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Gebraucht-Handel mit Software ohne Originaldatenträger

EuGH, Urteil vom 12.10.2016, Az. C-166/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Der Fall, der dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt wurde, wurde in der ersten Instanz vom zuständigen Gericht in Lettland entschieden. Vom Sachverhalt her ging es bei dem Fall um die Anfertigung von Sicherheitskopien auf der Basis von Originalsoftware der Software Firma Microsoft. Die wegen Urheberrechtsverletzung verurteilten Personen aus Lettland verkauften dabei auf ebay Sicherheitskopien von Originalsoftware, die vom Software Hersteller Microsoft herausgegeben wurde. Bei den auf ebay verkauften Sicherheitskopien handelte es sich um Kopien, die von den Personen selbst kopiert wurden. Zu der Originalsoftware wurde die Angabe gemacht, dass diese entweder beschädigt oder verloren gegangen seien.
 
Das mit dem Vorgang befasste Gericht in Lettland wertete das Handeln der Personen, die die Sicherungskopien auf ebay anboten, als Taten einer kriminellen Vereinigung. Grundsätzlich liegt nach dem Urheberrecht ein ausschließliches Vervielfältigungsrecht bei dem Urheberrechtsinhaber. Die Zulässigkeit der Anfertigung von Sicherungskopien musste daher durch Auslegung vom EuGH genauer ausgelegt werden.
 
Der EuGH hat sich dahingehend geäußert, dass diese Auslegung sehr eng gefasst werden muss, um die Rechte des Urheberrechteinhabers ausreichend zu schützen. Voraussetzung für die Berechtigung, ausnahmsweise vom Vervielfältigungsrecht des Urheberrechtsinhabers gelöst, dass ein Erwerber von Originalsoftware von dieser selbst angefertigte Sicherungskopien nutzen kann, ist, dass die Originalsoftware beschädigt oder zerstört worden ist. In diesem Fall darf der Ersterwerber - und nur dieser - angefertigte Sicherungskopien zu dem Zweck verwenden, dass der Ersterwerber diese weiterhin im lizensierten Zweck benutzen kann. Unbestritten ist, dass jeder rechtmäßige Eigentümer der Originalsoftware diese jederzeit weiterverkaufen darf. Dieses Recht zum Weiterverkauf gilt folglich ausdrücklich nicht nur für den Ersterwerber, sondern auch für jeden weiteren Erwerber, der die Originalsoftware in der Folge vom Erst- oder Zweiterwerber kauft. Wichtig ist allein, dass es sich bei der angebotenen Software um die Originalsoftware handelt. Sicherungskopien dürfen in keinem Fall verkauft werden, auch nicht vom rechtmäßigen Besitzer. Im vorliegenden Fall aus Lettland handelt es sich somit in jedem Fall um einen illegalen Verkauf, da ausschließlich Sicherungskopien verkauft werden sollten. Ob die Originalsoftware wirklich rechtmäßig erworben worden ist und ob diese in der Folge beschädigt oder zerstört wurde, so dass es zur Verwendung der Sicherungskopien kommen musste, spielt hierbei keine Rolle, da der Verkauf von Sicherungskopien eben generell einen Verstoß gegen das besonders geschützte exklusive Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers darstellt.
 
Auch nach der EuGH-Entscheidung ist der Verkauf der Originalsoftware auch aus zweiter, dritter und mehrfacher Hand aufgrund der Lizenz zur unbefristeten Nutzung der Originalsoftware nicht eingeschränkt.

EuGH, Urteil vom 12.10.2016, Az. C-166/15

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