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Grenzen der Meinungsfreiheit des Käufers bei negativer eBay-Bewertung

AG Bonn, Urteil vom 09.01.2012, Az. 113 C 28/12
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter und auch verfassungsrechtlich verbürgt. Aber auch sie hat Grenzen. Dies ist vor allem für den gewerblichen Verkehr relevant und kann unter Umständen zu einigen Konfliktsituationen führen. Um eine solche ging es auch in einem Fall des Amtsgerichts Bonn. Dieses hatte über die Zulässigkeit einer Bewertung auf der bekannten Internetplattform eBay zu entscheiden (AG Bonn, Urteil vom 09.01.2012, Az. 113 C 28/12).
 
Sachverhalt – die wichtigsten Fakten des Falls in Kürze
Die Beklagte kaufte vom Kläger über das Internetauktionshaus eBay zwei Steuergeräte, welche der Kläger auch an die Beklagte lieferte. Am 18.12.2011, einige Zeit nachdem die Klägerin die Geräte erhielt, gab sie die folgende Bewertung ab:

„VORSICHT!!!! beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!!!!!!"

Aufgrund dieser Bewertung entschloss sich der Kläger rechtlichen Rat einzuholen. Er wandte sich deshalb an einen Rechtsanwalt, der am 22.12.2011 eine vorgefertigte Erklärung an die Beklagte sendete. In dieser sollte diese sich zur Zahlung der Abmahnkosten sowie der Rücknahme der Bewertung verpflichten. Diese Abmahnung blieb jedoch erfolglos, weswegen sich der Kläger an das zuständige Amtsgericht Bonn wandte. Hier machte er die Anwaltskosten in Höhe von 229,30 € geltend und verlangte, die Beklagte zur Zustimmung der Löschung der Bewertung auf eBay zu verurteilen. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe eine unzulässige Schmähkritik geäußert und ihre vertraglichen Nebenpflichten verletzt, weil sie keinen Kontakt mit der Klägerin aufgenommen hatte bevor sie die negative Bewertung abgab. Die Klägerin verteidigte sich unter Berufung auf ihr Grundrecht der Meinungsfreiheit. Ihre Äußerung sei noch vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Ob die Steuergeräte, welche die Beklagte von der Klägerin gekauft hatte, tatsächlich einen Defekt aufwiesen konnte nicht mehr geklärt werden.
 
Auszug aus den Gründen
Das Amtsgericht gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte dazu, die Anwaltskosten der Klägerin zu tragen sowie der Löschung der negativen Bewertung zuzustimmen. Die Beklagte unterlag damit vor Gericht.

In seiner Urteilsbegründung wies der zuständige Richter zunächst darauf hin, dass ein eBay-Nutzer grundsätzlich auch Klartext sprechen darf. Dem Nutzer ist es damit auch erlaubt zu sagen, dass die erhaltene Ware defekt war oder nicht über die versprochenen Eigenschaften verfügte. Allerdings gilt dies nur, wenn der Kommentar auch nachweislich wahr ist.

Das Gericht machte nämlich auch klar, dass die Beklagte mit ihrer Empfehlung „lieber woanders kaufen“ die Grenzen des rechtlich zulässigen Bereichs überschritten hat. In ihrer Bewertung liege eine gleich doppelt ausgesprochene Warnung, durch die der Eindruck entstehe, die Klägerin liefere grundsätzlich defekte Geräte. Dies war nach der Überzeugung des Amtsgerichts allerdings nicht der Fall. Schließlich konnte nicht einmal mit hinreichender Sicherheit aufgeklärt werden, ob die hier in Frage stehenden Geräte defekt oder funktionstüchtig waren. Eine Behauptung, die (wie die hier vorliegende) auf eine allgemeine Schlechtlieferung anspiele bzw. hindeute, müsse deshalb erst recht unzulässig sein, so das Gericht.
 
Kommentar und Hinweis für die Praxis
Das Urteil des Amtsgerichts ist Teil einer sehr spannenden Querschnittsmaterie. Es geht um das Recht des Käufers, Mängel auch öffentlich zu monieren auf der einen Seite. Und um das Gewerbe des Verkäufers auf der anderen Seite. Obwohl es sich hier um eine zivilrechtliche Entscheidung handelt, (es geht um zwei Privatpersonen, die sich rechtlich auf derselben Ebene befinden und damit gleichgestellt sind) ist sie sehr grundrechtsrelevant. Denn sowohl dem Kläger als auch der Beklagten steht hier ein Grundrecht zu. Meinungs- gegen Berufsfreiheit sowie das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb. Juristisch ausgedrückt: Art. 5 Abs. 1 GG gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Dies macht deutlich, dass eine Entscheidung sowohl in die eine als auch die andere Richtung gehen kann. Für die Praxis ergibt sich damit folgendes: Kritik ist im Zweifel doch eher sachlich zu formulieren.

AG Bonn, Urteil vom 09.01.2012, Az. 113 C 28/12

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