Handelsvertretervertrag prüfen und erstellen

Warum der Handelsvertretervertrag für Unternehmen und Vertreter so entscheidend ist
Ob im Vertrieb, in der Versicherungsbranche oder bei der Vermarktung technischer Produkte – Handelsvertreter sind in vielen Wirtschaftszweigen unverzichtbare Schnittstellen zwischen Unternehmen und Kunden. Die rechtliche Grundlage für diese Zusammenarbeit bildet der Handelsvertretervertrag, der Rechte und Pflichten beider Seiten regelt. Was einfach klingt, führt in der Praxis jedoch häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen, vor allem dann, wenn der Vertrag unklar formuliert oder wichtige Regelungen nicht berücksichtigt wurden.
In unserer Kanzleipraxis erleben wir immer wieder ähnliche Konfliktmuster:
- Unklare Provisionsvereinbarungen
- Streit über Wettbewerbsverbote oder Gebietsaufteilungen
- Diskussionen über den Ausgleichsanspruch nach Vertragsende
- Mangelhafte oder fehlerhafte Kündigungen
- Ungültige oder lückenhafte Vertragsklauseln
Diese Probleme lassen sich oft schon im Vorfeld vermeiden – durch eine rechtssichere, individuell angepasste Vertragsgestaltung.
Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen nicht nur einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und typischen Inhalte des Handelsvertretervertrags geben. Vielmehr zeigen wir, worauf es in der Vertragsgestaltung wirklich ankommt, welche Fallstricke Sie kennen sollten – und wie Sie diese gezielt vermeiden.
Unser Tipp: Vertrauen Sie bei der Erstellung oder Prüfung Ihres Handelsvertretervertrags nicht auf Muster oder Vorlagen aus dem Internet. Nur ein individuell abgestimmter Vertrag schützt Sie rechtssicher vor späteren Konflikten.
Kontaktieren Sie unsere Kanzlei für eine persönliche, fundierte Beratung rund um Handelsvertreterverträge. Wir unterstützen Sie bei der rechtssicheren Gestaltung, Vertragsverhandlungen und der Durchsetzung Ihrer Rechte – außergerichtlich und vor Gericht.
Was ist ein Handelsvertretervertrag?
Voraussetzungen für das Handelsvertreterverhältnis
Typische Inhalte eines Handelsvertretervertrags
Rechte und Pflichten des Handelsvertreters
Pflichten des Unternehmers (Prinzipals)
Wettbewerbsverbot: Was ist erlaubt, was nicht?
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB
Vertragsbeendigung – Kündigung, Fristen, Streitpotenzial
Handelsvertretervertrag in der Praxis: Tipps zur rechtssicheren Gestaltung
15-Punkte-Check für Unternehmen
10-Punkte-Check für Handelsvertreter
Häufige Streitfälle – und wie Sie diese vermeiden
Warum anwaltliche Beratung bei Handelsvertreterverträgen entscheidend ist
Was ist ein Handelsvertretervertrag?
Gesetzliche Grundlagen: § 84 ff. HGB
Der Handelsvertretervertrag ist die rechtliche Grundlage für das Verhältnis zwischen einem selbstständigen Handelsvertreter und dem Unternehmen, für das er tätig ist. Gesetzlich geregelt ist dieses besondere Vertragsverhältnis in den §§ 84 bis 92c Handelsgesetzbuch (HGB).
§ 84 Abs. 1 HGB definiert den Handelsvertreter wie folgt:
„Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.“
Die wichtigsten Merkmale sind also:
- Selbstständigkeit des Handelsvertreters,
- Tätigkeit im Namen und auf Rechnung eines anderen Unternehmens,
- Dauerhafte Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit.
Der Handelsvertretervertrag regelt auf vertraglicher Ebene alle Einzelheiten dieser Zusammenarbeit – von der Vergütung über Gebietsschutz bis hin zu Kündigungsmodalitäten und Wettbewerbsverboten.
Abgrenzung: Handelsvertreter, Arbeitnehmer oder Vertragshändler?
In der Praxis ist es häufig nicht ganz einfach, einen Handelsvertreter korrekt einzuordnen. Umso wichtiger ist die klare Abgrenzung zu anderen Vertriebsformen, insbesondere zum Arbeitnehmer und zum Vertragshändler.
Merkmal |
Handelsvertreter |
Arbeitnehmer |
Vertragshändler |
Selbstständigkeit |
Ja, rechtlich und wirtschaftlich eigenständig |
Nein, weisungsgebunden |
Ja |
Auftreten nach außen |
Im Namen und für Rechnung des Unternehmers |
Im Namen des Arbeitgebers |
Im eigenen Namen und auf eigene Rechnung |
Vertragspartner |
Vermittelt oder schließt Geschäfte für Dritte |
Kein eigenes Risiko |
Kauft und verkauft Produkte in eigenem Namen |
Rechtsgrundlage |
Arbeitsrecht |
Kein spezielles Gesetz, z. T. analoge Anwendung HGB |
Tipp aus der Praxis: Gerade bei langjährigen Außendienstmitarbeitern verschwimmen mitunter die Grenzen. Kommt es später zu Streitigkeiten – etwa über Provisionen oder Kündigungsfristen – kann es entscheidend sein, ob es sich tatsächlich um einen Handelsvertreter handelt oder ob faktisch doch ein Arbeitsverhältnis vorliegt.
Praxisbeispiel: Handelsvertreter im Außendienst – Selbstständig oder nicht?
Stellen Sie sich folgenden Fall vor:
Herr M. arbeitet seit mehreren Jahren für ein großes Möbelunternehmen als Außendienstmitarbeiter. Er vermittelt Verträge mit Geschäftskunden, tritt aber ausschließlich im Namen des Unternehmens auf, nutzt dessen E-Mail-Adresse, hat feste Arbeitszeiten und muss wöchentliche Berichte liefern. Der Vertrag bezeichnet ihn als Handelsvertreter – doch ist er das wirklich?
Die Antwort: Vermutlich nicht.
Obwohl vertraglich als Handelsvertreter bezeichnet, spricht vieles für eine Scheinselbstständigkeit. In diesem Fall könnten arbeitsrechtliche Vorschriften greifen – etwa Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Sozialversicherungspflicht. Solche Fehler in der Vertragsgestaltung können für Unternehmen teuer und rechtlich riskant werden.
Fazit
Ein Handelsvertretervertrag ist keine bloße Formalie, sondern ein juristisch hochrelevantes Konstrukt, das rechtssicher und individuell gestaltet werden muss. Nur so lässt sich eine klare Abgrenzung zu anderen Vertragsformen sicherstellen – und damit auch das Risiko rechtlicher Auseinandersetzungen minimieren.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie Ihren Handelsvertretervertrag von unserer Kanzlei prüfen oder individuell aufsetzen. So vermeiden Sie rechtliche Fallstricke, Scheinselbstständigkeit oder Streit über Provisionsansprüche. Wir unterstützen Sie mit fachlicher Kompetenz und langjähriger Erfahrung im Handelsvertreterrecht.
Voraussetzungen für das Handelsvertreterverhältnis
Ein Handelsvertretervertrag setzt voraus, dass bestimmte gesetzliche Merkmale erfüllt sind, die sich unmittelbar aus § 84 Abs. 1 HGB ergeben. Erst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, liegt im rechtlichen Sinne tatsächlich ein Handelsvertreterverhältnis vor – mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten.
Die wichtigsten Merkmale im Überblick:
1. Selbstständigkeit – was bedeutet das konkret?
Zentraler Punkt ist die rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit des Handelsvertreters.
Ein Handelsvertreter ist kein Arbeitnehmer. Er handelt auf eigenes Risiko, organisiert seine Tätigkeit eigenverantwortlich und trägt die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg seines unternehmerischen Einsatzes.
Typische Indizien für Selbstständigkeit:
- Eigene Arbeitsmittel (z. B. Laptop, Smartphone, Fahrzeug)
- Eigene Zeiteinteilung und keine festen Arbeitszeiten
- Keine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung (Vertretung möglich)
- Tragen eines unternehmerischen Risikos
- Mehrere Auftraggeber möglich (keine Exklusivität)
Beispiel: Eine selbstständige Handelsvertreterin für eine Kosmetikfirma organisiert ihre Kundentermine frei, trägt die Kosten für Fahrten selbst und erhält nur bei erfolgreichem Abschluss Provisionen. Sie nutzt ihre eigene Büroinfrastruktur und hat nebenbei einen weiteren Auftraggeber – sie ist eindeutig selbstständig.
