Innenaufnahmen Kölner Dom nur mit Lizenz

Der Kölner Dom ist nicht nur ein UNESCO-Weltkulturerbe, sondern auch eines der meistfotografierten Bauwerke Deutschlands. Wer aber glaubt, Bilder vom Inneren der Kathedrale frei und unbehelligt vermarkten zu dürfen, irrt. Ein aktuelles Urteil des OLG Köln zeigt: Innenaufnahmen können lizenzpflichtig sein – und das kann teuer werden. In dem entschiedenen Fall wurde eine bekannte Bildagentur zur Zahlung von rund 35.000 € Schadensersatz verurteilt, weil sie Fotos vom Inneren des Doms ohne entsprechende Nutzungsrechte angeboten hatte.
Sachverhalt – Was ist passiert?
a) Die Bildagentur
Eine international tätige Bildagentur hatte über ihre Online-Plattform mehr als 220 Fotos vom Inneren des Kölner Doms zum Download angeboten. Die Bilder stammten von professionellen Fotografen, mit denen die Agentur entsprechende Lizenzverträge abgeschlossen hatte. Die Agentur ging davon aus, dass diese Fotografen die notwendigen Rechte zur Vermarktung besäßen – und leitete die Nutzungsrechte in ihrer üblichen Geschäftspraxis an die Endnutzer weiter.
b) Die Klägerin
Geklagt hatte die Dompropstei Köln, die Eigentümerin des Kölner Doms. Sie argumentierte, dass sie – als Eigentümerin der Kirche – das alleinige Hausrecht über die Nutzung des Innenraums habe. Für die Anfertigung und insbesondere die kommerzielle Nutzung von Innenaufnahmen bedürfe es ihrer ausdrücklichen Zustimmung. Diese sei in keinem einzigen Fall eingeholt worden.
c) Besonderheit: Gerhard Richters „Südquerhausfenster“
Einige der betroffenen Fotos zeigten nicht nur den Innenraum, sondern auch das von Gerhard Richter entworfene berühmte Südquerhausfenster, ein modernes Kunstwerk mit eigenständigem Urheberrechtsschutz. Auch Richter selbst schloss sich der Klage teilweise an und verlangte Schadensersatz wegen unlizenzierter Nutzung seines urheberrechtlich geschützten Werks.
Die Entscheidung des OLG Köln (Az. 6 U 61/24)
a) Bestätigung der Vorinstanz
Das OLG Köln bestätigte die Grundsatzentscheidung des LG Köln, korrigierte jedoch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes. Das LG hatte ursprünglich einen Gesamtbetrag von knapp 100.000 € angesetzt. Das OLG reduzierte die Summe auf ca. 35.000 €, erkannte aber eine klare Rechtsverletzung an.
b) Zentrale Rechtsfragen
Das Gericht setzte sich mit drei entscheidenden Fragen auseinander:
- Hat die Eigentümerin des Doms ein ausschließendes Nutzungsrecht an Innenaufnahmen?
→ Ja, denn es handelt sich um einen nicht-öffentlichen Raum, der nicht schrankenlos der Allgemeinheit zur Nutzung überlassen ist. Die kommerzielle Verwertung von Fotografien aus dem Inneren erfordert eine gesonderte Zustimmung. - Darf eine Bildagentur sich auf die Verträge mit Fotografen verlassen?
→ Nein. Das Gericht stellte klar, dass eine eigenständige Prüfpflicht besteht. Die Agentur hätte sich aktiv vergewissern müssen, ob die Fotografen selbst überhaupt berechtigt waren, Aufnahmen zu fertigen und zu vermarkten. Diese Pflicht wurde als grob fahrlässig verletzt. - Besteht ein Schadensersatzanspruch nach fiktiver Lizenzgebühr?
→ Ja. Das Gericht wandte die Grundsätze der „fiktiven Lizenz“ an: Es wird geschätzt, welche Lizenzgebühr vereinbart worden wäre, wenn die Rechte korrekt eingeholt worden wären. Für über 200 kommerziell verwertete Fotos ergab sich so ein hoher fünfstelliger Betrag.
c) Urheberrechtliche Ansprüche von Gerhard Richter
Das OLG bestätigte, dass dem Künstler Gerhard Richter eine eigene urheberrechtliche Position zukommt, soweit sein Werk – das Fenster – abgebildet wurde. Diese Nutzung ist ohne Zustimmung ebenfalls unzulässig (§ 59 UrhG greift nicht, da es sich nicht um eine „bleibende öffentliche Ausstellung“ handelt) und begründet einen zusätzlichen Schadensersatzanspruch.
d) Keine Revision zugelassen
Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen, was auf eine klare Rechtslage und gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung hinweist. Die Agentur kann allenfalls noch eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
Juristische Bewertung
a) Eigentumsrecht vs. Panoramafreiheit
Die sogenannte Panoramafreiheit nach § 59 UrhG gilt nur für Außenaufnahmen, die von öffentlichen Wegen aus gemacht werden. Innenräume, insbesondere Kirchen, Museen oder historische Stätten, unterliegen dem Hausrecht des Eigentümers. Dieser kann bestimmen, ob und wie fotografiert und verwertet wird.
b) Prüfpflicht von Agenturen
Das Urteil verschärft die Anforderungen an Bildagenturen: Wer urheberrechtlich relevante Inhalte vertreibt, muss sämtliche Rechteketten vollständig prüfen. Das Delegieren dieser Verantwortung auf Dritte – wie Fotografen – entbindet nicht von der Haftung.
c) Fiktive Lizenz als Standardmaß
Das Urteil bestätigt einmal mehr, dass Gerichte bei Rechtsverletzungen im Bildrecht regelmäßig auf die fiktive Lizenzanalogie zurückgreifen. Dabei ist nicht der tatsächlich entstandene Schaden entscheidend, sondern was die Parteien vereinbart hätten – ein erfahrungsgemäß hohes Risiko für Rechteverletzer.
Fazit: Klare Regeln für klare Bilder
Dieses Urteil ist ein starkes Signal an die gesamte Medien- und Kreativbranche. Innenaufnahmen von historisch, kulturell oder religiös bedeutenden Orten dürfen nicht ohne Zustimmung kommerziell verwertet werden. Auch professionelle Agenturen müssen ihre Due Diligence umfassend wahrnehmen – oder mit empfindlichen Konsequenzen rechnen.
Für Fotografen, Agenturen und Verlage gilt:
Erkundigen Sie sich vor der Veröffentlichung oder Vermarktung, ob zusätzliche Nutzungsrechte eingeholt werden müssen.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.