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"Hasseröder Männer-Camp" keine unzulässige Produktplatzierung

BVerwG, Urteil vom 23.07.2014, Az. 6 C 31.13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Schaltung in ein „Hasseröder Männer-Camp“ während der Halbzeitpause einer Fußballspielübertragung keine unzulässige Produktplatzierung darstellt.

Während Fußballspielen ist es keine Seltenheit, dass in den Werbeunterbrechungen für besonderes Grillzubehör, exklusive Automobile oder Bier geworden wird. Es wird sich erhofft, dass möglichst viele männliche Zuschauer vor den Fernsehgeräten sitzen und folglich, dem Klischee entsprechend, die männlichen Interessen angesprochen. Vor allem Fußball und Bier bilden nahezu eine Symbiose, sodass Brauereien während Fußballübertragungen omnipräsent sind durch verschiedenste Produktplatzierungen. Neben den herkömmlichen Werbespots in den Unterbrechungen bestehen allerdings noch weitere Möglichkeiten, die umworbenen Produkte zu platzieren. Der Fernsehsender Sat.1 übertrug im Mai 2011 das Finale der UEFA Europa League zwischen dem FC Porto und SC Braga. Vor und nach dem Spiel schaltete der Sender in ein sog. „Hasseröder Männer-Camp“. In diesem Camp diskutierten vier Männer und ein Fußballexperte, namentlich Reiner Calmund, über das Spielgeschehen. Die Männer trugen alle Pullover, auf denen deutlich der Schriftzug „Hasseröder“ aufgedruckt gewesen ist, das Camp wurde nach dem Bier benannt, der Name des Bieres fiel mehrfach und auch die weitere Inneneinrichtung des Camps war gezeichnet vom Produkt „Hasseröder.“ Hierin sah die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz eine unzulässige Produktplatzierung und somit einen Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag.

Produktplatzierungen im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags
Der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (kurz Rundfunkstaatsvertrag) ist ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik und allen 16 Bundesländern, welcher sich zum Ziel gesetzt hat, eine bundeseinheitliche Regelung für das Rundfunkrecht zu schaffen.
In diesem Vertrag sind unter anderem Regelungen zu Produktplatzierungen zu finden. Diese Regelungen gehen auf die europäische Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zurück. Mit der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht kam die Bundesrepublik seiner europarechtlichen Verpflichtung nach. Produktplatzierungen stellen demnach grundsätzlich eine unzulässige Werbeform dar, die nur in Ausnahmefällen gestattet sind. Eine Produktplatzierung ist unter anderem erlaubt, wenn das Produkt nicht zu stark herausgestellt wird und der redaktionelle Geschehensablauf weiterhin dominant bleibt. Der Werbezweck darf nicht im Mittelpunkt stehen.

Der Verfahrensgang
Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz beanstandete die Produktplatzierung und sah darin eine Verletzung des § 7 Abs. 7 S. 2 Nr. 3 RStV.
Dagegen wehrte sich Sat.1, klagte vor dem Verwaltungsgericht Neustadt und bekam Recht mit der Folge, dass der Beanstandungsbescheid zunächst aufgehoben wurde. Im nächsten Schritt musste das Oberverwaltungsgericht Koblenz über den Sachverhalt urteilen. Das Gericht folgte der Argumentation der Landeszentrale und widersprach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts Neustadt. Im letzten Schritt ging die Streitigkeit vor das Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 nun wiederum dem Sender Recht gegeben und das Urteil vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt in seinem Urteil klar, dass nicht bereits ein Verstoß wegen unzulässiger Produktplatzierung vorliegt, wenn bei der Herausstellung eines Produkts der Werbezweck erkennbar ist. Entscheidend ist viel mehr, inwieweit der Werbezweck im Mittelpunkt der Übertragung stehe. Nur wenn das beworbene Produkt das Sendungsgeschehen dominiere und dieses nur noch zum Nebenprodukt wird, liege ein unzulässiger Verstoß vor. Zur Beurteilung, wann genau die Produktplatzierung zum dominanten Akteur wird, seien die Anzahl und Länge der Platzierungen heranzuziehen und anhand des Inhalts eine Abgrenzung zu erfolgen. Beim „Hasseröder-Camp“ sei trotz einiger Produktplatzierungen das Fußballspiel der Mittelpunkt des Sendungsgeschehens gewesen. Das Bier stünde nicht im Mittelpunkt, sondern füge sich lediglich konzeptionell ein. Folglich liege keine unzulässige Produktplatzierung vor und somit auch kein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag.

Ausblick in die Zukunft
Durch dieses Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht den Werbemachern neue Möglichkeiten zu rechtmäßigen Produktplatzierungen geschaffen. Es ist zu erwarten, dass kreative Köpfe bereits an den nächsten unterschwelligen Werbeeinlagen arbeiten, welche vermutlich schon bald zu sehen sein werden. Die Europa League 2014/2015 hat zumindest schon begonnen.

BVerwG, Urteil vom 23.07.2014, Az. 6 C 31.13

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