Achtung: Fehlt diese Selbstständigkeit, droht die Einordnung als Scheinselbstständigkeit – mit gravierenden Folgen, z. B. Sozialversicherungspflicht, Lohnnachzahlungen und Strafzahlungen für den Unternehmer.
2. Tätigkeit im Namen und auf Rechnung eines anderen
Ein weiteres zentrales Merkmal: Der Handelsvertreter vermittelt Geschäfte oder schließt sie direkt ab – allerdings nicht in eigenem Namen oder auf eigene Rechnung, sondern für den Unternehmer, den er vertritt.
- Beim vermittelnden Handelsvertreter kommt der Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Kunden zustande.
- Beim abschließenden Handelsvertreter (Abschlussvertreter) darf der Vertreter selbst im Namen des Unternehmers rechtsverbindlich handeln – etwa Bestellungen annehmen oder Verträge schließen.
Beispiel: Herr B. vermittelt Versicherungsverträge für eine große Gesellschaft. Er darf im Namen des Unternehmens Verträge mit Endkunden abschließen – die Policen werden aber von der Versicherungsgesellschaft ausgestellt. Er handelt also nicht im eigenen Namen, sondern als Abschlussvertreter im Namen des Unternehmens.
3. Dauerhafte Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit
Ein Handelsvertreter ist nicht nur gelegentlich tätig. Die Zusammenarbeit ist auf Dauer angelegt. Das bedeutet nicht zwingend eine jahrelange Verbindung – auch eine Zusammenarbeit über mehrere Monate kann als dauerhaft gelten, wenn eine ständige Wiederholung der Tätigkeit erkennbar ist.
Abgrenzung zur bloßen Tippgeber- oder Einmalvermittlertätigkeit:
- Wer nur einmalig oder sporadisch einen Kontakt herstellt, ohne regelmäßig im Auftrag des Unternehmers tätig zu sein, ist kein Handelsvertreter.
- Wer dagegen regelmäßig Kundenkontakte herstellt, Bestellungen übermittelt oder beratend tätig ist, erfüllt das Merkmal der Dauerhaftigkeit.
Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29. April 2010 – VII ZR 46/09
In diesem vielzitierten Urteil betonte der Bundesgerichtshof, dass bei der Einordnung als Handelsvertreter nicht die vertragliche Bezeichnung, sondern die tatsächliche Ausgestaltung des Verhältnisses entscheidend ist:
Maßgeblich ist die tatsächliche Durchführung der vertraglichen Beziehung. Die Selbstständigkeit muss sich in der organisatorischen Gestaltung, dem unternehmerischen Risiko und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit widerspiegeln.
Der BGH stellte klar: Auch ein "Vertriebsmitarbeiter", der laut Vertrag als Handelsvertreter bezeichnet wird, kann tatsächlich ein Arbeitnehmer sein, wenn er weisungsgebunden handelt, feste Arbeitszeiten einhält und keine unternehmerischen Risiken trägt.
Konsequenz: Die falsche Einordnung kann gravierende rechtliche und finanzielle Folgen für Unternehmen haben – einschließlich Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Bußgeldern.
Fazit
Ein Handelsvertreterverhältnis liegt nur dann vor, wenn die Voraussetzungen des § 84 HGB erfüllt sind – insbesondere die Selbstständigkeit, die Tätigkeit im Namen eines Dritten sowie die Dauerhaftigkeit der Vermittlung oder Abschlüsse.
Unsere Handlungsempfehlung: Lassen Sie Ihre vertraglichen Beziehungen anwaltlich prüfen – insbesondere, wenn Unsicherheit über die Einordnung als Handelsvertreter oder Arbeitnehmer besteht. Unsere Kanzlei berät Sie rechtssicher und praxisnah – auch bei bereits bestehenden Verträgen oder drohenden Streitigkeiten mit Vertretern, Sozialversicherungsträgern oder Finanzämtern.
Typische Inhalte eines Handelsvertretervertrags
Ein gut formulierter Handelsvertretervertrag ist weit mehr als ein Formalakt – er bildet die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Handelsvertreter. Ein fehlerhafter oder lückenhafter Vertrag birgt dagegen ein hohes Risiko für spätere Streitigkeiten, finanzielle Verluste oder sogar unwirksame Regelungen.
Nachfolgend stellen wir Ihnen die wichtigsten Inhalte eines Handelsvertretervertrags vor – ergänzt durch Praxisbeispiele, Hinweise auf typische Fehler und rechtliche Anforderungen.
✅ 1. Vertragsparteien
Klingt banal, ist aber essenziell: Der Vertrag muss die Vertragsparteien eindeutig benennen, inklusive vollständiger Firmierung, Handelsregisterangaben (falls vorhanden) sowie korrekter Adressdaten. Bei natürlichen Personen empfiehlt sich zusätzlich die Angabe des Geburtsdatums.
Praxis-Tipp: Achten Sie darauf, ob der Handelsvertreter als Einzelunternehmer, GmbH oder UG auftritt. Davon hängt nicht nur die Haftung ab, sondern auch, wer überhaupt Vertragspartner ist.
✅ 2. Vertragsgegenstand und Gebietsschutz
Der Vertragsgegenstand beschreibt die konkreten Aufgaben und Tätigkeiten des Handelsvertreters. Dazu gehört:
- Welche Produkte oder Dienstleistungen er vermitteln oder verkaufen soll
- Ob er nur vermitteln oder auch Verträge abschließen darf
- In welchem räumlichen Gebiet er tätig sein darf oder soll (Gebietsschutz)
- Ob er ausschließlich oder nicht-exklusiv tätig wird
Beispiel: Ein Handelsvertreter soll bundesweit Softwarelösungen für Handwerksbetriebe vertreiben. Im Vertrag wird ihm ein „alleiniger Gebietsschutz für Nordrhein-Westfalen“ eingeräumt – andere Vertreter dürfen dort nicht tätig werden.
Tipp: Unklar formulierte Gebietsklauseln führen häufig zu Konflikten – etwa wenn mehrere Vertreter gleichzeitig Ansprüche auf Provisionen für denselben Kunden erheben.
✅ 3. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Hier wird geregelt:
- Welche Tätigkeiten der Handelsvertreter konkret ausführt
- Welche Berichts-, Informations- und Dokumentationspflichten er hat
- Ob und in welchem Umfang er zur Werbung, Akquise oder Kundenpflege verpflichtet ist
- Welche Pflichten der Unternehmer hat (z. B. Informationsbereitstellung, Schulung, Abrechnung)
Wichtig: Verpflichten Sie den Handelsvertreter zur regelmäßigen Berichterstattung, etwa über Kundentermine oder Marktbeobachtungen. Umgekehrt sollte der Unternehmer verpflichtet werden, dem Vertreter rechtzeitig alle Informationen zur Verfügung zu stellen (z. B. Preislisten, Produktänderungen, rechtliche Vorgaben).
✅ 4. Vergütungsregelungen (Provision)
Die Vergütung ist in der Regel provisionsbasiert – geregelt in §§ 87 ff. HGB.
Wichtige Punkte:
- Höhe der Provision und Berechnungsgrundlage
- Wann entsteht der Provisionsanspruch? (z. B. bei Vertragsabschluss oder erst nach Zahlung durch den Kunden)
- Wie erfolgt die Abrechnung? (monatlich, quartalsweise?)
- Welche Nachbearbeitungsvergütung wird gezahlt (z. B. für Vertragsverlängerungen)?
- Gibt es einen Provisionsvorschuss oder eine Mindestvergütung?
Beispiel: Die Provision beträgt 5 % auf den Nettoumsatz. Der Anspruch entsteht mit vollständiger Zahlung durch den Kunden. Die Abrechnung erfolgt zum Monatsende mit Auszahlungsfrist von 10 Tagen.
Hinweis: Ein Provisionsanspruch kann auch nach Beendigung des Vertrags entstehen, wenn das Geschäft vom Vertreter eingeleitet wurde (§ 87 Abs. 3 HGB).
