wird eine Abwerbung, wenn sie gezielt darauf abzielt, den Konkurrenten zu schädigen, etwa durch Druck, Irreführung oder unangemessene Einflussnahme auf die Arbeitnehmer.
3. Darf ein Unternehmen Prämien zahlen, um Mitarbeiter vom Wechsel abzuhalten?
Ja, die Zahlung einer Prämie an Mitarbeiter, die auf einen geplanten Wechsel verzichten, ist erlaubt, solange dies ohne unlauteren Druck geschieht und freiwillig bleibt.
4. Muss ein Arbeitgeber die Rechtsberatung für Mitarbeiter im Kündigungsprozess ermöglichen?
Ein Arbeitgeber darf seinen Arbeitnehmern eine unentgeltliche Rechtsberatung ermöglichen, um sie bei der rechtmäßigen Kündigung zu unterstützen, ohne dass dies unlauter wäre.
5. Wann besteht ein Unterlassungsanspruch bei Mitarbeiterabwerbung?
Ein Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn eine gezielte unlautere Behinderung vorliegt, also wenn die Abwerbung mit verwerflichen Mitteln oder in verwerflicher Absicht erfolgt.
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