Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung: Google-Eintrag „Dauerhaft geschlossen“ zulässig

Kann ein Eintrag bei Google, der einen geschlossenen Praxisstandort mit dem Hinweis „Dauerhaft geschlossen“ kennzeichnet, gegen eine Unterlassungserklärung verstoßen? Diese Frage musste das Oberlandesgericht Nürnberg beantworten – und kam zu einer klaren Entscheidung zugunsten des Beklagten. Der Fall zeigt anschaulich, wie präzise zwischen irreführenden und objektiv zutreffenden Angaben im Wettbewerbsrecht unterschieden werden muss.
Der Fall: Zwei Ergotherapeuten und eine Unterlassungserklärung
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits standen zwei konkurrierende Ergotherapeuten. Der Beklagte hatte zuvor auf seiner Website mehrere Praxisstandorte angegeben – obwohl er tatsächlich nur noch an einem Ort tätig war. Auf eine entsprechende Abmahnung hin gab er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete er sich, künftig keine Adressangaben mehr zu veröffentlichen, wenn und soweit an dem jeweiligen Standort kein Praxisbetrieb mehr besteht.
Einige Zeit später bemerkte der Kläger, dass bei Google noch immer Standorte des Beklagten zu finden waren – allerdings mit dem Zusatz „Dauerhaft geschlossen“. Für den Kläger war das ein klarer Verstoß gegen die Unterlassungserklärung. Er forderte Vertragsstrafen in Höhe von 10.200 Euro (zwei Verstöße à 5.100 Euro). Der Fall landete schließlich beim Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg.
Die Entscheidung: Keine Zuwiderhandlung erkennbar
Das OLG Nürnberg (Beschl. v. 06.02.2025 – Az.: 3 U 2143/24 UWG) wies den Anspruch zurück. Die Richter stellten klar: Die noch vorhandenen Google-Einträge mit dem Hinweis „Dauerhaft geschlossen“ stellen keinen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung dar.
Warum? Der entscheidende Punkt liegt in der Auslegung der Unterlassungserklärung
Laut Gericht verbietet die Erklärung nur solche Angaben, die den (falschen) Eindruck erwecken, es existiere an der genannten Adresse eine aktive Praxis. Ein Eintrag mit der Kennzeichnung „Dauerhaft geschlossen“ sei dagegen objektiv richtig und für Nutzer eindeutig verständlich.
Zitat aus dem Beschluss:
„Mit einer Werbung, die unzutreffend den Eindruck erweckt, ein Freiberufler unterhalte an einem bestimmten Standort eine Praxis, ist eine Angabe, ein Praxisstandort sei dauerhaft geschlossen, weder identisch noch kerngleich.“
Der Beklagte hatte also nicht gegen den „Kern“ der Unterlassungserklärung verstoßen. Die Gerichte sprechen in diesem Zusammenhang von der sogenannten Kerngleichheit – nur wenn ein Verhalten dem untersagten Verhalten im Kern entspricht, kann ein Verstoß vorliegen. Diese Kerngleichheit lehnte das OLG hier ausdrücklich ab.
Der entscheidende Unterschied: Aktiver Standort vs. „geschlossen“-Hinweis
Ursprünglich war die Werbung des Beklagten irreführend, weil sie eine aktive Tätigkeit an mehreren Orten suggerierte. Der Unterschied zum späteren Google-Eintrag liegt nun aber genau darin, dass dort eben kein aktiver Betrieb mehr vorgetäuscht wird. Vielmehr wird dem Nutzer klargemacht, dass die Praxis dort gerade nicht mehr existiert.
Für Verbraucher sei das laut Gericht völlig eindeutig:
„Der nach einem Behandler suchende Patient erfährt […] in dem Moment, in dem er die Standortangabe sieht, dass dort gerade keine Praxis mehr betrieben wird […].“
Ein potenzieller Patient, der eine wohnortnahe Behandlung sucht, wird sich nach dieser Information nicht mehr weiter mit dem Anbieter beschäftigen – anders als in Fällen, in denen geschlossene Standorte gar nicht oder falsch gekennzeichnet sind.
Kein Freibrief für irreführende Online-Präsenz
Wichtig ist: Das OLG Nürnberg hat in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob die Darstellung geschlossener Standorte auf Google grundsätzlich einen neuen Wettbewerbsverstoß begründen kann – etwa unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Irreführung im Marktverhalten.
Das Gericht betonte, dass Unternehmer oder Freiberufler durch solche Angaben unter Umständen einen unlauteren Vorteil erlangen könnten, beispielsweise wenn geschlossene Standorte weiterhin in den Suchergebnissen auftauchen und so die Sichtbarkeit des Anbieters erhöhen.
Eine solche Frage müsste jedoch in einem neuen Verfahren geklärt werden. Im aktuellen Fall ging es allein um die Frage, ob die Unterlassungserklärung verletzt wurde – und dies verneinte das Gericht mit überzeugender Begründung.
Fazit: Google-Eintrag mit „Dauerhaft geschlossen“ ist zulässig – aber Vorsicht bleibt geboten
Die Entscheidung des OLG Nürnberg stellt klar: Wer sich verpflichtet hat, keine irreführenden Standortangaben zu machen, verstößt nicht gegen diese Verpflichtung, wenn er alte Praxisadressen mit dem Hinweis „Dauerhaft geschlossen“ weiterhin auf Google anzeigen lässt.
Für Freiberufler und Unternehmer bedeutet das:
- Eindeutige Kennzeichnung ist das A und O.
- Transparenz gegenüber Verbrauchern schützt vor dem Vorwurf der Irreführung.
- Vertragsstrafen werden nur bei kerngleichen Verstößen fällig.
Dennoch gilt: Eine solche Darstellung sollte regelmäßig überprüft werden – nicht nur aus juristischer, sondern auch aus unternehmerischer Sicht. Denn was rechtlich zulässig ist, muss nicht zwangsläufig auch sinnvoll oder vertrauensfördernd sein.
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