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Fristverlängerung bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz - Ein Leitfaden

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten an einem Freitagabend eine Abmahnung. Die Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung endet bereits am Montagmorgen um 9:00 Uhr. Ein ganzes Wochenende bleibt Ihnen also, um eine rechtliche Einschätzung vorzunehmen, eine Entscheidung zu treffen und gegebenenfalls eine Unterlassungserklärung zu formulieren. Doch während Sie versuchen, sich einen Überblick zu verschaffen, sind Anwaltskanzleien geschlossen, Experten nicht erreichbar – und die Zeit läuft gnadenlos ab.

Genau solche Konstellationen haben bereits mehrfach die Gerichte beschäftigt. Wird eine Abmahnung zu einem Zeitpunkt verschickt, der dem Abgemahnten faktisch keine realistische Möglichkeit zur Prüfung gibt, kann eine Fristverlängerung gerechtfertigt sein.

Doch was gilt als unangemessen kurz? Und in welchen Fällen kann eine Fristverlängerung verlangt werden? In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf die rechtlichen Grenzen zu kurzer Fristsetzungen, welche Urteile hierzu existieren und welche Rechte Abgemahnte tatsächlich haben.

 

Übersicht:

Warum sind die Fristen bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz kurz?
Wann ist die gesetzte Frist angemessen?
Muss der Abmahner die Frist verlängern?
Ist die Abmahnung bei zu kurzen Fristen unwirksam?
Habe ich einen Anspruch auf Fristverlängerung?
Beispiele für berechtigte Gründe für eine Fristverlängerung
Beispiele für zu kurze Fristen

 

Warum sind die Fristen bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz kurz?

Die kurzen Fristen bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz (z. B. im Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht oder Designrecht) sind kein Zufall, sondern haben sowohl rechtliche als auch praktische Gründe. Sie ergeben sich aus der Natur der Abmahnung als außergerichtliches Instrument zur Streitbeilegung, dem Erfordernis der Dringlichkeit für einstweilige Verfügungen und der Absicht, eine zügige Beseitigung der Rechtsverletzung zu erreichen. Nachfolgend werden die wichtigsten Gründe für die kurzen Fristen erläutert.

1. Die Abmahnung dient der schnellen und kosteneffizienten Streitbeilegung

Der Hauptzweck einer Abmahnung ist es, eine festgestellte Rechtsverletzung außergerichtlich und möglichst kostengünstig zu beseitigen. Würde der Gläubiger sofort ein Gerichtsverfahren anstrengen, entstünden nicht nur erheblich höhere Kosten für beide Parteien, sondern auch eine unnötige Belastung der Justiz. Durch eine Abmahnung erhält der Abgemahnte die Möglichkeit, die Rechtsverletzung freiwillig einzustellen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, bevor es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt.

Die Rechtsprechung erkennt die Abmahnung daher als ein legitimes Mittel zur Wahrung der Interessen des Gläubigers an. Tatsächlich wird sie von Gerichten nicht als Schikane, sondern als eine Art „Wohltat“ für den Abgemahnten angesehen, da sie diesem die Möglichkeit gibt, eine Eskalation zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2022 – I ZR 13/22, Rn. 21).

2. Erfordernis der Dringlichkeit für einstweilige Verfügungen

Eine entscheidende Rolle für die kurzen Fristen spielt das Erfordernis der Dringlichkeit im Zusammenhang mit einstweiligen Verfügungen. In Fällen des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere im Wettbewerbs- oder Markenrecht, kann der Gläubiger seine Unterlassungsansprüche im Eilverfahren durchsetzen.

Damit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolgreich ist, muss eine besondere Eilbedürftigkeit (Dringlichkeit) vorliegen. Gerichte setzen für diese Dringlichkeit strenge Maßstäbe an.

  • Einige Gerichte gehen davon aus, dass eine einstweilige Verfügung nur innerhalb eines Monats nach Kenntnis der Rechtsverletzung beantragt werden darf.
  • Andere Instanzen gestatten ein etwas längeres Zeitfenster von sechs bis acht Wochen.

