Zum Hauptinhalt springen

Irreführenden Werbung für Fitnesssandalen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in seiner Entscheidung vom 10.01.2013 unter dem Aktenzeichen 9 U 922/12 entschieden, dass auch eine reine "kann helfen"-Formulierung im Hinblick auf gesundheitlich vorteilhafte Eigenschaften eines Produkts ohne ausreichende wissenschaftliche Belege eine Irreführung des Verbrauchers ist.

Gegenstand der Entscheidung aus dem Rechtsgebiet des Wettbewerbsrechts sind die Werbeaussagen der Beklagten, die eine Fitnesssandale mit verschiedenen Aussagen zum gesundheitlichen Nutzen ihres Produkts beworben hat. Dabei wählte die Beklagte Formulierungen wie "kann helfen" und bezog sich auch auf eine medizinische Studie aus dem Jahre 1998 zum Thema Muskelaktivierung und Vorbeugung gegen Cellulitis. Speziell auf die Fitnesssandalen der Beklagten bezog sich die Studie nicht.

Das OLG folgt der Entscheidung des BGH, wonach Werbung immer dann besonders sorgfältig auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre wissenschaftlichen Nachweise zu prüfen ist, wenn diese Werbeaussagen die Gesundheit der Konsumenten einbezieht. Die Inaussichtstellung einer Verbesserung, Heilung oder der Vermeidung gesundheitlicher Nachteile darf ohne einen eindeutigen, vom Werbenden vorzulegenden Nachweis nicht erfolgen. Dies schützt den besonderen Vertrauenseffekt, den gesundheitliche Aspekte für den Verbraucher haben. Werbeaussagen, die sich damit befassen, erheben zugleich den Anspruch besonderer Seriosität und Vertrauenswürdigkeit. Deswegen sind sie besonders auf ihre Richtigkeit zu prüfen.

Mehrere Aussagen der Beklagten hielten dieser Prüfung durch die Vorinstanz und das OLG Koblenz nicht stand. So sah das OLG nach dem in der Vorinstanz eingeholten Gutachten keine wissenschaftliche Bestätigung für die Behauptung der Beklagten, dass ihre Fitnesssandalen fähig sind, der Entwicklung von Cellulitis überhaupt vorzubeugen. Die Formulierung "kann helfen" weckt aber nach Auffassung des OLG einen gewissen Vertrauenstatbestand darin, dass eine positive Bilanz bei der Vorbeugung alleine durch die Benutzung des Schuhwerks schon erreicht werden kann.

Die Behauptung, die Fitnesssandalen zeigen besondere Effekte bei der Steigerung der Muskelaktivität und dies sei in sportwissenschaftlichen Tests durch ein unabhängiges Testinstitut bewiesen, konnten im Verfahren ebenfalls nicht bestätigt werden. Dazu folgte das OLG den Ausführungen des Sachverständigen. Dieser legte ausführlich dar, dass viele der von der Beklagten benutzte Begriffe wie "gute Haltung" und Studien zum Teil sehr umstritten sind oder nicht eindeutig auf die Fitnesssandalen umsetzbar sind. Andere Behauptungen wie die konkrete prozentuale Steigerung verschiedener Muskeln ließen sich in den Untersuchungen für das gerichtliche Gutachten überhaupt nicht wiederholen. Eine Bestätigung der Werbeaussagen konnte also nicht erbracht werden.

Das OLG Koblenz hat daraufhin die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es sieht es als erwiesen an, dass die Beklagte die hohen Anforderungen an Werbeaussagen mit gesundheitlichem Bezug nicht erfüllt hat. Die anpreisende Funktion von Werbung muss sich in diesem Zusammenhang dem Verbraucherschutz beugen. Die Beklagte hat unbewiesene Behauptungen aufgestellt und dies, obwohl gerade in diesem Bereich der Vertrauensschutz der Verbraucher als besonders hoch anzusetzen ist. Hinzu kommt, dass auch Mitbewerber durch die irreführende Werbung benachteiligt werden, wenn sie selbst auf derartige Äußerungen wahrheitsgemäß verzichten. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin wurde bestätigt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

OLG Koblenz Urteil vom 10. Januar 2013 - Az. 9 U 922/12

Ansprechpartner

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Andere über uns

WEB CHECK SCHUTZ

Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.

WEB CHECK Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner

Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.

Cyber-Sicherheit

Webpräsenz der Allianz für Cyber-Sicherheit

Aktuelles

| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Was ist ein Agenturvertrag – und warum Sie sich damit frühzeitig beschäftigen sollten Ob klassische Werbeagentur, PR-Beratung, Digitalagentur oder freier Webdesigner – kreative D…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
In einer zunehmend globalisierten Wirtschaft, in der Produkte effizient und rechtssicher in neue Märkte gelangen sollen, ist der Vertragshändlervertrag ein bewährtes und vielfach…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Warum der Handelsvertretervertrag für Unternehmen und Vertreter so entscheidend ist Ob im Vertrieb, in der Versicherungsbranche oder bei der Vermarktung technischer Produkte – Ha…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Nintendo lässt das Angebot sowie den Vertrieb von R4-Karten für die Nintendo Switch abmahnen. Es drohen enorme Risiken und Kosten. Erfahren Sie hier, worum es geht, welche Risiken…