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Gesundheitsportale mit konkreter Krankheitsberatung sind wettbewerbswidrig

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Foren zu Gesundheitsthemen schossen in den letzten Jahren sprichwörtlich wie Pilze aus dem Boden. Wenn ein solches Forum Ärzte zur Beantwortung von konkreten und symptombezogenen Fragen einsetzt und dafür dann wirbt, dann verstoßen die Betreiber nach einem aktuellen Urteil des OLG München gegen die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes.

Rechtliche Grundlagen

Das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, kurz Heilmittelwerbegesetz, regelt, unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel, Medizinprodukte aber auch Behandlungen beworben werden dürfen. Dadurch sollen zum einen Mitbewerber aber vor allem auch Patienten vor unzulässigen Werbemaßnahmen geschützt werden.
§ 9 HWG verbietet jede Werbung für das Erkennen oder Behandeln von Krankheiten, das nicht auf der eigenen Wahrnehmung beruht, also so genannte Fernbehandlungen.

Das HWG steht gemäß § 17 HWG neben dem allgemeineren Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG.
Aus § 8 UWG hat der Verband sozialer Wettbewerb einen Unterlassungsanspruch gegen denjenigen, der gegen die Vorschriften des HWG verstößt.

Sachverhalt und Urteil

Der Verband sozialer Wettbewerb klagte vor dem Landgericht München I gegen die Betreiber einer Internetseite, „Q“, die damit wirbt, bei Fragen zu gesundheitlichen Themen mit „über 80 Experten“ zur Verfügung zu stehen. Das Landgericht gab dem Verband Recht und verurteilte „Q“ unter Androhung eines Ordnungsgeldes zur Unterlassung der wettbewerbswidrigen Werbung (17 HK O 20640/11).

Dagegen legten die Websitebetreiber vor dem Oberlandesgericht München Berufung ein.
Die Beklagten bestritten sowohl das Vorliegen einer als Werbung einzustufenden geschäftlichen Handlung als auch generell die Durchführung von Fernbehandlungen. Die Antworten der teilnehmenden Ärzte seien keinesfalls konkret genug um eine individuelle Gesundheitsberatung darzustellen.

Das Oberlandesgericht München wies in seinem Urteil vom 02.08.2012 die Berufung ab und bestätigte das vorinstanzliche Urteil.

Die Anlagen zeigten deutlich, dass in dem Forum konkrete Fragen von Ärzten beantwortet wurden, beispielsweise wurde in einem Fall die Diagnose gestellt, dass bei den von einem User geschilderten Symptomen Durchblutungsstörungen unwahrscheinlich seien.

Auch durch das Grundrecht auf Pressefreiheit aus Artikel 5 I Grundgesetz seien die Werbeaussagen des Beklagten nicht gerechtfertigt, da Artikel 5 I seine Grenzen in allgemeinen Gesetzen wie dem HWG findet. Zwar soll das HWG insofern verfassungsfreundlich ausgelegt werden, als dass nur solche Werbemaßnahmen verboten sein sollen, die tatsächlich zu Gesundheitsgefährdungen führen können, dies sahen die Richter des OLG hier allerdings als gegeben an. Durch die Werbung mit einem Expertenrat werden Patienten womöglich von einem dringenden Arztbesuch abgehalten.
Das Vorliegen von Werbung sahen die Richter hierin bereits in den Hinweisen von „Q“ auf deren eigenes Angebot.

Fazit

Die Münchner Richter antworten mit ihrem Urteil in korrekter Art und Weise auf ein Problem, das viele Ärzte scharf anprangern. Viel zu häufig werden Symptome gegoogelt oder Ärzte online befragt, weil sich Patienten den Gang zum Arzt oder auch die Praxisgebühr sparen möchten. Ferndiagnosen und Fernbehandlungen ohne persönliche Anamnese oder sonstige Tests sind jedoch in den seltensten Fällen wirklich möglich und daher ist es auch nach dem Heilmittelwerbegesetz zu Recht verboten, für solche Angebote zu werben.

Zu dem gleichen Ergebnis kam auch das Landgericht Köln am 8.11.2011, als es die Domain „gesundheitsberatung.de“ zur Unterlassung unzulässiger Fernbehandlungen verurteilte (Az. 81 O 56/11).


OLG München, Urteil vom 02.08.2012, Az. 29 U 1471/12

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