Wenn der Gläubiger also nicht zügig handelt und dem Abgemahnten eine längere Frist zur Reaktion einräumt, riskiert er, dass das Gericht im Falle eines späteren Antrags auf einstweilige Verfügung die Dringlichkeit verneint. Dadurch bleibt ihm dann nur noch das langwierige und kostspieligere Hauptsacheverfahren.

3. Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen

Im gewerblichen Rechtsschutz ist es oft entscheidend, dass eine rechtsverletzende Handlung umgehend gestoppt wird, um weitere Schäden zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für den unlauteren Wettbewerb oder markenrechtliche Verstöße, bei denen ein längerer Fortbestand der Rechtsverletzung zu erheblichem wirtschaftlichem Schaden führen kann. Eine längere Reaktionsfrist könnte dazu führen, dass sich die unzulässige Werbung weiterverbreitet, gefälschte Markenprodukte weiter verkauft oder urheberrechtlich geschützte Werke weiterhin unerlaubt genutzt werden.

Die kurzen Fristen bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz resultieren daher aus der Notwendigkeit, Rechtsverletzungen schnell zu beseitigen, die Dringlichkeit für einstweilige Verfügungen zu wahren und gerichtliche Verfahren zu vermeiden. Sie sind daher keine reine Schikane des Abmahners, sondern haben eine klare rechtliche und praktische Funktion. Wer eine Abmahnung erhält, sollte daher umgehend handeln, um keine rechtlichen Nachteile zu erleiden.

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Wann ist die gesetzte Frist angemessen?

Die Angemessenheit der in einer Abmahnung gesetzten Frist hängt maßgeblich vom Einzelfall ab. Eine allgemeingültige Regel gibt es nicht, da sich die Frist nach der Art der Rechtsverletzung, der Dringlichkeit der Sache und den Umständen des Abmahners und des Abgemahnten richtet. Dennoch haben sich in der Rechtsprechung gewisse Richtwerte herausgebildet, die für eine angemessene Fristsetzung herangezogen werden können.

1. Grundsatz: Die Frist muss dem Abgemahnten ausreichend Zeit zur Prüfung geben

Ein wesentlicher Grundsatz ist, dass dem Abgemahnten eine realistische Möglichkeit eingeräumt werden muss, die Rechtslage zu prüfen und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einzuholen. Wird eine zu kurze Frist gesetzt, kann dies zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen (dazu mehr im nächsten Abschnitt). Entscheidend ist die Zeitspanne ab Zugang der Abmahnung – nicht der Zeitpunkt der Versendung.

Die Anforderungen an die Fristdauer sind dabei unterschiedlich hoch, abhängig davon:

  • Wie komplex die rechtliche Prüfung ist: Ein einfach gelagerter Fall erfordert eine kürzere Frist als ein Fall mit komplexen wettbewerbs- oder markenrechtlichen Fragestellungen.
  • Ob eine einstweilige Verfügung droht: Ist schnelles Handeln notwendig, kann die Frist kürzer sein.
  • Ob der Abgemahnte anwaltlichen Rat benötigt: Das Recht auf anwaltliche Beratung muss durch die Frist gewahrt bleiben.

Die Gerichte haben hierzu verschiedene Leitlinien entwickelt.

2. Typische Fristen in der Rechtsprechung

a) Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen

Im Wettbewerbsrecht geht die Rechtsprechung regelmäßig von einer Frist von einer Woche bis zehn Tagen aus. Diese Frist gilt als ausreichend, um auf die Abmahnung zu reagieren, eine Stellungnahme abzugeben und ggf. eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu prüfen.

  • OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014 – 4 U 121/13: Eine Woche Frist für eine Reaktion auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist grundsätzlich angemessen.
  • OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.03.2004 – 2 W 44/03: Fristen zwischen sieben und zehn Tagen sind üblich und ausreichend.

b) Markenrechtliche und urheberrechtliche Abmahnungen

Im Marken- und Urheberrecht gelten oft etwas längere Fristen als im Wettbewerbsrecht, da die Sachverhalte häufig komplexer sind und eine eingehendere Prüfung erfordern.

