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“Individuelle” AGB gehen einbezogenen AGB vor

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Im vorliegenden Rechtsstreit hatte das Gericht, bevor in die Hauptverhandlung eingetreten werden konnte, darüber zu entscheiden, welches Gericht für den Rechtsstreit überhaupt örtlich zuständig sei.

Zur Klärung dieser Frage hatte das Gericht folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Klägerin und Beklagte sind jeweils Speditionsunternehmen, die einen Vertrag schlossen, in dem die Beklagte die Klägerin mit einem Frachttransport beauftragte. 

Durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurde bei diesem Vertragsschluss unter anderem auch vereinbart, dass der Gerichtsstand für beide Vertragsteile, also für Klägerin und Beklagte, Düsseldorf sei. Eine solche Vereinbarung zwischen zwei Kaufleuten ist grundsätzlich zulässig und bedeutet, dass beide Teile Klagen vor einem Gericht in Düsseldorf einzureichen haben. Beide Unternehmer sind sich auch darüber einig, dass diese Vereinbarung wirksam in dem Vertrag geschlossen wurde. 

Problematisch war dabei nur, dass in dem Vertrag auch darauf hingewiesen wurde, dass die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen Bestandteil des Vertrags sein sollen. Auch aus diesen Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen ergibt sich eine Regelung über den Gerichtsstand, die jedoch im Widerspruch zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten steht. 

Das Gericht hatte nun also darüber zu entscheiden, welche Regelung den Vorrang hat, wenn zwei sich widersprechende Regelungen in den Vertrag aufgenommen wurden. 

Bezüglich dieser Frage fasste das Gericht folgenden Beschluss:

Auch die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen, sodass in den Vertrag zwei konkurrierende Allgemeine Geschäftsbedingungen einbezogen wurden. Grundsätzlich ist es bei einem Vertragsschluss so, dass individuelle Vereinbarungen Vorrang vor den Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben. Diese Regelung kann im vorliegenden Streit auf die anfallenden Probleme übertragen werden. 

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind von dieser selbst formuliert. Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen sind dagegen von keiner der beiden Vertragsparteien selbst formuliert worden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind daher wie eine individuelle Vereinbarung zwischen den Parteien zu behandeln. Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen sollen zwar zwischen den Parteien Geltung haben, jedoch nur dann, wenn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nichts Gegensätzliches vereinbart wurde. Die Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten haben daher Vorrang vor den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen. 

Bezüglich der Regelung über den Gerichtsstand bedeutet das, dass zumindest für Passivprozesse der Beklagten, also für Klagen gegen das Speditionsunternehmen, der Gerichtsstand Düsseldorf sein soll. Laut dem Vertrag kann die Beklagte also nur vor einem Gericht in Düsseldorf verklagt werden. 

Das Amtsgericht Kehl, vor dem die Klägerin ihre Klage eingereicht hatte, ist somit für diese Klage nicht zuständig. 

Die Rechtsfolge daraus ist, dass das Amtsgericht Kehl die Klage an das zuständige Gericht in Düsseldorf verwiesen hat. 

AG Kehl, Beschluss vom 30.08.2013, Az. 5 C 19/13

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