✅ 5. Wettbewerbsverbote
Während der Vertragslaufzeit gilt kraft Gesetzes ein Wettbewerbsverbot (§ 86 Abs. 1 HGB) – der Handelsvertreter darf keine konkurrierenden Produkte oder Dienstleistungen vermitteln.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig (§ 90a HGB):
- Muss schriftlich vereinbart sein
- Gilt maximal für 2 Jahre nach Vertragsende
- Es muss eine angemessene Karenzentschädigung gezahlt werden
Praxis-Tipp: Viele nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind unwirksam, weil keine oder nur symbolische Entschädigungen vereinbart wurden. Die Folge: Die Klausel ist nichtig – der Handelsvertreter darf tätig werden, wie er möchte.
✅ 6. Laufzeit und Kündigung
Handelsvertreterverträge können befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. Häufig enthalten sie eine Mindestlaufzeit mit anschließender ordentlicher Kündigungsfrist gemäß § 89 HGB:
Vertragsdauer |
Kündigungsfrist laut Gesetz |
Im 1. Vertragsjahr |
1 Monat zum Monatsende |
Im 2. Vertragsjahr |
2 Monate |
Ab dem 3. Vertragsjahr |
3 Monate |
Längere Fristen können vereinbart werden – aber nur für beide Seiten gleichermaßen.
Auch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich (§ 89a HGB).
Beispiel: Ein Vertreter verletzt mehrfach bewusst das Wettbewerbsverbot. Der Unternehmer kann aus wichtigem Grund fristlos kündigen – ohne Ausgleichsanspruch (§ 89b Abs. 3 HGB).
✅ 7. Ausgleichsanspruch nach Vertragsende (§ 89b HGB)
Einer der wichtigsten Punkte überhaupt: Der Handelsvertreter hat nach Vertragsbeendigung regelmäßig Anspruch auf einen Ausgleich – sofern er dem Unternehmen neue Kunden zugeführt oder bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich ausgebaut hat, die dem Unternehmen auch nach Vertragsende weiterhin erhebliche Vorteile bringen.
Der Anspruch ist:
- Begrenzt auf eine Jahresdurchschnittsprovision
- Innerhalb von 12 Monaten geltend zu machen
- Ausschließbar – aber nur unter engen Voraussetzungen
Wichtig: Der Ausgleichsanspruch ist gesetzlich geregelt und nicht freiwillig. Eine vertragliche Klausel, die ihn pauschal ausschließt, ist in der Regel unwirksam.
Praxisbeispiel: Der Vertreter hat über Jahre ein starkes Kundennetzwerk aufgebaut, das dem Unternehmen auch nach Vertragsende Umsätze bringt. Obwohl keine gesonderte Regelung im Vertrag stand, steht ihm der Ausgleich nach § 89b HGB zu.
✅ 8. Gerichtsstand / Schiedsklausel
Im Vertrag sollte festgelegt werden, welches Gericht im Streitfall zuständig ist – insbesondere bei bundesweiter oder grenzüberschreitender Tätigkeit.
Optionen:
- Gerichtsstand am Sitz des Unternehmens
- Schiedsklausel: Entscheidung durch ein Schiedsgericht statt eines staatlichen Gerichts
Hinweis: Gerichtsstandsvereinbarungen sind bei Handelsvertretern in der Regel wirksam – im Gegensatz zum Arbeitsrecht. Dennoch sollte die Klausel klar formuliert sein und das Verfahren (z. B. Ort, Sprache, Schiedsordnung) regeln.
Fazit
Ein Handelsvertretervertrag sollte niemals pauschal oder auf Basis eines Musters erstellt werden. Jeder Vertrag ist so individuell wie das Geschäftsmodell selbst. Wer sich hier auf Standardformulare verlässt, riskiert teure Rechtsstreitigkeiten, unwirksame Klauseln oder ungewollte Verpflichtungen.
Unsere Empfehlung:
Lassen Sie Ihren Handelsvertretervertrag von unserer Kanzlei individuell gestalten oder rechtlich überprüfen. Wir sorgen dafür, dass Ihre Interessen optimal geschützt sind – ob als Unternehmer oder Handelsvertreter. Vereinbaren Sie gerne ein unverbindliches Erstgespräch.
Rechte und Pflichten des Handelsvertreters
Ein Handelsvertreter steht nicht nur im Dienst des Erfolgs seines vertretenen Unternehmens – er trägt auch eine Reihe gesetzlich geregelter Pflichten, die seine Tätigkeit strukturieren und absichern. Im Gegenzug hat er gesetzliche Ansprüche, insbesondere auf Provision und Aufwendungsersatz. Viele rechtliche Streitigkeiten in der Praxis drehen sich genau um dieses Spannungsfeld zwischen Pflichten und Rechten.
✅ Pflichten des Handelsvertreters
Die zentralen Pflichten des Handelsvertreters ergeben sich insbesondere aus § 86 HGB. Die Vorschrift ist zwingend – ein Verstoß kann erhebliche Folgen haben, von Vertragsstrafen bis hin zur fristlosen Kündigung.
🔹 Interessenwahrungspflicht (§ 86 Abs. 1 HGB)
Der Handelsvertreter ist verpflichtet, die Interessen des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. Dazu gehören u. a.:
- Seriöses Auftreten gegenüber Kunden
- Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
- Ordnungsgemäße Ausführung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit
Beispiel: Ein Vertreter darf keine irreführenden Aussagen gegenüber Kunden tätigen oder Wettbewerber schlechtmachen – das kann dem vertretenen Unternehmen schaden und gegen die Interessenwahrungspflicht verstoßen.
🔹 Berichtspflicht
Der Handelsvertreter muss den Unternehmer über seine Tätigkeit regelmäßig informieren, z. B. durch:
- Verkaufsstatistiken
- Kundengespräche
- Markt- und Wettbewerbsbeobachtungen
Diese Pflicht kann vertraglich konkretisiert werden, z. B. durch wöchentliche oder monatliche Reports.
🔹 Wettbewerbsverbot während der Vertragslaufzeit (§ 86 Abs. 1 HGB)
Während des bestehenden Vertragsverhältnisses darf der Handelsvertreter keine konkurrierenden Produkte oder Dienstleistungen vertreiben oder vermitteln – weder direkt noch indirekt.
Wichtig: Ein Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot kann zur fristlosen Kündigung durch den Unternehmer berechtigen – und unter Umständen zum Verlust des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB).
✅ Rechte des Handelsvertreters
🔹 Provisionsanspruch (§§ 87, 87a HGB)
Der wichtigste Anspruch des Handelsvertreters ist die Provision. Nach § 87 Abs. 1 HGB entsteht der Provisionsanspruch:
- Wenn ein vom Handelsvertreter vermittelter oder abgeschlossener Vertrag zustande kommt
- Oder ein Vertrag mit einem Kunden geschlossen wird, den der Handelsvertreter bereits zuvor für Geschäfte geworben hat
Der Anspruch entsteht, sobald der Unternehmer das Geschäft mit dem Kunden ausgeführt hat (§ 87a HGB).
Beispiel: Die Handelsvertreterin vermittelt einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug. Sobald der Leasingnehmer den Vertrag unterschreibt und das Fahrzeug geliefert wurde, entsteht der Provisionsanspruch.
🔹 Fortgeltung des Provisionsanspruchs nach Vertragsende (§ 87 Abs. 3 HGB)
Ein besonders praxisrelevanter Punkt: Auch nach Vertragsbeendigung kann der Handelsvertreter Anspruch auf Provision haben, wenn:
- das Geschäft überwiegend auf seine Tätigkeit vor Vertragsende zurückzuführen ist,
- und innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsende zustande kommt.
Praxisbeispiel:
Herr K. verhandelt über Monate mit einem Großkunden, doch der Vertrag wird erst vier Wochen nach Vertragsbeendigung abgeschlossen.
Laut § 87 Abs. 3 HGB steht ihm dennoch eine Provision zu, da das Geschäft „überwiegend durch seine Tätigkeit zustande gekommen“ ist.
Tipp: Dieser Punkt ist häufiges Streitthema – daher sollte im Vertrag geregelt sein, wie lange nach Vertragsende noch Provisionsansprüche geltend gemacht werden können.
🔹 Ersatz von Aufwendungen (§ 86a Abs. 1 HGB)
Wenn der Handelsvertreter in Ausführung seiner Tätigkeit notwendige Aufwendungen tätigt – etwa Reisekosten, Hotelübernachtungen oder Messebesuche – hat er Anspruch auf Ersatz dieser Kosten, sofern sie:
- erforderlich waren, und
- vom Unternehmer nicht selbst übernommen wurden.