  • Markenrechtliche Abmahnungen: Hier sind Fristen zwischen zehn Tagen und zwei Wochen üblich.
  • Urheberrechtliche Abmahnungen: In Fällen von unzulässigen Nutzungen von Bildern oder Texten werden oft Fristen von ein bis zwei Wochen gesetzt. Dies soll dem Abgemahnten Zeit geben, die Berechtigung zur Nutzung des Werkes zu prüfen.

c) Besonders eilbedürftige Fälle – extrem kurze Fristen

In Situationen, in denen eine akute Rechtsverletzung bevorsteht oder sich weiter ausdehnt, können außergewöhnlich kurze Fristen zulässig sein.
Beispiele:

  • Messeauftritte mit gefälschten Markenprodukten: Wenn etwa ein Unternehmen gefälschte Markenprodukte auf einer nur wenige Tage dauernden Messe ausstellt, kann eine Abmahnung mit einer Reaktionsfrist von wenigen Stunden oder einem Tag zulässig sein.
  • Persönlichkeitsrechtsverletzungen in der Presse oder sozialen Medien: Ist eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung veröffentlicht worden, etwa durch rufschädigende oder ehrverletzende Inhalte, kann eine sehr kurze Frist gerechtfertigt sein, um die weitere Verbreitung zu verhindern.

Die Gerichte verlangen in solchen Fällen jedoch, dass der Abmahner seinerseits schnell gehandelt hat. Hat er beispielsweise nach Kenntnis der Rechtsverletzung mehrere Tage gewartet, kann er nicht verlangen, dass der Abgemahnte innerhalb weniger Stunden reagiert.

Die Angemessenheit der Frist hängt somit stark vom Einzelfall ab. Während in den meisten wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen eine Frist von einer Woche bis zehn Tagen als ausreichend gilt, sind in marken- oder urheberrechtlichen Streitigkeiten oft ein bis zwei Wochen erforderlich. In eilbedürftigen Fällen kann die Frist jedoch auf wenige Stunden verkürzt werden.

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Muss der Abmahner die Frist verlängern?

Die Frage, ob der Abmahner verpflichtet ist, die in einer Abmahnung gesetzte Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung zu verlängern, ist von entscheidender Bedeutung für Abgemahnte. Grundsätzlich hat der Abmahner das Recht, eine angemessene Frist zu setzen. Allerdings gibt es Umstände, unter denen eine Verlängerung erforderlich oder zumindest ratsam sein kann.

1. Grundsatz: Keine generelle Verpflichtung zur Fristverlängerung

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Abmahner grundsätzlich nicht verpflichtet, eine einmal gesetzte Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlängern. Das bedeutet, dass der Abgemahnte die gesetzte Frist ernst nehmen und nicht darauf vertrauen sollte, dass eine Verlängerung gewährt wird.

Rechtsprechung:

  • BGH, Urteil vom 22.01.2009 – I ZR 139/07 („Fristenbestimmung in Abmahnungen“)

Dem Abgemahnten steht es frei, um eine Fristverlängerung zu bitten, jedoch kann der Abmahner diese ablehnen, sofern die gesetzte Frist als angemessen anzusehen ist.

  • OLG Hamburg, Beschluss vom 27.06.2017 – 5 W 55/17

Eine Verpflichtung zur Fristverlängerung besteht nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die dem Abgemahnten eine sachgerechte Prüfung innerhalb der ursprünglichen Frist unmöglich machen.

Daraus folgt, dass eine Fristverlängerung in der Regel eine Ermessensentscheidung des Abmahners ist. Dennoch gibt es Ausnahmen, bei denen eine Verlängerung geboten sein kann.

2. Wann muss der Abmahner eine Fristverlängerung gewähren?

In bestimmten Fällen kann es unzumutbar sein, auf einer kurzen Frist zu bestehen. Insbesondere, wenn die ursprüngliche Frist unangemessen kurz ist oder besondere Umstände vorliegen, kann der Abgemahnte eine Verlängerung verlangen.

a) Wenn die Frist objektiv unangemessen kurz ist

Wenn die gesetzte Frist so kurz bemessen ist, dass dem Abgemahnten eine sachgerechte Prüfung der Rechtslage nicht möglich ist, kann eine Verlängerung geboten sein. In der Rechtsprechung gibt es mehrere Fälle, in denen eine Verlängerung als erforderlich angesehen wurde:

Eine zu knapp bemessene Frist setzt den Abgemahnten unbillig unter Druck und kann dazu führen, dass die Abmahnung ihre Rechtswirksamkeit verliert.

