Impressumspflicht verletzt – Link zur Startseite reicht nicht aus

Das Impressum ist für geschäftliche Online-Auftritte gesetzlich vorgeschrieben. Es soll Transparenz schaffen, Vertrauen fördern und rechtliche Verantwortlichkeiten offenlegen. Diese sogenannte „Anbieterkennzeichnung“ ist für Webseitenbetreiber – also auch für Rechtsanwälte – gemäß § 5 DDG zwingend vorgeschrieben. Dabei kommt es nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Art der Darstellung und den Zugang an: Ein Impressum muss „leicht erkennbar“ und „unmittelbar erreichbar“ sein.
Wie ernst diese Anforderungen zu nehmen sind, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 28.05.2025 (Az.: 2 U 16/25). Im Mittelpunkt: Eine Anwältin, die auf der Plattform anwalt.de zwar einen Link zu ihrer Kanzleiwebseite angab, aber dort kein direkt erreichbares Impressum bereitstellte. Das OLG sah darin einen Verstoß gegen die Impressumspflicht und damit einen Wettbewerbsverstoß. Im Folgenden analysieren wir den Sachverhalt und die tragenden Entscheidungsgründe im Detail.
Sachverhalt: Die versteckte Anbieterkennzeichnung
Eine niedergelassene Rechtsanwältin betrieb ein Profil auf dem juristischen Onlineportal anwalt.de. Auf ihrem dortigen Kanzleiprofil fehlte jedoch ein vollständiges Impressum. Stattdessen war unter dem Navigationspunkt „Kontakt“ ein schlichter Link mit der Bezeichnung „ra-j(…).de“ eingebunden. Dieser führte auf die Startseite der eigenen Kanzleiwebseite.
Ein Nutzer, der auf diesem Wege nach der gesetzlichen Anbieterkennzeichnung suchte, musste einen mehrstufigen Navigationsweg zurücklegen:
- Zunächst musste er erkennen, dass sich hinter dem unscheinbaren Link überhaupt ein Verweis auf die Kanzleiwebseite verbarg.
- Nach dem Anklicken dieses Links landete der Nutzer auf der Startseite der Anwältin.
- Auf dieser Seite war die Navigation im Stil einer sogenannten „Longpage“ gestaltet – das heißt: Alle Inhalte befanden sich auf einer einzigen, sehr langen Webseite, ohne klassische Unterseiten.
- Der Nutzer musste auf dieser Seite mehr als sechs Bildschirmseiten nach unten scrollen, bis er schließlich am Seitenende den Button „Impressum“ entdeckte.
- Erst nach einem weiteren Klick auf diesen Button wurde ihm das Impressum angezeigt.
Der gesamte Vorgang erforderte also drei bis vier Nutzeraktionen, abhängig vom individuellen Navigationsverhalten. Eine direkte Verlinkung zum Impressum gab es nicht. Auch auf anwalt.de war nicht ersichtlich, dass sich das Impressum auf der externen Kanzleiwebseite befinden sollte. Ein ausdrücklicher Hinweis fehlte.
Daraufhin wurde die Anwältin wettbewerbsrechtlich abgemahnt. Die Begründung: Die Anbieterkennzeichnung sei nicht ausreichend sichtbar und verstoße gegen die gesetzlichen Anforderungen. Nachdem das Landgericht der Klage zunächst stattgab, bestätigte das OLG Braunschweig diese Einschätzung in zweiter Instanz.
Entscheidungsgründe: Wann ist ein Impressum wirklich „unmittelbar erreichbar“?
Das OLG Braunschweig nutzte den Fall, um die bestehenden Anforderungen an Impressumsverlinkungen zu konkretisieren. Die Richter führten mehrere entscheidende Erwägungen an:
1. Zwei-Klick-Regel als rechtlicher Maßstab
Die Rechtsprechung, insbesondere des BGH und des EuGH, hat sich zur sogenannten Zwei-Klick-Regel entwickelt: Ein Impressum muss mit höchstens zwei Klicks erreichbar sein, wobei diese Navigation für den Durchschnittsnutzer intuitiv und ohne Suchaufwand möglich sein muss.
Im vorliegenden Fall waren jedoch mindestens drei Nutzeraktionen notwendig:
- Klick auf den versteckten Link „ra-j(…).de“,
- intensives Scrollen über sechs Bildschirmseiten,
- Klick auf den Impressumslink.
Zusätzlich bestand das Risiko, dass der Nutzer zunächst fälschlich die Rubrik „Kontakt“ auf der anwalt.de-Seite öffnet, dort aber kein Impressum findet, zur Startseite zurückkehrt und einen erneuten Navigationsversuch unternimmt – womit vier Klicks erforderlich würden.
