Irreführende Angaben auf der Umverpackung

Die Umverpackung eines Produkts ist nicht nur Schutz und Transportmittel, sondern auch mächtiges Marketinginstrument. Mit einprägsamen Werbeaussagen, farbenfrohem Design und gezielten Versprechen greifen Hersteller gezielt Emotionen und Erwartungen der Verbraucher auf. Doch was passiert, wenn diese Erwartungen enttäuscht werden – weil die Versprechen auf der Verpackung schlicht nicht stimmen?
Genau darum ging es in einem Fall vor dem Landgericht Amberg (Urt. v. 31.03.2025 – Az.: 41 HK O 737/24). Im Zentrum: ein Discounter, ein Rasendünger – und das große Versprechen: „verdrängt Moos“. Doch das Produkt tat das gar nicht. Und das Gericht entschied deutlich: Irreführende Werbung – wettbewerbswidrig.
Was versteht man unter irreführender Werbung?
Laut § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend, wenn sie falsche oder zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale einer Ware oder Dienstleistung enthält.
Wesentliche Merkmale sind z. B.:
- Beschaffenheit,
- Wirkweise,
- Verwendungszweck,
- Herkunft,
- Preis,
- besondere Vorteile.
Entscheidend ist stets der sogenannte „Gesamteindruck“, den eine Aussage auf der Verpackung bei einem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher hinterlässt.
Der Fall LG Amberg – Verpackungsversprechen mit Folgen
Der Sachverhalt
Ein bekannter Discounter bewarb einen Rasendünger mit folgenden Aussagen:
- „Verdrängt Moos“
- „Moosverdrängender Rasendünger“
- „Entzieht Moos und Unkraut die Lebensgrundlagen“
Tatsächlich hatte das Produkt keine unmittelbare Wirkung gegen Moos oder Unkraut, wie z. B. durch eine chemische Bekämpfung. Es stärkte lediglich das Wachstum des Rasens – indirekt konnte sich dadurch eventuell Moos weniger ausbreiten.
Eine Mitbewerberin klagte auf Unterlassung – mit Erfolg.
Die rechtliche Bewertung des LG Amberg (Urt. v. 31.03.2025 – Az.: 41 HK O 737/24)
Das Gericht stellte klar:
„Der verständige Verbraucher erwartet (…) eine unmittelbar Moos und Unkraut vernichtende Wirkung des Produkts, auch wenn das Wort ‘vernichtet’ gerade nicht verwendet worden ist.“
Das Gericht betonte:
- Verbraucher nehmen insbesondere plakative Aussagen auf der Vorderseite der Verpackung wahr.
- Der fließtextliche Hinweis auf der Rückseite des Produkts, dass keine direkte Wirkung erzielt werde, sei nicht geeignet, den irreführenden Eindruck zu korrigieren.
- Die Aussage „verdrängt Moos“ suggeriere eine aktive Wirkung, nicht bloß einen indirekten Effekt durch verbessertes Rasenwachstum.
Fazit des Gerichts:
„Die Angaben sind objektiv zur Täuschung geeignet und damit wettbewerbswidrig.“
Die Beklagte wurde zur Unterlassung verurteilt.
Warum das Urteil so wichtig ist – für Verbraucher und Unternehmen
1. Verbraucherschutz vor Täuschung
Verbraucher müssen sich auf die Informationen auf einer Produktverpackung verlassen können. Wird ein direkter Effekt gegen Moos suggeriert, muss dieser auch vorhanden sein – oder klar und deutlich relativiert werden.
Das Urteil schützt Verbraucher vor unrealistischen Erwartungen und Fehlinvestitionen.
2. Klare Grenzen für werbende Unternehmen
Für Unternehmen bedeutet das Urteil eine klare Mahnung:
- Verpackungen dürfen nicht suggerieren, was das Produkt gar nicht leisten kann.
- Schon implizite Aussagen („verdrängt“, „entzieht die Lebensgrundlage“) können rechtswidrig sein, wenn sie ein überhöhtes Leistungsbild vermitteln.
- Kleingedruckte Hinweise reichen nicht aus, um irreführende Aussagen auf der Frontseite zu relativieren.
3. Wettbewerbsrechtliche Fairness
Irreführende Verpackungen verschaffen unzulässige Wettbewerbsvorteile. Mitbewerber, die ehrlich kommunizieren, geraten ins Hintertreffen. Das Urteil sorgt für fairere Marktbedingungen.
Was sagt das Gesetz konkret?
Das § 5 Abs. 1 UWG formuliert:
Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über:
- die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung,
- den Preis oder das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils
- oder die Art, Ausführung, Zusammensetzung, etc. enthält.
Wichtig ist der Maßstab des durchschnittlich informierten Verbrauchers – nicht des besonders kritischen oder besonders unkritischen Käufers.
Auch der Europäische Gerichtshof betont regelmäßig den Grundsatz des Verbraucherschutzes im Lichte der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.
Typische Beispiele für irreführende Verpackungsaussagen
- „Zuckerfrei“, obwohl Zuckerersatzstoffe enthalten sind, die ebenfalls Kalorien liefern.
- „Made in Germany“, obwohl nur die Verpackung in Deutschland gefertigt wurde.
- „Biologisch abbaubar“, obwohl das Produkt sich nur unter Laborbedingungen zersetzt.
- „100 % natürlich“, obwohl chemische Zusatzstoffe enthalten sind.
Auch optische Elemente wie Bilder, Farben oder Gestaltung können zur Irreführung beitragen (z. B. Darstellung von Früchten bei künstlich aromatisierten Produkten).
Was Unternehmen beachten müssen: 5 rechtssichere Tipps
- Vermeiden Sie Superlative, wenn sie nicht nachweisbar sind („beste Wirkung“, „verdrängt Unkraut“).
- Prüfen Sie jede Aussage auf der Verpackung unter dem Blickwinkel des Verbraucherverständnisses.
- Verlassen Sie sich nicht auf Fließtext-Korrekturen – Hauptaussagen müssen für sich genommen zutreffend sein.
- Führen Sie interne Prüfverfahren ein, z. B. Legal Checks durch Ihre Rechtsabteilung oder externe Kanzleien.
- Reagieren Sie auf Abmahnungen professionell und rechtlich fundiert. Oft lässt sich ein kostspieliger Rechtsstreit vermeiden.
Fazit: Verpackung darf nicht schöner scheinen als die Wahrheit
Das Urteil des LG Amberg zeigt exemplarisch, wie schnell aus cleverem Marketing ein rechtliches Risiko wird. Irreführende Verpackungsaussagen können nicht nur zur Abmahnung und Unterlassung, sondern auch zu hohen Schadensersatzforderungen führen. Unternehmen sollten daher jede Aussage – ob bildlich oder sprachlich – auf ihre rechtliche Zulässigkeit und Verbrauchererwartung prüfen.
Denn im Zentrum steht der informierte Verbraucher – und der hat ein Recht auf klare, wahre und verständliche Informationen.
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