  • LG München I, Urteil vom 17.07.2008 – 7 O 8506/08

Ein Abmahner kann sich nicht auf die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung berufen, wenn er dem Abgemahnten eine objektiv zu kurze Frist setzt.

Hieraus ergibt sich: Wird eine unangemessen kurze Frist gesetzt, kann der Abmahner verpflichtet sein, eine Verlängerung zu gewähren. Andernfalls könnte die Abmahnung als missbräuchlich gewertet werden.

b) Wenn der Abgemahnte triftige Gründe für eine Verlängerung hat

Auch wenn die Frist an sich angemessen ist, kann es Umstände geben, die eine Fristverlängerung rechtfertigen. Dazu zählen insbesondere:

  • Notwendigkeit anwaltlicher Beratung
    Ein Abgemahnter, der nicht über die erforderlichen juristischen Kenntnisse verfügt, hat grundsätzlich das Recht, sich anwaltlich beraten zu lassen. Ist es ihm innerhalb der gesetzten Frist nicht möglich, eine fundierte rechtliche Prüfung vorzunehmen, kann dies ein berechtigter Grund für eine Fristverlängerung sein.
    (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2020 – I-20 W 71/20)
  • Komplexität der Abmahnung
    Bei komplexen wettbewerbsrechtlichen, markenrechtlichen oder urheberrechtlichen Fragestellungen kann die Prüfung der Abmahnung erheblichen Zeitaufwand erfordern. Insbesondere, wenn mehrere rechtliche Fragen betroffen sind, kann eine Verlängerung erforderlich sein.
    (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.11.2019 – 2 W 63/19)

c) Wenn der Abmahner selbst verzögert gehandelt hat

Ein Abmahner kann sich nicht auf eine kurzfristige Fristsetzung berufen, wenn er selbst nach Kenntnis der Rechtsverletzung längere Zeit untätig geblieben ist. In solchen Fällen kann eine starre Ablehnung der Fristverlängerung als rechtsmissbräuchlich gewertet werden.

3. Wann darf der Abmahner eine Fristverlängerung verweigern?

Es gibt auch Fälle, in denen eine Verlängerung nicht erforderlich ist und der Abmahner die Bitte um Fristverlängerung ablehnen kann:

  • Wenn der Abgemahnte taktisch auf Zeit spielt
    Wenn der Abgemahnte die Fristverlängerung nur dazu nutzt, um den Verstoß weiter zu begehen oder das Verfahren hinauszuzögern, kann der Abmahner eine Verlängerung verweigern.
    (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 08.01.2021 – 6 U 53/20)

„Der Abmahner ist nicht verpflichtet, eine Fristverlängerung zu gewähren, wenn er glaubhaft machen kann, dass der Abgemahnte durch Verzögerung seine Marktstellung zu Lasten des Abmahners zu sichern versucht.“

  • Wenn eine einstweilige Verfügung beantragt werden soll
    Ist der Abmahner darauf angewiesen, schnell eine einstweilige Verfügung zu beantragen, kann er eine Verlängerung verweigern, wenn dies die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags gefährden würde.
    (vgl. OLG München, Urteil vom 12.05.2021 – 29 U 84/21)

„Eine Fristverlängerung ist dann entbehrlich, wenn die Gefahr besteht, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung durch Zeitablauf seinen Zweck verfehlt.“

Der Abmahner ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, eine gesetzte Frist zu verlängern. Allerdings gibt es Fälle, in denen eine Verlängerung geboten oder sogar erforderlich ist – insbesondere, wenn die ursprüngliche Frist unangemessen kurz war oder der Abgemahnte triftige Gründe für eine Verlängerung vorbringen kann. Wer eine Fristverlängerung beantragen möchte, sollte dies gut begründen und nachweisen, warum die ursprüngliche Frist nicht ausreicht. Andererseits kann der Abmahner eine Verlängerung verweigern, wenn der Abgemahnte offensichtlich nur auf Zeit spielt oder eine einstweilige Verfügung gefährdet wäre.