Wichtig: Der Unternehmer kann vertraglich vereinbaren, dass bestimmte Aufwendungen nicht ersetzt werden – dies sollte klar und transparent geregelt sein.
Fazit
Die Tätigkeit des Handelsvertreters ist gesetzlich klar geregelt: Pflichten wie Interessenwahrung, Berichtspflichten und Wettbewerbsverbote sichern das Vertrauen des Unternehmers, während Rechte wie Provisionsanspruch und Aufwendungsersatz sicherstellen, dass die Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoll ist.
Unser Tipp für Unternehmer: Sorgen Sie durch eine klare, schriftliche Regelung aller Rechte und Pflichten für Transparenz und vermeiden Sie spätere Konflikte.
Unser Tipp für Handelsvertreter: Prüfen Sie, ob Ihre vertraglichen Regelungen Ihren gesetzlichen Rechten – insbesondere auf Provision – gerecht werden.
Pflichten des Unternehmers (Prinzipals)
Nicht nur Handelsvertreter haben gesetzlich geregelte Pflichten – auch das vertretene Unternehmen, also der sogenannte Prinzipal, ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden. Die wichtigsten Pflichten sind in §§ 86a und 87c HGB geregelt und betreffen insbesondere die Bereitstellung von Informationen sowie die ordnungsgemäße Abrechnung von Provisionen.
Wer als Unternehmer hier ungenau arbeitet oder sich über seine Verpflichtungen hinwegsetzt, riskiert nicht nur Streit mit dem Vertreter, sondern unter Umständen auch gerichtliche Auseinandersetzungen und Rückforderungen.
✅ Bereitstellung der notwendigen Unterlagen (§ 86a Abs. 1 HGB)
Gemäß § 86a HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter alle Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die für dessen Tätigkeit erforderlich sind. Dazu gehören:
- Preislisten und Produktbeschreibungen
- Allgemeine Geschäftsbedingungen
- Vertriebsunterlagen (z. B. Kataloge, Werbematerial)
- Vertragsformulare und Vorlagen
- Informationen zu Änderungen von Produkten oder Dienstleistungen
Beispiel: Wenn ein Unternehmer seine Preislisten ändert, ohne den Handelsvertreter rechtzeitig zu informieren, kann dieser unzutreffende Angebote abgeben – was nicht nur das Kundenverhältnis, sondern auch das Vertrauensverhältnis gefährdet.
✅ Informationspflichten
Zusätzlich zu konkreten Unterlagen muss der Unternehmer dem Handelsvertreter alle Informationen zur Verfügung stellen, die für eine sachgerechte Ausführung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit notwendig sind.
Dazu gehören:
- Statusinformationen über Kunden (z. B. Kreditwürdigkeit, Vertragsstatus)
- Änderungen der Unternehmensstruktur oder Geschäftspolitik
- Absagen oder Änderungen von Kundenverträgen, die der Handelsvertreter vermittelt hat
Tipp: Diese Informationspflicht ist nicht nur eine Höflichkeitsregel, sondern eine gesetzliche Pflicht – wer dagegen verstößt, kann schadensersatzpflichtig werden.
✅ Provisionsabrechnung (§ 87c HGB)
Eine der wichtigsten Pflichten des Unternehmers betrifft die ordnungsgemäße und pünktliche Abrechnung der Provisionen. Nach § 87c Abs. 1 HGB muss der Unternehmer:
- Eine monatliche Abrechnung erstellen, spätestens zum Ende des folgenden Monats
- Die Abrechnung muss alle provisionsrelevanten Geschäfte enthalten
- Gleichzeitig muss die Auszahlung der Provision erfolgen, sofern diese verdient ist
Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter auf Verlangen Einblick in die Geschäftsunterlagen zu gewähren (§ 87c Abs. 2 HGB), um die Richtigkeit der Abrechnung nachvollziehen zu können.
Praxisbeispiel: Wenn ein Unternehmen Provisionen zu spät oder unvollständig abrechnet
Frau S. arbeitet als Handelsvertreterin für ein Unternehmen im Pharmabereich. In den letzten Monaten erhält sie ihre Provisionsabrechnungen mit deutlicher Verzögerung – teilweise fehlen ganze Verträge in der Abrechnung. Trotz mehrfacher Nachfrage wird sie vertröstet. Schließlich reicht sie Klage auf Nachzahlung ein.
Ergebnis: Das Landgericht verurteilt den Unternehmer zur vollständigen Provisionsnachzahlung, zuzüglich Zinsen wegen Zahlungsverzugs. Das Gericht stellt außerdem klar, dass dem Handelsvertreter ein Anspruch auf vollständige Einsichtnahme in die Provisionsunterlagen zusteht.
Fazit
Der Unternehmer steht dem Handelsvertreter nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesetzlich in der Pflicht. Wer seiner Verantwortung zur Information, Unterlagenbereitstellung und ordnungsgemäßen Provisionsabrechnung nicht nachkommt, riskiert nicht nur einen Bruch der Geschäftsbeziehung, sondern auch rechtliche Konsequenzen bis hin zur Schadensersatzpflicht.
Unser Tipp: Lassen Sie Ihre internen Prozesse für Handelsvertreter-Verträge rechtlich prüfen. Nur wer seine Verpflichtungen kennt und erfüllt, kann unnötige Konflikte und finanzielle Nachteile vermeiden.
Wettbewerbsverbot: Was ist erlaubt, was nicht?
Das Wettbewerbsverbot zählt zu den sensibelsten Bereichen des Handelsvertreterrechts. Es berührt zentrale Interessen des Unternehmers – nämlich Schutz vor Abwanderung von Kunden und Know-how – und gleichzeitig die wirtschaftliche Freiheit des Handelsvertreters. Deshalb unterscheidet das Gesetz zwischen einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot während des Vertragsverhältnisses und einem vertraglich geregelten Wettbewerbsverbot nach Vertragsende. Beide sind rechtlich klar voneinander zu trennen – mit jeweils eigenen Voraussetzungen und rechtlichen Folgen.
✅ Gesetzliches Wettbewerbsverbot während des Vertrags
Gemäß § 86 Abs. 1 HGB ist der Handelsvertreter während des laufenden Vertragsverhältnisses verpflichtet, die Interessen des Unternehmers zu wahren. Daraus ergibt sich automatisch ein gesetzliches Wettbewerbsverbot: Der Handelsvertreter darf nicht gleichzeitig für ein konkurrierendes Unternehmen tätig sein oder konkurrierende Produkte und Dienstleistungen vertreiben.
Was ist untersagt?
- Vermittlung oder Abschluss von Geschäften für Wettbewerber
- Selbstständiger Vertrieb gleichartiger Produkte im eigenen Namen
- Weitergabe von vertraulichen Informationen an Konkurrenzunternehmen
Was ist erlaubt?
- Vertretung nicht konkurrierender Unternehmen
- Vertrieb von Produkten in anderen Marktsegmenten oder Regionen, wenn keine Konkurrenzsituation besteht
- Paralleltätigkeit nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Unternehmers
Beispiel: Ein Handelsvertreter für ein Softwareunternehmen darf nicht gleichzeitig vergleichbare Lösungen für einen direkten Wettbewerber vertreiben – dies wäre ein klarer Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot.
Folge bei Verstoß: Der Unternehmer kann das Vertragsverhältnis fristlos kündigen (§ 89a HGB) und ggf. den Ausgleichsanspruch gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB verweigern.
✅ Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Nur bei schriftlicher Vereinbarung und Entschädigung
Nach Ende des Vertrags besteht kein gesetzliches Wettbewerbsverbot mehr. Der Handelsvertreter darf grundsätzlich frei tätig werden – auch für Wettbewerber. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, geregelt in § 90a HGB:
Voraussetzungen für ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot:
- Schriftliche Vereinbarung
- Beschränkung auf maximal zwei Jahre nach Vertragsende
- Karenzentschädigung, d. h. eine finanzielle Ausgleichszahlung, die angemessen ist
Die Vereinbarung muss klar und verständlich formuliert sein, insbesondere in Bezug auf:
- Den sachlichen Geltungsbereich (welche Produkte/Dienstleistungen?)
- Den räumlichen Geltungsbereich (welche Gebiete?)
