Irreführende Werbung mit nicht umfassender 10-Jahres-Garantie

OLG Hamm: Wettbewerbswidrige Irreführung bei Werbung mit 10-Jahres-Garantie
Das Oberlandesgericht Hamm hat klargestellt, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn blickfangmäßig mit „10 Jahre Garantie“ geworben wird, ohne klar und deutlich darüber zu informieren, dass die Garantie nicht für die Beschichtung der beworbenen Bratpfanne gilt.
Hintergrund: Bewerbung einer beschichteten Bratpfanne mit 10-jähriger Garantie
Die Beklagte hat auf ihrer Webseite eine beschichtete Bratpfanne wie folgt beworben:
„Entdecken Sie die beschichtete (…) Bratpfanne und genießen Sie eine unkomplizierte und flexible Art der Zubereitung Ihrer Lieblingsgerichte. Die Pfanne ist ideal für alle gängigen Herdarten geeignet, inklusive Induktion und Glaskeramik-Kochfelder und verfügt über eine kratz- und abriebfeste XXStrong-diamond-Antihaft-Versiegelung. (…) Profitieren Sie von der 10-jährigen Garantie und bestellen Sie noch heute Ihre (…) Bratpfanne für ein unvergleichliches Kocherlebnis!“
Die Worte „10-jährige Garantie“ sind nicht verlinkt worden. An einer anderen Stelle fand sich jedoch ein Link zu den Garantiebedingungen. Über diesen Link erfuhr der Käufer, dass die Beschichtung der Pfanne von der Garantiebestimmung ausgeschlossen war.
Blickfangmäßige Werbung durch Garantiesymbol
Durch ein Garantiesymbol im Rahmen der Verkaufsofferte war die Möglichkeit des Abschlusses der 10-jährigen Garantie – ebenso wie mittels weiterer durch neun Piktogramme/Symbole beschriebene Eigenschaften – im Rahmen der gesamten Verkaufsofferte im Vergleich zu den sonstigen Angaben von der Beklagten besonders herausgestellt worden. Das Gericht war der Auffassung, dass gerade hierdurch die Aufmerksamkeit des Publikums erweckt werden solle, weshalb von blickfangmäßiger Werbung auszugehen sei.
Irreführende Werbung trotz Garantielink
Indem die Blickfangwerbung dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen sowie verständigen Verbraucher jedenfalls die Möglichkeit des Abschlusses bzw. sogar das Bestehen einer umfassenden 10-jährigen Garantie suggeriert, ist diese irreführend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verkaufsangebot der Beklagten vom durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher erwartungsgemäß nicht mit besonderer Sorgfalt studiert wird, denn es handelt sich um ein gewöhnliches Kochwerkzeug, dessen Erwerb aufgrund des Preises von 99,99 € nicht mit einer besonderen Investition verbunden ist. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von Sachverhalten mit hochpreisigeren Gegenständen.
Irreführung bereits bei erster Auseinandersetzung mit dem Angebot
Eine im Sinne des § 5 UWG relevante Irreführung liegt bereits dann vor, wenn der Verkehr durch den missverständlichen Blickfang veranlasst wird, sich mit dem Angebot näher zu beschäftigen. Aus dem Symbol und aus der farblich und ihrer Größe nach besonders hervorgehobenen Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ sowie dem kleinen und farblich unscheinbarer gehaltenen Zusatz „jetzt aktivieren“ wird dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher nicht lediglich die Möglichkeit des Abschlusses einer uneingeschränkten – d. h. auch die Beschichtung umfassenden – Garantie suggeriert. Vielmehr wird hierdurch der Eindruck hervorgerufen, dass die umfassende Garantie bereits in dem beworbenen Verkaufspreis von 99,99 € inkludiert ist. Da die vorliegende Werbung nach Auffassung des Gerichts auch vom verständigen Verbraucher nur flüchtig wahrgenommen wird, ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher, lediglich die in dem Symbol besonders hervorgehobene Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ zur Kenntnis nehmen und infolgedessen davon ausgehen wird, dass eine umfassende Garantie zusammen mit der beworbenen Pfanne für den Preis von 99,99 € erworben wird.
Verbraucher wird nicht aktiv nach weiterführenden Garantieinformationen suchen
Hieran ändert der Umstand nichts, dass das Garantiesymbol durch einen Link mit einer weiteren Internetseite verknüpft ist, auf der über die näheren Bedingungen der beworbenen Garantie aufgeklärt wird. Denn es spricht nichts dafür, dass der Verbraucher die Angebotsseite auf hinterlegte Links durchsucht. Insofern wäre es letztlich dem Zufall überlassen, ob der Link – und damit auch die weitergehenden Informationen zu der Garantie – von ihm entdeckt werden.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 19.06.2024, Az. 4 U 28/24
FAQ
Wann liegt eine Irreführung bei Garantiewerbung vor?
Eine Irreführung liegt vor, wenn eine blickfangmäßige Garantie versprochen wird, ohne klarzustellen, dass bestimmte Produktteile – wie hier die Beschichtung der Pfanne – ausgeschlossen sind.
Muss der Kunde Garantiebedingungen selbst suchen?
Nein. Der Verbraucher muss klar und deutlich über Einschränkungen der Garantie informiert werden, ohne dass er erst Links durchsuchen muss.
Spielt der Kaufpreis des Produkts eine Rolle bei der Bewertung der Irreführung?
Ja, bei niedrigpreisigen Produkten (wie eine Pfanne für 99,99 €) wird eine flüchtigere Aufmerksamkeit des Verbrauchers angenommen.
Ist ein verlinkter Hinweis auf Garantiebedingungen ausreichend?
Nicht unbedingt. Entscheidend ist, ob der Verbraucher ohne eigene Suche klar erkennt, dass Einschränkungen bestehen.
Welche Folgen hat irreführende Garantie-Werbung?
Sie stellt einen Wettbewerbsverstoß dar und kann Abmahnungen und gerichtliche Verbote nach sich ziehen.
Ansprechpartner
Frank Weiß
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