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Ist die Abmahnung bei zu kurzen Fristen unwirksam?

Die Frage, ob eine Abmahnung unwirksam wird, wenn die gesetzte Frist zu kurz ist, ist in der Rechtsprechung diskutiert worden. Grundsätzlich führt eine unangemessen kurze Frist jedoch nicht automatisch zur Unwirksamkeit der gesamten Abmahnung, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen rechtliche Konsequenzen für den Abmahner haben.

1. Grundsatz: Eine zu kurze Frist macht die Abmahnung nicht per se unwirksam

Nach gefestigter Rechtsprechung bleibt eine Abmahnung auch dann wirksam, wenn die gesetzte Frist unangemessen kurz ist. Die Abmahnung erfüllt weiterhin ihren Zweck, nämlich die Möglichkeit zu bieten, eine außergerichtliche Streitbeilegung herbeizuführen. Allerdings hat eine zu kurze Frist für den Abmahner gewisse Nachteile.

Rechtsprechung

  • BGH, Urteil vom 06.02.1997 – I ZR 36/95 („Fristen in Abmahnungen“)

Die Wirksamkeit einer Abmahnung hängt nicht von der Angemessenheit der gesetzten Frist ab. Eine zu kurze Frist führt nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung, sondern gewährt dem Abgemahnten lediglich die Möglichkeit, die Unterlassungserklärung auch noch nach Fristablauf abzugeben, ohne rechtliche Nachteile befürchten zu müssen.

  • OLG Hamm, Urteil vom 20.02.2018 – 4 U 20/17

Ist die in der Abmahnung gesetzte Frist unangemessen kurz, kann sich der Abmahner nicht auf eine Fristversäumnis berufen. Die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung bleibt auch nach Ablauf der unangemessenen Frist fristwahrend.

Daraus folgt: Eine zu kurze Frist führt nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung, hat aber zur Folge, dass die Fristüberschreitung dem Abmahner nicht zum Vorteil gereicht. Der Abgemahnte kann seine Unterlassungserklärung auch nach Fristablauf noch wirksam abgeben.

2. Auswirkungen einer zu kurzen Frist für den Abmahner

Auch wenn eine unangemessen kurze Frist die Abmahnung nicht unwirksam macht, kann sie erhebliche negative Folgen für den Abmahner haben:

a) Kein Anspruch auf einstweilige Verfügung bei unangemessen kurzer Frist

Eine der größten Gefahren für den Abmahner besteht darin, dass ein Gericht den Antrag auf einstweilige Verfügung wegen fehlender Dringlichkeit ablehnt, wenn die Frist zu kurz bemessen wurde.

Das bedeutet: Der Abmahner riskiert, dass er seinen Anspruch nicht mehr im Eilverfahren durchsetzen kann und stattdessen ein reguläres Hauptsacheverfahren führen muss, das zeit- und kostenaufwändiger ist.

b) Risiko des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 4 UWG)

Wenn eine extrem kurze Frist nur gesetzt wird, um den Abgemahnten unter Druck zu setzen oder eine gerichtliche Auseinandersetzung zu provozieren, kann die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden.

  • BGH, Urteil vom 30.01.2020 – I ZR 55/19 („Missbräuchliche Abmahnungen“)

Eine Abmahnung kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn die gesetzte Frist in einer Weise unangemessen kurz ist, die den Eindruck erweckt, dass es dem Abmahner weniger um die Unterbindung der Rechtsverletzung als vielmehr um die Generierung von Gebühren geht.

Folge eines solchen Rechtsmissbrauchs ist, dass der Abmahner keinen Anspruch auf Erstattung seiner Abmahnkosten hat und möglicherweise sogar schadensersatzpflichtig wird.

