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Haftung von Werbeagenturen bei Markenverstößen?

KG Berlin, Beschluss vom 04.02.2011, Az. 19 U 109/10
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Mangels einer konkreten vertraglichen Vereinbarung ist eine Werbeagentur nicht in jedem Fall verpflichtet, eine umfangreiche Markenrecherche bezüglich des von ihr für den Auftraggeber erstellten Logos anzustellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vergütung derartig gering ist, dass eine solche Prüfung unverhältnismäßig wäre. Bei großen Werbekampagnen kann eine solche Verpflichtung jedoch auch ohne ausdrückliche Abrede bestehen.

Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte die Beklagte, eine Werbeagentur, mit der Erstellung eines neuen Logos für das Unternehmen. Als Vergütung wurden 770,00 € vereinbart. Vertragliche Vereinbarungen bestanden unabhängig von der reinen Erstellung des Logos und der Hergabe aller relevanter Entwürfe insbesondere nicht im Hinblick auf die Prüfung anderer Markenrechte. Nachdem die Klägerin von einer Markeninhaberin über den Verstoß informiert wurde und das Logo daher nicht nutzen konnte, verlangte sie von der Beklagten Schadenersatz. Diese hätte auch ohne Abrede das Logo vorab darauf prüfen müssen, ob Rechte Dritter bestehen.

Entscheidung
Das ist nicht der Fall, urteilte das KG Berlin in einem Hinweisbeschluss. Selbst wenn das erstellte Logo gegen die Markenrechte eines dritten Unternehmens verstößt, besteht kein vertraglicher Schadenersatzanspruch. Dieser setzt voraus, dass die Beklagte die Erstellung des Logos frei von rechten Dritter geschuldet hätte. Zusätzlich hätte die Beklagte die Klägerin auch nicht darüber aufklären müssen, dass sie selbst keine eigene Markensuche vornehmen wird.

Die Beklagte war lediglich verpflichtet für die Klägerin ein Logo zu entwerfen, welches den graphischen Ansprüchen und Vorgaben entsprach. Zwar ist, selbst bei einer fehlenden Abrede, davon auszugehen, dass die von der Werbeagentur umgesetzte Werbemaßnahme rechtmäßig sein muss. Dieses Erfordernis gilt aber nur insoweit, wie eine Markenrecherche der Werbeagentur im Hinblick auf den Einzelfall auch zumutbar ist. Maßstab dafür ist der damit verbundene Aufwand im Verhältnis mit der Werbewirkung und der vereinbarten Vergütung. Bei einer groß angelegten Werbemaßnahme kann die Werbeagentur auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Wege einer stillschweigenden Abrede verpflichtet sein, eine eigenständige Markenrecherche vorzunehmen. In solchen Fällen darf der Auftraggeber auf die rechtliche Unbedenklichkeit des erstellten Logos vertrauen.

Diese strengen Maßstäbe können im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen. Bei einem vereinbarten Preis von lediglich 770,00 € konnte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Beklagte damit auch noch eine eigene Markenrecherche durchführt. Aufwand für eine solche Maßnahme und die Vergütung stehen in keinem ausgewogenen Verhältnis. Es wäre nicht einmal eine Kostendeckung eingetreten. Die Recherche hätte dabei sowohl eine Identitätsrecherche als auch eine zeit- und kostenintensive Ähnlichkeitsrecherche erfordert. Die Vermutung einer stillschweigenden Vereinbarung dahingehend, dass die rechtliche Unbedenklichkeit geschuldet ist, ist daher erschüttert. Zumal die in Rede stehenden Verstöße auch bei einer solchen Vorarbeit nur schwer zu erkennen gewesen wären.

Die Beklagte musste die Klägerin auch nicht auf die nicht vorgenommene Recherche hinweisen. Es besteht keine allgemeine Pflicht dahingehend, den anderen Vertragspartner über alle Einzelheiten und Umstände eines Vertrages aufzuklären. Jede Vertragspartei ist für ihr Handeln selbst verantwortlich und muss sich die für ihre Willensentscheidung wesentlichen Tatsachen selbst verschaffen. Dies kann durch ausdrückliche Nachfrage oder eigenen Ermittlungen geschehen. Eine ungefragte Information ist jedoch nicht geschuldet. Ein Informationsgefälle zu Lasten der Klägerin bestand ebenfalls nicht. Es haben sich lediglich einseitige Erwartungen der Klägerin enttäischt. Zumal die Klägerin als eigentliche Anmelderin des Logos als neue Marke für die rechtliche Unbedenklichkeit selbst verantwortlich ist.

Fazit
Das KG Berlin stärkt mit diesem Hinweisbeschluss die Eigenverantwortung des Anmelders im Markenrecht und schützt gleichzeitig kleinere und mittelständische Werbeagenturen. Bei vergleichsweise kleinen Marketingmaßnahmen mit begrenzter Werbewirkung und Vergütung ist eine Recherche von der Agentur nicht geschuldet. Lediglich für große Werbekampagnen kann eine Zumutbarkeit in Folge der erheblich höheren Vergütung auch stillschweigend angenommen werden.

KG Berlin, Beschluss vom 04.02.2011, Az. 19 U 109/10

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