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„Grünes-Blatt-Siegel“ von Galeria Kaufhof ist irreführend

Landgericht Köln, Urteil vom 05.03.2018, Az. 31 O 379/17
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Aufgrund eines Urteils des Landgerichts Köln vom 05.03.2018, Az. 31 O 379/17 ist die Kennzeichnung von Waren mit eigens kreierten Symbolen eines Warenhauses unzulässig, wenn sich für den Verbraucher aus der Darstellung nicht erschließen lässt, ob die durch das Siegel garantierte Eigenschaft des Produkts auch tatsächlich gegeben ist.

Galeria Kaufhof wirbt mit eigenem Symbol für Produkte
Der Entscheidung liegt die Gestaltung von Werbeaussagen für bestimmte Produkte durch Galeria Kaufhof (Beklagte) zugrunde. Die Warenhauskette kennzeichnete mehrere Artikel mit einem grünen Blatt und der Aufschrift „Natürlich Galeria“. Zur Erklärung dieses eigens kreierten Symbols gab das Unternehmen im Internet an, dass mit diesem nur solche Produkte versehen werden, welche besonders umweltfreundlich und/oder sozialverträglich hergestellt worden seien. Es solle den Verbrauchern durch die Angabe von nur der beschriebenen Kennzeichnung entgegengekommen werden. Daraus folge nämlich, dass jene sich nicht mit diversen verschiedenen Symbolen auseinandersetzen müssen und leichter bewusst einkaufen können.

Ist Bügel-BH tatsächlich umweltfreundlich und/oder sozialverträglich?
Streitgegenständlich war konkret die Werbung mit dem eigenen Symbol für einen Bügel-BH auf der Website der Beklagten. Interessentinnen fanden bei der Werbeanzeige die Aussage „Dieses Produkt ist besonders umweltfreundlich und/oder sozialverträglich hergestellt worden“ vor.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (Klägerin) bemängelte hierbei, dass sich aus der Darstellung gerade nicht ergibt, woraus sich die besondere Umweltfreundlichkeit und/oder sozialverträgliche Herstellung ergebe. Zudem sei auch nicht deutlich gewesen, ob nur eine der beiden Eigenschaften zutreffe oder vielmehr beide. Aus diesem Grund läge ein Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb vor. Die Beklagte sei verpflichtet, alle wesentlichen Informationen für Verbraucher bereitzuhalten, um diesen eine informierte Kaufentscheidung garantieren zu können. Dies sei aber aufgrund der gegenständlichen Werbung nicht der Fall gewesen.

Anerkenntnisurteil
Das Landgericht Köln musste aufgrund der Anerkennung der vom Kläger erhobenen Ansprüche durch die Beklagte eine sachliche Prüfung hiervon nicht vornehmen. Galeria Kaufhof räumte mithin also den Wettbewerbsverstoß ein und verpflichtete sich, eine entsprechende Kennzeichnung mit dem Symbol des „Grünen Blatts“ nicht mehr zu verwenden, wenn der Verbraucher der Werbung nicht deutlich entnehmen kann, aus welchem Umstand die besondere und/oder sozialverträgliche Herstellung konkret resultiert. Zudem erklärte die Warenhauskette durch das Anerkenntnis, dass sie künftig auch explizit aufführe, ob lediglich nur eine der Eigenschaft vorliege oder gar beide.

Verbraucher durch „Siegeldschungel“ sehr häufig verwirrt
Im Nachgang an das Urteil äußerte die Verbraucherzentrale Bundesverband, dass das eigens verwendete Symbol von Galeria Kaufhof nicht das einzige individualisierte auf dem Markt ist. Immer mehr und mehr Einzelhändler würden dazu übergehen, ihre Produkte mit eigenen Labels und Claims auszustatten. Dieser Trend erweise sich aus ihrer Sicht aber als sehr schlecht. Verbrauchern werde damit schließlich keinesfalls eine Orientierung im Hinblick auf nachhaltige Artikel gegeben. Vielmehr verunsichere dieser „Siegeldschungel“ diese zunehmend. Es sei für diese in der Regel nämlich nicht ersichtlich, was sich genau hinter welchem Symbol verberge.

Verbraucherzentrale sieht Handlungspflicht des Gesetzgebers
Um also sowohl Verbraucher ausreichend vor einer Irreführung als auch Produzenten und Einzelhändler vor einem Wettbewerbsverstoß zu bewahren, sei es an der Zeit, dass der Gesetzgeber eine rechtlich verbindliche Lösung hinsichtlich der Verwendung solcher Siegel schaffe.
Das Wort „Siegel“ sei laut der Verbraucherzentrale Bundesverband rechtlich nicht geschützt und nicht eindeutig definiert. Es könnten somit uneingeschränkt verschiedene Symbole genutzt werden. Eine Kenntlichmachung eines Produkts mit einem Siegel solle aber nur dann erlaubt sein, wenn dieses auf Grundlage wissenschaftlich fundierter und gesetzlich festgelegter Kriterien auch wirklich gebraucht werden dürfe. Der Verband brachte zum Ausdruck, dass Verbraucher wissen müssen, was tatsächlich hinter den abgedruckten Kennzeichnungen stecke. Andernfalls sei ein nachhaltiger Konsum nicht möglich. Da die Glaubwürdigkeit einer Zertifizierung beim Kaufprozess nicht von Verbrauchern überprüft werden könne und diese sich auf die Information auf dem Artikel verlassen würden, seien gesetzliche Mindestanforderungen für die Angabe einer sozial und ökologisch erfolgten Produktion zwingend. Hierunter fielen beispielsweise Regeln zur umweltverträglichen Rohstoffgewinnung oder zum Arbeitsschutzstandard. Die verbindlichen Kriterien müssten für alle Branchen gelten, egal ob es sich um Textilien oder Lebensmittel handele. Verbraucher müssten generell bei der Betrachtung einer Ware auf den ersten Blick erkennen, ob die staatlichen Vorgaben für die Verwendung des Siegels erfüllt seien. 

Landgericht Köln, Urteil vom 05.03.2018, Az. 31 O 379/17

von Sabrina Schmidbaur

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