3. Wann kann eine zu kurze Frist doch zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen?

Es gibt Konstellationen, in denen eine zu kurze Frist tatsächlich zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen kann:

a) Wenn der Abgemahnte gar nicht reagieren konnte

Wenn eine Frist so kurz ist, dass eine Reaktion objektiv unmöglich war (z. B. Fristablauf am Wochenende, während einer Urlaubsabwesenheit oder wenn die Abmahnung erst nach Fristablauf zugeht), kann dies dazu führen, dass die Abmahnung als unzulässig angesehen wird.

  • LG München I, Urteil vom 17.07.2008 – 7 O 8506/08

Eine Abmahnung ist unwirksam, wenn sie eine Frist setzt, die es dem Abgemahnten faktisch unmöglich macht, innerhalb der Frist zu reagieren.

b) Wenn der Abmahner selbst verzögert gehandelt hat

Hat der Abmahner nach Kenntnis der Rechtsverletzung längere Zeit gewartet und dann eine extrem kurze Frist gesetzt, kann dies zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen.

  • BGH, Urteil vom 04.02.2010 – I ZR 142/08 („Verwirkung bei Wettbewerbsverletzungen“)

Ein Abmahner, der selbst wochenlang zuwartet, kann keine Dringlichkeit mehr geltend machen und kann sich nicht darauf berufen, dass eine extrem kurze Frist erforderlich sei.

Eine zu kurze Frist führt somit nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Der Abgemahnte kann seine Unterlassungserklärung auch nach Fristablauf noch wirksam abgeben. Allerdings bringt eine unangemessen kurze Frist erhebliche Risiken für den Abmahner mit sich, insbesondere hinsichtlich des Anspruchs auf eine einstweilige Verfügung und der Gefahr einer Einstufung als rechtsmissbräuchlich. In Extremfällen, etwa wenn eine Reaktion faktisch unmöglich ist oder der Abmahner selbst verzögert gehandelt hat, kann eine zu kurze Frist sogar zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen.

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Habe ich einen Anspruch auf Fristverlängerung?

Ob ein Abgemahnter einen rechtlichen Anspruch auf eine Fristverlängerung hat, hängt von mehreren Faktoren ab. Grundsätzlich kann der Abmahner die Frist eigenständig festlegen und ist nicht verpflichtet, eine Verlängerung zu gewähren. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine unangemessen kurze Frist oder besondere Umstände eine Verlängerung erforderlich machen. Die Rechtsprechung hat hierzu verschiedene Kriterien entwickelt.

1. Grundsatz: Kein allgemeiner Anspruch auf Fristverlängerung

Grundsätzlich besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Fristverlängerung. Die Fristsetzung in einer Abmahnung ist Teil der außergerichtlichen Streitbeilegung und liegt im Ermessen des Abmahners. Eine Verlängerung kann daher nur auf Kulanz gewährt werden oder wenn besondere Umstände vorliegen.

Rechtsprechung:

Der Abmahner kann grundsätzlich frei bestimmen, welche Frist er setzt, solange sie nicht objektiv unangemessen kurz ist.

Eine Fristverlängerung kann nicht verlangt werden, wenn die gesetzte Frist angemessen ist und dem Abgemahnten ausreichend Gelegenheit zur rechtlichen Prüfung bleibt.

Diese Urteile bestätigen, dass der Abmahner nicht per se verpflichtet ist, eine Fristverlängerung zu gewähren.

2. Wann besteht ein Anspruch auf Fristverlängerung?

Ein Anspruch auf Fristverlängerung kann sich in bestimmten Fällen aus den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder dem Rechtsmissbrauchsverbot (§ 8 Abs. 4 UWG) ergeben. Das bedeutet, dass eine Verlängerung dann geboten sein kann, wenn eine zu kurze Frist dem Abgemahnten die sachgerechte Prüfung der Abmahnung unmöglich macht.

a) Wenn die ursprüngliche Frist unangemessen kurz ist

Eine Frist, die dem Abgemahnten keine realistische Möglichkeit gibt, sich mit dem Fall auseinanderzusetzen oder anwaltlichen Rat einzuholen, kann als unangemessen kurz angesehen werden. In diesem Fall kann eine Verlängerung erforderlich sein.

Rechtsprechung:

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2020 – I-20 W 71/20

Eine Frist von weniger als 24 Stunden zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist regelmäßig unzulässig.