- Die Höhe der Entschädigung
Beispiel: Eine Klausel, wonach der Handelsvertreter „für zwei Jahre nach Vertragsende keine Tätigkeit im Bereich der IT-Beratung aufnehmen darf“ ist nur dann wirksam, wenn gleichzeitig eine angemessene Entschädigung vereinbart wird – z. B. 50 % der letzten durchschnittlichen Jahresprovisionen.
Was passiert bei einer unwirksamen Klausel?
Eine nicht klar formulierte, nicht schriftliche oder nicht entschädigte Wettbewerbsklausel ist nichtig. Der Handelsvertreter darf in diesem Fall trotz Verbots frei tätig werden, und der Unternehmer hat keinen Anspruch auf Unterlassung oder Vertragsstrafe.
Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 20.09.2012 – VII ZR 25/12
Der Bundesgerichtshof stellte in dieser Entscheidung klar, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann wirksam ist, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Karenzentschädigung auch tatsächlich gezahlt wird.
Leitsatz: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das nicht mit einer angemessenen Entschädigung verknüpft ist, ist unwirksam – selbst wenn es schriftlich vereinbart wurde.
Die Rechtsprechung macht unmissverständlich deutlich, dass der wirtschaftliche Schutz des Handelsvertreters nach Vertragsende Vorrang hat. Ohne Entschädigung ist kein Wettbewerbsverbot durchsetzbar.
Fazit
Während des Vertragsverhältnisses ist ein Wettbewerbsverbot gesetzlich verpflichtend, um die Interessen des Unternehmers zu schützen. Nach Vertragsende hingegen ist ein Wettbewerbsverbot nur dann wirksam, wenn es schriftlich, zeitlich begrenzt und mit einer Entschädigung versehen ist. Viele Verträge enthalten fehlerhafte oder unwirksame Klauseln, was im Streitfall zu erheblichen Nachteilen führen kann.
Unser Kanzlei-Tipp: Lassen Sie Ihr Wettbewerbsverbot anwaltlich prüfen – ob als Unternehmer, der Schutz sucht, oder als Handelsvertreter, der sich nicht unrechtmäßig einschränken lassen will.
Unsere Kanzlei berät Sie kompetent zu allen Fragen rund um Wettbewerbsverbote, Karenzentschädigungen und Vertragsfreiheit im Handelsvertreterrecht.
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB
Warum dieser Anspruch so wichtig ist
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist einer der zentralen Schutzmechanismen zugunsten von Handelsvertretern. Er sorgt dafür, dass ein Vertreter, der über Jahre hinweg Kunden für ein Unternehmen gewonnen oder bestehende Geschäftsbeziehungen wesentlich erweitert hat, nach Vertragsende nicht leer ausgeht – obwohl das Unternehmen weiterhin von diesen Kunden profitiert.
In der Praxis ist dieser Anspruch häufig Gegenstand von Auseinandersetzungen – weil er falsch berechnet, gar nicht gezahlt oder vertraglich unzulässig ausgeschlossen wurde. Dabei ist seine rechtssichere Geltendmachung oft entscheidend für die wirtschaftliche Existenz von Handelsvertretern.
✅ Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 1 Satz 1 HGB)
Damit der Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung einen Anspruch auf Ausgleich geltend machen kann, müssen drei gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Zuführung von Neukunden oder erhebliche Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen
Der Handelsvertreter muss dem Unternehmer neue Kunden zugeführt haben – also Kunden, mit denen das Unternehmen ohne den Vertreter keine Geschäftsbeziehungen aufgebaut hätte. Alternativ genügt es, wenn er bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich ausgebaut hat, z. B. durch größere Auftragsvolumina, breitere Produktabnahme oder langfristige Vertragsverlängerungen.
2. Nachvertraglicher Vorteil für das Unternehmen
Der Unternehmer muss auch nach Vertragsbeendigung in der Lage sein, mit den vermittelten Kunden weiterhin Geschäfte zu machen – z. B. durch Nachbestellungen, Wartungsverträge oder wiederkehrende Aufträge. Dieser Vorteil muss wirtschaftlich messbar und nicht nur spekulativ sein.
Beispiel: Ein Handelsvertreter vermittelt einem Maschinenbauunternehmen einen Großkunden. Dieser bestellt auch nach Vertragsende regelmäßig Ersatzteile. ➝ Ein klarer wirtschaftlicher Vorteil für das Unternehmen.
3. Billigkeit des Ausgleichs
Der Anspruch muss der Billigkeit entsprechen, also angemessen und fair sein. Hier spielt eine Rolle:
- Dauer und Intensität der Tätigkeit
- Umfang des übertragenen Kundenstamms
- Verhältnis zwischen Aufwand und Unternehmenserfolg
- Loyalität und Vertragstreue des Handelsvertreters
Der Billigkeitsmaßstab dient als Korrektiv: Bei groben Pflichtverletzungen oder sehr kurzer Vertragsdauer kann der Anspruch entfallen oder reduziert werden.
Berechnungsgrundlagen und typische Fallstricke
Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist nicht gesetzlich abschließend geregelt, sondern ergibt sich aus jahrzehntelanger Rechtsprechung. Die drei zentralen Berechnungsschritte:
1. Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils für das Unternehmen
- Umsatz des Kunden nach Vertragsende (Schätzung!)
- Erwartbare Dauer der weiteren Geschäftsbeziehung
- Gewinnmarge bzw. Rohertrag des Unternehmers
2. Ermittlung des Provisionsverlusts des Handelsvertreters
- Durchschnittliche Provision des Vertreters in den letzten fünf Jahren (bei kürzerer Dauer: gesamte Vertragslaufzeit)
- Anzunehmender Provisionsausfall durch die weitere Nutzung des Kundenstamms
3. Begrenzung des Ausgleichs (§ 89b Abs. 2 HGB)
- Der Ausgleich darf den Betrag einer Jahresdurchschnittsprovision nicht übersteigen
- Bezugsgröße: Die letzten fünf Jahre der Tätigkeit
Typische Fallstricke aus der Praxis
- Unwirksame Ausschlussklauseln im Vertrag
➝ Ein vollständiger Ausschluss des Anspruchs ist nur unter engen Voraussetzungen möglich (z. B. bei Auslandstätigkeit, § 92c HGB) - Fehlende Geltendmachung innerhalb von 12 Monaten
➝ Der Anspruch muss spätestens ein Jahr nach Vertragsende schriftlich geltend gemacht werden (§ 89b Abs. 4 HGB) - Falsche oder zu geringe Berechnung durch das Unternehmen
- Nicht belegte Vorteile des Unternehmers ➝ Das Unternehmen behauptet, dass Kunden „ohnehin abgesprungen wären“ – hier muss der Vertreter ggf. darlegen, dass das nicht der Fall ist
Ausschlussgründe
Nicht jeder Handelsvertreter hat Anspruch auf Ausgleich – das Gesetz sieht Ausschlusstatbestände in § 89b Abs. 3 HGB vor:
Kein Ausgleichsanspruch besteht, wenn:
- Der Handelsvertreter selbst kündigt, ohne dass der Unternehmer dazu durch schuldhaftes Verhalten Anlass gegeben hat (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB)
- Der Unternehmer aus wichtigem Grund fristlos kündigt, weil der Vertreter sich vertragswidrig verhalten hat (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB)
- Eine Nachfolgeklausel gilt, bei der die Rechte und Pflichten auf einen neuen Handelsvertreter übergehen (§ 89b Abs. 3 Nr. 3 HGB – selten in der Praxis)
Beispiel: Der Handelsvertreter kündigt selbst, weil er ein lukrativeres Angebot eines Wettbewerbers erhalten hat – ohne Pflichtverletzung des Unternehmers ➝ Kein Ausgleichsanspruch.
Rechtsprechung: EuGH, Urteil vom 26.03.2009 – C-348/07, Turgay Semen / Deutsche Tamoil GmbH
Der Europäische Gerichtshof hat in diesem aufsehenerregenden Urteil zur Richtlinie 86/653/EWG – die dem § 89b HGB zugrunde liegt – wichtige Leitsätze formuliert:
Zentrale Aussagen des EuGH:
- Der Ausgleichsanspruch dient dem Schutz des Handelsvertreters, nicht der Kompensation des Unternehmers
- Der Begriff des „Vorteils“ ist weit auszulegen – auch mittelbare oder langfristige Vorteile sind zu berücksichtigen
- Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Handelsvertreter durch das Vertragsende einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet
- Nationale Gerichte dürfen den Ausgleich nicht nach freiem Ermessen kürzen
Die Entscheidung stärkte die Position der Handelsvertreter in ganz Europa und wirkt sich bis heute auf die Berechnung und Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs in Deutschland aus.
