Irreführende Emotionswerbung
Werbung soll auffallen, berühren – und zum Kauf anregen. Dass dabei gerne mit Emotionen gespielt wird, ist gängige Praxis. Gerade Preisprognosen, Knappheitssignale oder geopolitische Warnungen eignen sich hervorragend, um beim Verbraucher ein Gefühl von Dringlichkeit auszulösen. Doch genau hier lauert eine juristische Falle: Wenn Emotionen mit unbelegten Zukunftsängsten vermischt werden, kann die Grenze zur Irreführung schnell überschritten sein. Das zeigt das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 30.06.2025 (Az.: 18 O 20/25) besonders deutlich. Ein Flüssiggas-Anbieter hatte mit drohenden OPEC-Förderkürzungen und geopolitischen Spannungen geworben – ohne, dass dafür eine belastbare Tatsachengrundlage bestand. Das Gericht schob der vermeintlichen „Panik-Werbung“ einen klaren Riegel vor. Was bedeutet das für Ihre Werbung? Wo dürfen Sie emotional werden – und wann droht eine Abmahnung? Dieser Beitrag liefert Antworten, klare Leitlinien und praktische Formulierungshilfen.
1. Der Fall in einem Satz
Ein Flüssiggas-Anbieter warb mit der Botschaft, man solle sich „jetzt“ bevorraten, weil die OPEC im Sommer die Ölförderung reduzieren werde und geopolitische Spannungen sicher zu Preisanstiegen führten. Das Landgericht Darmstadt wertete diese suggerierte Sicherheit als irreführend – es fehlte ein tatsächlicher, belastbarer Tatsachenkern.
Beispielhafte Kernaussage aus dem Werbeflyer:
„Jetzt bevorraten, bevor zum Sommer die Ölförderung durch die OPEC wieder reduziert wird und geopolitische Spannungen zu Preisanstiegen führen!“
2. Die rechtliche Grundlage: § 5 UWG
2.1 Was ist nach dem Gesetz verboten?
§ 5 Abs. 1 UWG verbietet irreführende geschäftliche Handlungen. Eine Werbung ist irreführend, wenn sie:
- unwahre Angaben enthält,
- den Verbraucher täuscht oder täuschen kann, und
- dadurch die Kaufentscheidung beeinflusst.
2.2 Darf mit Zukunftsereignissen geworben werden?
Grundsätzlich: ja. Unternehmen dürfen mit Erwartungen oder Prognosen werben. Aber:
- Es muss klar erkennbar sein, dass es sich um eine Einschätzung handelt.
- Es darf keine Sicherheit vorgetäuscht werden, wenn diese objektiv nicht gegeben ist.
- Bloße Spekulationen oder Behauptungen ohne Beleg sind verboten.
3. Die Entscheidung des LG Darmstadt im Detail
3.1 Kein sachlicher Kern für die OPEC-Prognose
Die Beklagte hatte keinerlei konkrete Hinweise, dass die OPEC im Sommer 2025 tatsächlich die Fördermenge kürzen würde. Die Aussagen beruhten auf vagen Annahmen – nicht auf Tatsachen. Selbst im Verfahren räumte das Unternehmen ein, keine sichere Prognose abgeben zu können.
3.2 Keine belastbaren Hinweise auf Preissteigerungen
Die Aussage, dass geopolitische Spannungen sicher zu Preissteigerungen führen würden, war ebenfalls unbelegt. Flüssiggas wird zwar am Energiemarkt gehandelt, aber es bestand keine direkte Kausalität zu den genannten Entwicklungen. Eine solche pauschale Behauptung sei spekulativ und damit unzulässig.
3.3 Die Werbung suggerierte fälschlich Sicherheit
Das Gericht stellte klar: Die Werbung erwecke den Eindruck, die Preissteigerung sei bereits sicher beschlossen und ein Bevorraten daher jetzt notwendig. Diese vermeintliche Sicherheit sei objektiv falsch und damit irreführend im Sinne von § 5 UWG.
3.4 Emotionale Ansprache nur mit Fakten zulässig
Die Kammer machte deutlich: Emotionalisierung ist zulässig – aber nur auf Basis objektiver Tatsachen. Wird mit diffusen Ängsten gespielt und eine Handlung gedrängt, obwohl keine Fakten vorliegen, ist die Grenze zur Irreführung überschritten.
4. Was bedeutet das für Ihre Werbung?
4.1 Was ist erlaubt?
- Hinweise wie: „Preisvorteil nur für kurze Zeit“, „Begrenzter Vorrat“, „Aktion gültig bis …“
- Prognosen, wenn sie als Einschätzung erkennbar sind: „Nach unserer Einschätzung wird …“, „Experten erwarten …“
4.2 Was ist verboten?
- Aussagen wie: „Bald wird es teurer – sicher!“ ohne belastbare Fakten
- Konstruktion einer Dringlichkeit auf spekulativer Grundlage
- Emotionale Appelle ohne sachlich zutreffenden Hintergrund
5. Praxistipps für rechtssichere Werbung
✅ Verwenden Sie Formulierungen wie:
- „Es könnte sein, dass …“
- „Nach unserer Erwartung …“
- „Mögliche Preisveränderungen …“
🚫 Vermeiden Sie Aussagen wie:
- „Jetzt kaufen, bevor sicher die Preise steigen!“
- „OPEC kürzt Öl – Gas wird teurer!“ (ohne Beleg)
- „Geopolitische Lage = Preisexplosion!“ (wenn rein spekulativ)
6. Fazit
Werbung darf emotional sein – aber nicht spekulativ manipulativ. Wenn Sie mit Angst, Knappheit oder Preisgefahr werben, müssen Sie diese Aussagen belegen können. Eine emotionale Ansprache, die auf unsicheren Zukunftsszenarien beruht, kann schnell gegen § 5 UWG verstoßen. Das Urteil des LG Darmstadt zeigt: Wer Verbraucher zum schnellen Handeln drängt, ohne dass objektive Tatsachen vorliegen, riskiert eine Abmahnung – oder sogar ein gerichtliches Verbot.
Unser Tipp: Bauen Sie Ihre Werbung auf echten, nachvollziehbaren Fakten auf – und setzen Sie Emotionen gezielt, aber transparent ein.
Wenn Sie Ihre Werbung überprüfen lassen möchten oder bereits eine Abmahnung erhalten haben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.
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Frank Weiß
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