Diese Vorgehensweise ist nach Auffassung des OLG nicht zumutbar. Der Aufwand sei zu hoch, um noch von einer „unmittelbaren Erreichbarkeit“ sprechen zu können.
2. Versteckter Link unter „Kontakt“ – keine klare Erkennbarkeit
Ein weiterer Kritikpunkt war die fehlende Transparenz auf der anwalt.de-Seite selbst. Dort war der Link zur Kanzleiwebseite nur unter dem Begriff „Kontakt“ versteckt – ohne Hinweis darauf, dass sich dort das Impressum befindet.
Auch die Bezeichnung „ra-j(…).de“ ließ für Nutzer nicht erkennen, dass sich dahinter eine rechtlich relevante Anbieterkennzeichnung verbirgt. Damit fehlt es an der vom Gesetz verlangten „leichten Erkennbarkeit“.
3. Gestaltung der Zielseite als Longpage – zusätzlicher Scrollaufwand
Selbst wenn der Nutzer auf die Kanzleiwebseite gelangte, war das Impressum dort nicht direkt sichtbar. Die Startseite war im Stil einer Longpage aufgebaut, wodurch sich alle Inhalte untereinander auf einer einzigen, langen HTML-Seite befanden.
Der Nutzer musste über sechs Bildschirmseiten nach unten scrollen, um überhaupt an den Impressumslink zu gelangen. Auch das widerspricht der Anforderung an eine „unmittelbare Erreichbarkeit“.
4. Verwirrung durch Domainwechsel – Impressum nicht klar zuordenbar
Ein besonders interessanter Aspekt des Urteils betrifft den Domainwechsel. Zwar erkennt das OLG an, dass ein Impressum nicht zwingend auf derselben Domain liegen muss. Es kann also grundsätzlich zulässig sein, auf eine externe Kanzleiwebseite zu verlinken.
Allerdings gilt dies nur, wenn für den Nutzer eindeutig erkennbar ist, dass das Impressum auch für die Inhalte auf der Plattform anwalt.de gelten soll. Ein solcher Hinweis fehlte im konkreten Fall. Der Nutzer konnte also nicht zuverlässig zuordnen, ob das Impressum auf der externen Seite auch seine Gültigkeit für den anwalt.de-Auftritt beanspruchte.
Die Richter führten hierzu aus:
Da die Startseite der Homepage der Beklagten im Webdesign einer sogenannten Longpage gehalten ist und der Nutzer hier über mehr als sechs Bildschirmseiten scrollen muss, um am Seitenende das ‚Impressum‘ zu finden, spricht viel dafür, dass der dem Nutzer von der Beklagten zugemutete Aufwand, um zu der Anbieterkennzeichnung zu gelangen, bei einer Gesamtbetrachtung zu groß ist, als dass noch von einer unmittelbaren Erreichbarkeit gesprochen werden könnte.
Und weiter:
Es muss ausgeschlossen sein, dass ein Nutzer über den ‚Domainwechsel‘ verwirrt wird und das Impressum gedanklich nicht der Ausgangsseite zuordnet.
Fazit: Klare Leitlinien für Impressumsverlinkungen
Das Urteil des OLG Braunschweig ist ein wegweisender Beitrag zur Fortentwicklung der Impressumsrechtsprechung. Es zeigt deutlich:
Ein bloßer Link auf die Kanzlei-Startseite genügt nicht.
Das Impressum muss direkt verlinkt sein – ohne Umwege, Scrollen oder Suchaufwand.
Ein Impressum auf einer externen Seite muss klar der Ausgangsplattform zugeordnet werden können.
Für Sie als Unternehmer, Freiberufler oder Rechtsanwalt bedeutet das: Wenn Sie auf Drittplattformen wie anwalt.de, Instagram oder Facebook präsent sind, müssen Sie sicherstellen, dass ein Nutzer in maximal zwei Klicks ohne Verwirrung zu Ihrem Impressum gelangt – idealerweise durch eine direkte Verlinkung auf die Impressumsseite Ihrer Webseite.
Empfehlung für die Praxis: So gestalten Sie Ihre Impressumsverlinkung rechtssicher
- Direktlink setzen: Verwenden Sie auf Drittplattformen einen direkten Link zur Impressumsunterseite, z. B. https://www.kanzlei-mustermann.de/impressum.
- Klare Bezeichnung: Der Link sollte eindeutig mit „Impressum“ benannt sein – nicht als „Homepage“ oder „Kontakt“.
- Transparente Zuordnung: Ergänzen Sie auf Ihrer Webseite den Hinweis: „Dieses Impressum gilt auch für meinen Auftritt auf anwalt.de / Instagram / Facebook.“
- Zwei-Klick-Regel beachten: Prüfen Sie regelmäßig, ob das Impressum mit maximal zwei Klicks erreichbar ist – auch auf mobilen Endgeräten.
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