Praxisbeispiel: Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs
Der Handelsvertreter Herr L. arbeitete acht Jahre lang für ein Medizintechnikunternehmen und baute einen umfangreichen Kundenstamm in Süddeutschland auf. Nach Vertragsbeendigung stellte das Unternehmen die Zusammenarbeit ein, belieferte jedoch die von ihm geworbenen Kunden weiter – mit erheblichem Umsatz.
Herr L. ließ durch unsere Kanzlei den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB berechnen und schriftlich geltend machen. Die Berechnung ergab einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 46.800 €. Nachdem das Unternehmen zunächst nur 15.000 € anbot, wurde der volle Betrag außergerichtlich durchgesetzt.
Fazit
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist ein elementarer Bestandteil des Handelsvertreterrechts – gleichzeitig aber juristisch anspruchsvoll und in der Praxis häufig umkämpft. Eine fehlerhafte Berechnung oder verpasste Frist kann zu einem kompletten Verlust des Anspruchs führen. Unternehmer wiederum sollten sich frühzeitig rechtlich absichern, wenn sie den Anspruch abwehren oder mindern möchten.
Unsere Empfehlung:
Lassen Sie den Ausgleichsanspruch durch unsere Kanzlei rechtssicher berechnen, prüfen und durchsetzen – ob als Handelsvertreter oder als Unternehmer.
Wir vertreten Sie sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht, mit fundierter Argumentation, aktueller Rechtsprechung und strategischem Verhandlungsgeschick.
Vertragsbeendigung – Kündigung, Fristen, Streitpotenzial
Die Beendigung eines Handelsvertretervertrags ist oft der Ausgangspunkt für rechtliche Auseinandersetzungen: Falsche Kündigungsfristen, unklare Begründungen oder die fehlende Einhaltung von Formerfordernissen führen regelmäßig zu Streitigkeiten über Provisionsansprüche, Ausgleichszahlungen oder Wettbewerbsverbote.
Wer hier nicht sorgfältig handelt – ob Unternehmer oder Vertreter – riskiert wirtschaftliche Verluste, Schadensersatzforderungen oder gerichtliche Verfahren. Umso wichtiger ist es, die rechtlichen Vorgaben zu kennen und im Zweifel frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
✅ Ordentliche Kündigung: Fristen nach § 89 HGB
Ein Handelsvertretervertrag, der auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde, kann von beiden Seiten ordentlich gekündigt werden. Die Kündigungsfristen richten sich dabei nach der Dauer des Vertragsverhältnisses und sind in § 89 HGB geregelt.
Kündigungsfristen nach § 89 Abs. 1 HGB:
Dauer des Vertragsverhältnisses |
Kündigungsfrist |
Im 1. Vertragsjahr |
1 Monat zum Monatsende |
Im 2. Vertragsjahr |
2 Monate zum Monatsende |
Ab dem 3. Vertragsjahr |
3 Monate zum Monatsende |
- Eine längere Kündigungsfrist kann vertraglich vereinbart werden, aber nur, wenn sie für beide Seiten gleich lang ist (§ 89 Abs. 2 HGB).
- Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, um Beweissicherheit zu gewährleisten – auch wenn das Gesetz keine Schriftform ausdrücklich verlangt, wird sie dringend empfohlen.
Beispiel: Ein Handelsvertreter ist seit vier Jahren für ein Unternehmen tätig. Eine ordentliche Kündigung muss dann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende erfolgen – beispielsweise zum 31. März mit Zugang der Kündigung bis spätestens 31. Dezember des Vorjahres.
Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89a HGB)
Neben der ordentlichen Kündigung besteht die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund, geregelt in § 89a HGB.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn es einer Partei nicht mehr zumutbar ist, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Typische wichtige Gründe:
- Schwerwiegender Verstoß gegen Vertrags- oder Treuepflichten
- Verletzung des Wettbewerbsverbots
- Zahlungsverzug oder Provisionsrückhaltung
- Vertrauensverlust aufgrund von Täuschung oder illoyalem Verhalten
Beispiel: Der Handelsvertreter vermittelt bewusst Kunden an ein Konkurrenzunternehmen. ➝ Das Unternehmen kann fristlos kündigen, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist.
Die Kündigung muss in diesem Fall unverzüglich nach Kenntniserlangung des wichtigen Grundes erfolgen – sonst ist sie unwirksam (§ 89a Abs. 1 Satz 2 HGB).
Checkliste: So vermeiden Sie typische Fehler bei der Kündigung
Für Unternehmen und Handelsvertreter gleichermaßen gilt: Wer rechtssicher kündigen will, sollte folgende Punkte beachten:
✅ Vertragslaufzeit prüfen – handelt es sich um ein unbefristetes oder befristetes Vertragsverhältnis?
✅ Kündigungsfrist berechnen – entsprechend der Dauer des Vertrags (§ 89 HGB)
✅ Kündigung schriftlich erklären – am besten mit Nachweis des Zugangs (Einschreiben oder persönliche Übergabe)
✅ Kündigungsgrund dokumentieren – insbesondere bei außerordentlichen Kündigungen (Beweise, Zeugenaussagen, E-Mails etc.)
✅ Unverzügliches Handeln bei außerordentlicher Kündigung – keine unnötige Wartezeit nach Bekanntwerden des wichtigen Grunds
✅ Wettbewerbsverbot prüfen – bestehen vertragliche Nachwirkungen?
✅ Ansprüche im Blick behalten – Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, Provisionsnachläufe, Aufwendungsersatz etc.
Streitfälle in der Praxis – ein häufiger Konfliktherd
In der anwaltlichen Praxis zeigt sich: Fehlerhafte oder unklare Kündigungen sind eine der häufigsten Ursachen für Rechtsstreitigkeiten im Handelsvertreterrecht.
Typische Szenarien:
- Unklare Kündigungsgründe: Bei außerordentlichen Kündigungen wird der „wichtige Grund“ nicht oder zu spät dargelegt
- Falsche Fristen: Kündigung erfolgt zu spät oder zu früh – und ist damit unwirksam
- Formfehler: Kündigung erfolgt mündlich oder per WhatsApp – kaum nachweisbar und damit rechtlich problematisch
- Verdeckte Vertragsbeendigung: Keine formale Kündigung, sondern „Einfrieren“ der Zusammenarbeit – birgt enorme Risiken für spätere Ansprüche (z. B. Ausgleich, Provision)
- Gegenkündigung durch Vertreter: Kündigung durch den Vertreter kann – wenn ohne wichtigen Grund – zum Ausschluss des Ausgleichsanspruchs führen (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB)
Fazit
Die Beendigung eines Handelsvertretervertrags muss sorgfältig geplant und rechtlich abgesichert erfolgen – sowohl im Interesse des Unternehmers als auch des Handelsvertreters. Gerade bei der außerordentlichen Kündigung oder bei längeren Vertragslaufzeiten lauern rechtliche Fallstricke, die erhebliche finanzielle Folgen haben können.
Unser Tipp aus der Kanzlei:
Lassen Sie sich vor Ausspruch oder Annahme einer Kündigung anwaltlich beraten – insbesondere, wenn die Beendigung des Vertrags streitbehaftet ist oder wirtschaftliche Interessen wie Provisionen, Ausgleichsansprüche oder Wettbewerbsverbote betroffen sind.
Handelsvertretervertrag in der Praxis: Tipps zur rechtssicheren Gestaltung
Ein Handelsvertretervertrag bildet die rechtliche Grundlage einer oft langjährigen und wirtschaftlich bedeutenden Zusammenarbeit. Und doch begegnen uns in der anwaltlichen Praxis regelmäßig unvollständige, widersprüchliche oder schlicht fehlerhafte Vertragswerke – mit zum Teil gravierenden Folgen.
Gerade weil das Handelsvertreterrecht eine Vielzahl zwingender gesetzlicher Vorschriften und Rechtsprechungsgrundsätze enthält, genügt es nicht, einfach ein Muster aus dem Internet zu verwenden. Wer hier spart, zahlt später womöglich umso mehr – in Form von gerichtlichen Auseinandersetzungen, verlorenen Provisionsansprüchen oder unwirksamen Wettbewerbsverboten.
