Verbraucher-Story auf Instagram: Unternehmen haften für geteilte Inhalte

In der heutigen Kommunikationswelt sind Instagram, TikTok und Co. für Unternehmen zentrale Marketing-Kanäle. Wer mithalten will, muss schnell, kreativ – und sichtbar sein. Dabei greifen viele Unternehmen auf Inhalte Dritter zurück, teilen Storys, Reels und Posts, die zur eigenen Markenidentität passen oder die Zielgruppe ansprechen.
Doch genau hier droht rechtlicher Ärger – wie ein aktueller Beschluss des Landgerichts Düsseldorf deutlich macht. Denn: Wer fremde Aussagen teilt, kann sich rechtlich nicht einfach hinter dem ursprünglichen Urheber verstecken.
Sachverhalt: Motorsport, Instagram und eine Story mit Folgen
Ein Automobilunternehmen veröffentlichte auf seinem eigenen Instagram-Profil eine fremde Instagram-Story – also einen Inhalt, der nicht aus eigener Feder stammte. Diese Story enthielt einen direkten Produktvergleich zwischen dem eigenen Produkt und dem eines Wettbewerbers.
Problematisch war: Das Konkurrenzprodukt wurde gezielt und deutlich abgewertet. Es handelte sich nicht um eine objektive oder neutrale Darstellung, sondern vielmehr um eine plakative Herabwürdigung – nach dem Motto: „Unser Produkt ist besser, weil das andere schlecht ist.“
Die betroffene Firma – also der herabgewertete Mitbewerber – ließ sich das nicht gefallen und beantragte eine einstweilige Verfügung gegen das teilende Unternehmen. Argument: Die geteilte Story sei eine unzulässige vergleichende Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).
Man forderte:
- die sofortige Löschung der Story,
- eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, um Wiederholungen auszuschließen.
Die Antragsgegnerin – also das teilende Unternehmen – verweigerte jedoch die Unterlassungserklärung. Es kam zur gerichtlichen Auseinandersetzung.
Entscheidung des LG Düsseldorf (Beschluss v. 17.2.2025, Az. 38 O 40/25)
Das Landgericht Düsseldorf schloss sich der Argumentation der Antragstellerin in vollem Umfang an – mit weitreichender Wirkung für alle Unternehmen, die Social Media nutzen.
Kernaussage:
„Wer Inhalte von Dritten übernimmt und verbreitet, macht sich deren Aussagen zu eigen – und haftet dafür selbst.“ (sinngemäß)
Mit anderen Worten: Es spielt keine Rolle, dass die Aussage ursprünglich nicht vom Unternehmen selbst stammt. Allein durch das Teilen auf dem eigenen Profil wird der fremde Inhalt zu einer eigenen geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
Warum war die Werbung unzulässig?
- Es lag ein Vergleich zweier Produkte vor (Voraussetzung für § 6 UWG).
- Die Darstellung war nicht sachlich oder objektiv, sondern zielte auf eine Herabsetzung des Konkurrenzprodukts ab.
- Damit war die Werbung unlauter.
Das LG Düsseldorf untersagte dem Unternehmen, diese Form der Werbung weiter zu verbreiten. Zur Durchsetzung der Entscheidung setzte das Gericht ein empfindliches Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung fest.
Bemerkenswert: Selbst wenn die Ursprungsstory zulässig gewesen wäre (z. B. als private Meinungsäußerung), hätte sich das Unternehmen durch die Verbreitung einem strengeren Maßstab unterworfen – dem des Wettbewerbsrechts.
Juristische Bewertung: Die Gefahr des „Zueigenmachens“
Der zentrale juristische Begriff in dieser Entscheidung ist das „Zueigenmachen“ fremder Inhalte.
Das bedeutet:
- Nicht nur originäre Aussagen, sondern auch geteilte Inhalte können als eigene geschäftliche Handlung gewertet werden.
- Maßgeblich ist der objektive Eindruck beim Verbraucher: Wenn ein Unternehmen eine fremde Story teilt, entsteht für den Nutzer der Eindruck, dass es hinter der Aussage steht.
Dies gilt besonders bei:
- Story-Reshares
- Reposts von Feed-Beiträgen
- geteilten Bewertungen, Zitaten oder Testimonials
- und sämtlichen Beiträgen mit kommerziellem Bezug
Bedeutung für die Praxis: Was Unternehmen jetzt wissen (und ändern) müssen
Die Entscheidung ist ein Weckruf für alle, die im Social-Media-Marketing tätig sind – vom Start-up bis zum Konzern. Folgende Konsequenzen ergeben sich:
✅ 1. Inhalte Dritter sorgfältig prüfen
- Auch geteilte Posts können Werbung im Sinne des UWG sein.
- Inhalte müssen sachlich, objektiv und rechtlich unbedenklich sein – insbesondere bei Vergleichen mit Wettbewerbern.
✅ 2. Keine Herabsetzung von Mitbewerbern
- Jegliche abwertende oder suggestive Darstellung konkurrierender Produkte ist riskant.
- Besonders bei direktem Vergleich droht ein Verstoß gegen § 6 UWG.
✅ 3. Klare interne Social-Media-Richtlinien entwickeln
- Unternehmen sollten Verhaltensregeln für das Teilen von Inhalten entwickeln.
- Diese sollten Mitarbeiter sensibilisieren und den Umgang mit Reshares, Kommentaren und Nutzer-Interaktionen rechtssicher regeln.
✅ 4. Haftung nicht delegierbar
- Es hilft nicht, sich auf den „Fremdinhalt“ zu berufen.
- Wer auf dem eigenen Kanal teilt, trägt die Verantwortung.
✅ 5. Bei Abmahnung: Schnell reagieren – und anwaltlich prüfen lassen
- Das Ignorieren oder Verzögern einer Unterlassungserklärung kann teure einstweilige Verfügungen nach sich ziehen.
Fazit: Instagram ist kein rechtsfreier Raum
Das Teilen von Inhalten auf Instagram ist schnell gemacht – und birgt doch juristische Sprengkraft. Unternehmen dürfen nicht der Illusion erliegen, dass das bloße Weiterverbreiten fremder Inhalte ohne Risiko sei. Die Entscheidung des LG Düsseldorf macht klar:
Social Media ist Recht. Und wer teilt, der haftet.
Kanzleien, Agenturen und Unternehmen sind gut beraten, das Urteil als Anlass zu nehmen, ihre Social-Media-Strategie zu überprüfen. Denn was auf den ersten Blick wie cleveres Community-Marketing wirkt, kann im Zweifel eine kostspielige unlautere Handlung darstellen.
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Alexander Bräuer
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