Irreführende Fahrschul-Werbung

Gesetzliche Vorgaben für Fahrschulen bei Theorie- und Praxisunterricht
Fahrschulen haben sich, was das Angebot von Präsenz- und Onlineunterricht in Theorie und Praxis angeht, an gesetzliche Vorgaben zu halten. Wirbt eine Fahrschule damit, dass sie für ihre Fahrschüler einen isolierten Online-Theorieunterricht anbietet, wobei sich der Fahrschüler seine Fahrschule für den Praxisunterricht frei aussuchen könne, so ist dies irreführend. Theorie- und Praxisausbildung müssen eng verzahnt sein. Eine freie Kombinierbarkeit ist nicht nur sehr problematisch, sondern generell unzulässig. Dies hat das Kammergericht Berlin mit seinem Urteil vom 05.11.2024 klargestellt.
Hintergrund: Werbung mit günstigem Online-Theorieunterricht
Die Beklagte hat Online-Theorieunterricht für Fahrschüler angeboten. Zusätzlich vermittelte diese den praktischen Unterricht an Partnerfahrschulen. Sie warb unter anderem mit folgendem:
„Alle Theoriepflichtkurse Führerscheinklasse A und B - für je nur 4,90 Euro! Du bezahlst nur den Kurs, den du noch brauchst oder machen möchtest. Nur 4,90 € für je 90 Minuten.“ sowie „Online-Theorie-Unterricht deutschlandweit möglich.“
Den zum Führerscheinerwerb erforderlichen praktischen Unterricht könne der Kunde dann bis zu zwei Jahre nach Abschluss des theoretischen Teils bei jeder anderen Fahrschule seiner Wahl beginnen. Dafür gehe der Kunde zu der Fahrschule seiner Wahl und könne dort unproblematisch direkt den praktischen Unterricht beginnen. Bei der Werbung wurde der Eindruck vermittelt, dass der Onlineunterricht der Beklagten die Voraussetzungen für die gesetzlich vorgeschriebenen Theoriepflichtstunden erfüllt und dabei auf die praktische Ausbildung stets angerechnet werden kann.
Enge Verzahnung von Theorie- und Praxisausbildung gesetzlich erforderlich
Das Kammergericht Berlin hat hierin eine wettbewerbswidrige Irreführung gesehen. Nach den Anforderungen des Gesetzes müsse die theoretische und praktische Fahrausbildung inhaltlich, didaktisch und organisatorisch eng verzahnt sein. Im vorliegenden Fall suggeriere die Werbung der Beklagten jedoch fälschlicherweise, dass der angebotene Online-Unterricht vollständig anerkannt und problemlos mit jeder praktischen Fahrschulausbildung kombinierbar sei. Da unklar sei, ob hier tatsächlich eine ordnungsgemäße Theorie-Ausbildung gewährleistet werde, sei dies jedoch unzutreffend.
Gefahr der Nichtanerkennung bei getrennter Ausbildung
So bestehe die konkrete Gefahr, dass alleine schon die Aufteilung des theoretischen und des praktischen Unterrichts auf zwei Fahrschulen nicht anerkannt werde und die Praxis-Fahrschule deshalb verlange, auch den theoretischen Teil bei ihr zu absolvieren. Zusätzlich sei nicht auszuschließen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Ausbildung nicht anerkenne. Diese Gefahr bestehe erst recht im Hinblick auf eine zeitliche, bis zu 2 Jahren versetzte, Absolvierung der theoretischen und der praktischen Ausbildung.
Notwendigkeit einer Kooperation zwischen Theorie- und Praxisfahrschule
Letztendlich ist für eine Trennung von theoretischem und praktischem Unterricht auch erforderlich, dass die Verzahnung im Wege einer Zusammenarbeit, wenn nicht sogar eine Kooperation gem. § 20 FahrlG, zwischen den beiden Anbietern, der Beklagten und einer externen Fahrschule, vorgenommen wird. Voraussetzung hierfür ist vor allem, dass die Fahrschule des praktischen Teils zu einer solchen Zusammenarbeit bereit ist.
Mangelndes Interesse von Fahrschulen an Kooperation erschwert Umsetzung
Eine derartige Kooperation würde für die Fahrschule, welche ausschließlich den praktischen Teil unterrichten soll, einen deutlichen Mehraufwand darstellen. Denn diese muss sich mit der nicht selten weit entfernten Beklagten, welche lediglich den Theorieteil unterrichten soll, abstimmen („verzahnen“). Daher besteht die konkrete Gefahr, dass die den praktischen Teil unterrichtende Fahrschule nicht oder wenn überhaupt nur gegen eine Vergütung dieses Mehraufwandes bereit ist, ausschließlich den praktischen Unterricht vorzunehmen. Insofern ist es unzutreffend von der Beklagten zu behaupten, dass der Fahrschulinteressent nach Absolvierung des theoretischen Unterrichts seinen praktischen Unterricht unproblematisch bei einer Fahrschule seiner Wahl absolvieren kann. Auch wenn eine Fahrschule hierzu bereit wäre, bestünde die konkrete Gefahr, dass die Fahrerlaubnisbehörde den praktischen Teil nur anerkennt, wenn zwischen den beiden Fahrschulen eine Kooperation gem. § 20 FahrlG besteht und auch nachgewiesen werden kann.
Kammergericht Berlin, Urteil vom 05.11.2024, Az. 5 U 1/22
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Fahrschul-Werbung mit Online-Theorieunterricht
1. Darf eine Fahrschule Online-Theorieunterricht ohne praktischen Teil anbieten?
Nein, Theorie- und Praxisausbildung müssen laut Gesetz eng verzahnt sein. Eine Fahrschule darf nicht isoliert Theorieunterricht anbieten, ohne eine abgestimmte praktische Ausbildung sicherzustellen.
2. Warum ist eine freie Wahl der Fahrschule für den praktischen Unterricht problematisch?
Eine Trennung von Theorie und Praxis ohne Kooperation kann dazu führen, dass der praktische Teil nicht anerkannt wird. Fahrerlaubnisbehörden verlangen in der Regel eine enge Verzahnung beider Ausbildungsbereiche.
3. Welche Anforderungen stellt das Gesetz an die Kooperation zwischen Fahrschulen?
Es muss eine tatsächliche Kooperation gemäß § 20 FahrlG bestehen. Die Theorie- und Praxisschulen müssen sich abstimmen, damit eine gesetzeskonforme Ausbildung gewährleistet ist und die Fahrerlaubnisbehörde die Ausbildung anerkennt.
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