Warum Musterverträge oft nicht ausreichen
Online verfügbare Musterverträge oder Vorlagen aus alten Vertragswerken sind nicht auf Ihr konkretes Geschäftsmodell zugeschnitten. Sie können sogar veraltete oder unwirksame Klauseln enthalten – insbesondere, wenn sie nicht an die aktuelle Rechtsprechung angepasst wurden.
Beispiel: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Entschädigungsregelung ist regelmäßig unwirksam (§ 90a HGB). Dennoch finden sich solche Klauseln bis heute in vielen Standardmustern.
Zudem berücksichtigen Musterverträge nicht die individuellen Anforderungen bestimmter Branchen (z. B. Versicherungsvertrieb, Medizintechnik, Auslandstätigkeiten, technische Handelsprodukte) und keine besonderen Provisionsmodelle.
Typische Fehlerquellen in der Vertragsgestaltung
- Unklare oder zu allgemein gehaltene Wettbewerbsverbote
→ Gefahr der Unwirksamkeit oder unbeabsichtigten Einschränkung der Berufsfreiheit - Fehlende Regelungen zum Gerichtsstand
→ Risiko langwieriger Gerichtsverfahren an unerwünschten Standorten - Missverständliche oder widersprüchliche Provisionsklauseln
→ Wann ist die Provision verdient? Wie wird abgerechnet? Was ist bei Storno? - Keine Regelung zur Vertragsbeendigung oder zum Ausgleichsanspruch
→ Überraschungseffekte bei Vertragsende, Streit über § 89b HGB - Fehlender Gebietsschutz oder Mehrfachvertretungsklauseln
→ Provisionskonflikte zwischen mehreren Handelsvertretern - Unklare Regelungen bei Aufwendungsersatz (§ 86a HGB)
→ Wer trägt Reise-, Messe- oder Werbekosten?
Tipp: Oft entstehen Konflikte nicht, weil die Parteien sich uneinig sind – sondern weil der Vertrag nicht klar genug regelt, wer wofür zuständig oder verantwortlich ist.
Die Bedeutung individueller Vertragsklauseln
Jede Branche, jedes Produkt und jedes Vertriebskonzept bringt eigene Besonderheiten mit sich. Ein Handelsvertretervertrag sollte daher immer maßgeschneidert sein. Individuell gestaltete Klauseln bringen klare Vorteile:
- Klare Definition des Vertragsgegenstands und der vertriebenen Produkte
- Flexibilität bei Vergütungsmodellen (z. B. gestaffelte Provisionen, Zielvereinbarungen)
- Regelung von Schulungspflichten, Berichtspflichten und Kundenschutz
- Schutz vor Scheinselbstständigkeit durch sauber definierte Selbstständigkeitsmerkmale
- Transparente Kündigungsfristen, Wettbewerbsregelungen und Nachwirkungen
Kurzum: Ein guter Vertrag verhindert Streit, ein schlechter provoziert ihn.
Wann ein Handelsvertretervertrag sittenwidrig oder unwirksam ist
Auch Handelsvertreterverträge können rechtlich ganz oder teilweise unwirksam sein – insbesondere, wenn sie gegen gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstoßen (§ 138 BGB).
Typische Konstellationen:
- Unangemessen lange Vertragsbindungen ohne Kündigungsmöglichkeit
- Verstoß gegen zwingende Vorschriften wie § 89b HGB (Ausgleichsanspruch)
- Wegfall gesetzlicher Mindestschutzrechte (z. B. § 87 HGB: Provisionsanspruch)
- Scheinvertrag: Vertrag als Handelsvertreter, tatsächlich aber Arbeitnehmerverhältnis
Beispiel: Ein Handelsvertreter verpflichtet sich, über fünf Jahre ausschließlich für ein Unternehmen tätig zu sein, ohne Vergütung im Fall der Erfolglosigkeit – und ohne Kündigungsmöglichkeit. Eine solche Regelung kann sittenwidrig und nichtig sein (§ 138 BGB).
Fazit
Ein Handelsvertretervertrag ist keine Formalie, sondern ein strategisches Dokument. Wer hier auf Standards oder Muster setzt, riskiert nicht nur rechtliche Nachteile, sondern auch wirtschaftliche Schäden.
15-Punkte-Check für Unternehmen
Diese Fragen sollten Sie sich als Unternehmer stellen, bevor Sie einen Handelsvertretervertrag abschließen oder verlängern:
- Sind alle Vertragsparteien korrekt und vollständig benannt?
- Ist der Vertragsgegenstand klar beschrieben?
- Wurde das Tätigkeitsgebiet eindeutig abgegrenzt (Gebietsschutz)?
- Regelt der Vertrag eindeutig, ob der Vertreter nur vermitteln oder auch abschließen darf?
- Ist das Vergütungsmodell vollständig und transparent geregelt (inkl. Storno, Rückforderungen)?
- Existiert eine Regelung zur Provisionsabrechnung gemäß § 87c HGB?
- Sind Wettbewerbsverbote während und nach dem Vertrag korrekt und wirksam formuliert?
- Gibt es eine rechtssichere Regelung zum Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB?
- Sind Laufzeit und Kündigungsfristen korrekt und gesetzeskonform geregelt (§ 89 HGB)?
- Ist der Gerichtsstand wirksam vereinbart – gerade bei grenzüberschreitender Tätigkeit?
- Wurden Aufwendungsersatzregelungen nach § 86a HGB mit aufgenommen?
- Besteht Klarheit über Schulungspflichten und Informationsweitergabe?
- Ist die Selbstständigkeit des Handelsvertreters vertraglich und tatsächlich gewährleistet (Scheinselbstständigkeit)?
- Wurden Besonderheiten bei Versicherungsvertretern oder Auslandstätigkeit berücksichtigt?
- Wurde der Vertrag von einem spezialisierten Anwalt geprüft oder erstellt?
Ergebnis: Wenn Sie mehr als zwei dieser Fragen nicht eindeutig mit „Ja“ beantworten können, empfehlen wir eine anwaltliche Vertragsprüfung.
10-Punkte-Check für Handelsvertreter
Diese Fragen sollten Sie sich als Handelsvertreter stellen, bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen:
- Sind Ihre Aufgaben und Befugnisse im Vertrag klar definiert?
- Wissen Sie genau, in welchem Gebiet Sie tätig werden dürfen – mit oder ohne Exklusivität?
- Ist Ihre Vergütung realistisch, vollständig und nachvollziehbar geregelt?
- Gibt es klare Fristen für Provisionszahlungen und ein Widerspruchsrecht bei Abrechnungen?
- Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart – und wurde eine Karenzentschädigung geregelt?
- Besteht ein Anspruch auf Ausgleich nach Vertragsende (§ 89b HGB)?
- Haben Sie das Recht auf Einblick in Geschäftsunterlagen (§ 87c HGB)?
- Können Sie kündigen – und wenn ja, zu welchen Bedingungen?
- Tragen Sie unternehmerisches Risiko – oder sind Sie faktisch wie ein Arbeitnehmer eingebunden?
- Wurde der Vertrag anwaltlich geprüft – idealerweise von einem auf Handelsvertreterrecht spezialisierten Juristen?
Hinweis: Selbst wenn der Vertrag „seriös“ wirkt – viele kritische Punkte sind nicht auf den ersten Blick erkennbar. Wer hier unbedacht unterschreibt, riskiert wirtschaftliche Nachteile oder unwirksame Schutzklauseln.
Fazit
Ob Unternehmen oder Vertreter – ein Handelsvertretervertrag sollte niemals ungeprüft übernommen oder vorschnell abgeschlossen werden. Nur wer die rechtlichen Feinheiten kennt, kann Chancen nutzen und Risiken vermeiden.
Unsere Empfehlung:
Nutzen Sie unsere Expertise im Handelsvertreterrecht – für eine rechtssichere Vertragsgestaltung, die auf Ihr Geschäftsmodell zugeschnitten ist.
Vereinbaren Sie jetzt eine Erstberatung mit unserer Kanzlei. Wir beraten Sie transparent, lösungsorientiert und mit langjähriger Praxiserfahrung – deutschlandweit und international.
Häufige Streitfälle – und wie Sie diese vermeiden
Das Handelsvertreterrecht bietet zwar einen rechtlichen Rahmen mit klaren Vorschriften – in der Praxis kommt es dennoch immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Unternehmern und Handelsvertretern. Oft sind es nicht böswillige Verstöße, sondern schlicht ungenaue Vertragsformulierungen, Versäumnisse oder unklare Erwartungen, die zu teils langwierigen und kostspieligen Konflikten führen.
Wir zeigen Ihnen die häufigsten Streitfälle aus unserer anwaltlichen Praxis – und wie Sie diese vermeiden.
Provisionsstreitigkeiten
Provisionsabrechnungen sind einer der häufigsten Zankäpfel im Handelsvertreterrecht. Streit entsteht oft, weil:
- die Berechnungsgrundlage unklar ist (z. B. Netto- oder Bruttowert? Bei Storno oder Rücktritt?)
- unklar ist, wann der Anspruch entsteht – bei Auftragseingang oder erst bei Zahlung?
- Provisionen nicht fristgerecht abgerechnet oder verzögert ausgezahlt werden
- Folgeprovisionen oder Nachbearbeitungsprovisionen nicht geregelt sind
Praxisbeispiel: Ein Handelsvertreter erhält keine Provision, weil der Kunde nach sechs Monaten storniert. Der Vertrag enthält keine Regelung zur Stornohaftung – es droht ein gerichtlicher Streit.
Vermeidungstipp: Klare vertragliche Regelungen zu Provisionsarten, Abrechnungszeitpunkten, Rückforderungsmechanismen und Ausschlussfristen nach § 87c HGB – und im Zweifel anwaltliche Formulierungshilfe.
Ausgleichsanspruch wird nicht gezahlt
Viele Unternehmer ignorieren oder unterschätzen den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB – entweder aus Unkenntnis oder weil sie ihn für „verzichtbar“ halten. Handelsvertreter wiederum wissen oft nicht, wie der Anspruch zu berechnen ist, oder versäumen die 12-Monatsfrist zur Geltendmachung (§ 89b Abs. 4 HGB).
Streitfall: Ein Handelsvertreter fordert 35.000 € Ausgleich, der Unternehmer verweigert die Zahlung mit dem Hinweis: „Steht doch gar nicht im Vertrag.“
Problem: Der Anspruch gilt kraft Gesetzes – und ist nicht ohne Weiteres vertraglich ausschließbar.
Vermeidungstipp: Im Vertrag transparent regeln, wie der Ausgleichsanspruch berechnet wird – und im Einzelfall durch einen Fachanwalt prüfen lassen, ob und in welcher Höhe der Anspruch besteht.
Wettbewerbsverbote unklar oder unwirksam
Ein weiterer Klassiker: Das Wettbewerbsverbot. Immer wieder enthalten Verträge entweder keine Regelung, zu weit gefasste Verbote oder unzulässige Klauseln ohne Karenzentschädigung (§ 90a HGB). Die Folge:
- Das Verbot ist unwirksam,
- oder der Handelsvertreter klagt erfolgreich auf Entschädigung,
- oder das Unternehmen verliert Kunden an den nun „freien“ Ex-Vertreter.
Beispiel: Der Vertrag enthält eine pauschale Klausel: „Nach Vertragsende darf keine Tätigkeit für Wettbewerber erfolgen.“ – Ohne zeitliche, räumliche oder wirtschaftliche Begrenzung und ohne Ausgleich. Diese Klausel ist nichtig.
Vermeidungstipp: Nur schriftlich und gesetzeskonform vereinbarte Wettbewerbsverbote mit angemessener Karenzentschädigung sind wirksam. Formulierung durch spezialisierten Anwalt dringend empfohlen.
Fehlerhafte Kündigung
Gerade bei der Beendigung des Handelsvertretervertrags entstehen viele Probleme. Die häufigsten:
- Falsche Fristen (z. B. nicht an Vertragsdauer angepasst, § 89 HGB)
- Unzureichende Begründung bei außerordentlicher Kündigung (§ 89a HGB)
- Kündigung erfolgt nicht schriftlich oder nicht fristgerecht
- Kündigung wird ausgesprochen, obwohl eine Vertragsverlängerungsklausel greift
- Nach Kündigung bleiben Streitpunkte ungeklärt (z. B. Provisionsnachläufe, Ausgleich)
Fall aus der Praxis: Ein Unternehmen kündigt dem Handelsvertreter mit einer Frist von einem Monat – obwohl dieser bereits seit fünf Jahren tätig ist. Die gesetzliche Frist (§ 89 HGB) beträgt jedoch drei Monate. Ergebnis: Kündigung unwirksam, Ausgleichsanspruch bleibt bestehen.
Vermeidungstipp: Kündigungen – insbesondere außerordentliche – sollten immer rechtlich geprüft und dokumentiert werden. Nur so lassen sich spätere Rechtsfolgen vermeiden.
Fazit
Die meisten Streitfälle im Handelsvertreterrecht lassen sich vermeiden – mit einem klaren, rechtssicheren Vertrag und professioneller Beratung im entscheidenden Moment. Ob es um Provisionen, Kündigung oder Wettbewerbsverbote geht: Unwissenheit, fehlende Regelungen oder handwerkliche Fehler im Vertrag sind die Hauptursache für Rechtsstreitigkeiten.
Fazit: Handelsvertretervertrag rechtssicher aufsetzen oder prüfen lassen
Ein Handelsvertretervertrag ist mehr als ein Standarddokument – er ist das Fundament einer wirtschaftlich oft bedeutenden und langfristigen Zusammenarbeit. Fehler in der Vertragsgestaltung, unklare Regelungen oder fehlende rechtliche Prüfung führen in der Praxis immer wieder zu kostspieligen Streitigkeiten, sei es bei Provisionsabrechnungen, Ausgleichsansprüchen oder Wettbewerbsverboten.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Gesetzliche Vorgaben und Rechtsprechung (z. B. § 84 ff. HGB, § 89b HGB, EU-Richtlinie 86/653/EWG) sind komplex und z. T. zwingend – sie lassen kaum Spielraum für Pauschallösungen.
- Musterverträge reichen selten aus, um individuelle Geschäftsmodelle, branchenspezifische Anforderungen oder internationale Aspekte rechtssicher abzubilden.
- Die häufigsten Konflikte entstehen durch unklare Vergütungsregelungen, unwirksame Wettbewerbsverbote oder falsche Kündigungsfristen – allesamt vermeidbar durch professionelle Gestaltung.
- Auch nach Vertragsende bestehen rechtlich relevante Ansprüche (z. B. Provisionsnachläufe, Ausgleich nach § 89b HGB), die ohne fundierte Beratung schnell übersehen werden.
Warum anwaltliche Beratung bei Handelsvertreterverträgen entscheidend ist
Sowohl für Unternehmer als auch für Handelsvertreter gilt:
Ein rechtssicher formulierter Vertrag schützt nicht nur vor Streit – er stärkt auch die Geschäftsbeziehung, schafft Vertrauen und verhindert wirtschaftliche Risiken.
Unsere anwaltliche Unterstützung bietet Ihnen:
- Maßgeschneiderte, rechtssichere Vertragsgestaltung nach HGB und aktueller Rechtsprechung
- Prüfung und Optimierung bestehender Handelsvertreterverträge
- Klare Regelungen zu Vergütung, Wettbewerbsverbot, Kündigung und Ausgleich
- Vertretung bei Konflikten: außergerichtlich und vor Gericht
- Beratung auch zu internationalen Verträgen und EU-rechtlichen Besonderheiten
Handlungsempfehlung: Lassen Sie sich jetzt beraten
Ob Sie als Unternehmen einen Handelsvertretervertrag erstellen oder überarbeiten möchten – oder als Handelsvertreter prüfen wollen, ob Ihre vertraglichen Rechte gewahrt sind:
Kontaktieren Sie unsere Kanzlei für eine erste Einschätzung.
Wir bieten Ihnen eine fundierte, individuelle Beratung durch erfahrene Rechtsanwälte im Handelsvertreter- und Vertriebsrecht.
✅ Transparent. ✅ Persönlich. ✅ Bundesweit.
Jetzt Termin für ein unverbindliches Erstgespräch vereinbaren – damit Ihr Handelsvertretervertrag Sie nicht schwächt, sondern schützt.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.