Folge: Ist die Frist deutlich unter der üblichen Zeitspanne (z. B. nur 24 Stunden), kann eine Verlängerung erforderlich sein. In wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen sind eine Woche bis zehn Tage üblich (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014 – 4 U 121/13).

b) Wenn die Abmahnung besonders komplex ist

Bei rechtlich besonders komplexen Abmahnungen kann eine kurze Frist nicht ausreichen, um die Sachlage zu prüfen und eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Beispiel:
Eine einfache wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen einer unzulässigen Werbeaussage kann schneller geprüft werden als eine umfangreiche markenrechtliche Abmahnung mit mehreren Unterlassungsansprüchen.

c) Wenn besondere Umstände vorliegen (z. B. Krankheit oder Urlaub)

Wenn der Abgemahnte nachweisen kann, dass er objektiv nicht in der Lage war, innerhalb der gesetzten Frist zu reagieren, kann eine Fristverlängerung geboten sein.

Beispiel:
Ein Unternehmer erhält während einer zweiwöchigen Geschäftsreise eine Abmahnung mit einer Frist von drei Tagen. In einem solchen Fall kann eine Fristverlängerung gefordert werden.

d) Wenn der Abmahner selbst verzögert gehandelt hat

Ein Abmahner, der lange mit der Abmahnung gewartet hat, kann sich nicht auf eine extrem kurze Frist berufen.

Folge: Hat der Abmahner selbst verzögert gehandelt, kann der Abgemahnte eine angemessene Fristverlängerung verlangen.

3. Wann kann eine Fristverlängerung verweigert werden?

Nicht in jedem Fall ist eine Fristverlängerung gerechtfertigt. Der Abmahner kann eine Verlängerung insbesondere verweigern, wenn:

  • Der Abgemahnte taktisch auf Zeit spielt oder die Frist nur hinauszögern möchte.
    Eine einstweilige Verfügung beantragt werden soll und eine Verlängerung die Dringlichkeit gefährdet.
    Der Abgemahnte sich ohne substantielle Gründe auf eine Verlängerung beruft.

Folge: Eine Fristverlängerung sollte nur mit einer guten Begründung beantragt werden.

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Beispiele für berechtigte Gründe für eine Fristverlängerung

In bestimmten Fällen kann eine Fristverlängerung gerechtfertigt sein, wenn der Abgemahnte objektiv nicht in der Lage ist, die Abmahnung innerhalb der gesetzten Frist sachgerecht zu prüfen und zu reagieren. Allerdings gibt es klare Grenzen – insbesondere für Unternehmen, die verpflichtet sind, eine Organisationsstruktur zu schaffen, die auch in Abwesenheitszeiten eine Reaktion auf dringende rechtliche Angelegenheiten ermöglicht. Nachfolgend sind Beispiele für berechtigte und nicht berechtigte Gründe für eine Fristverlängerung aufgeführt.


1. Berechtigte Gründe für eine Fristverlängerung

a) Urlaub oder Krankenhausaufenthalt bei Privatpersonen

Privatpersonen unterliegen keiner besonderen Organisationspflicht und können sich daher auf unvorhersehbare Abwesenheiten berufen. Wird eine Abmahnung während eines Urlaubs oder Krankenhausaufenthalts zugestellt, kann dies ein berechtigter Grund für eine Fristverlängerung sein.

Rechtsprechung:

  • OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2009 – Az. 4 W 59/08

Während Privatpersonen nicht verpflichtet sind, organisatorische Vorkehrungen zur Bearbeitung von Abmahnungen während eines Urlaubs zu treffen, besteht eine solche Verpflichtung für Unternehmen.

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2023 – Az. I-20 W 36/23

Eine Frist von dreieinhalb Tagen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ist unangemessen kurz, insbesondere wenn der Abgemahnte wegen Krankheit oder Urlaub an einer rechtzeitigen Reaktion gehindert war.

Beispiel: Eine Privatperson erhält eine urheberrechtliche Abmahnung wegen Filesharing, während sie sich auf einer längeren Reise im Ausland befindet und erst nach ihrer Rückkehr davon erfährt. Hier kann eine Fristverlängerung verlangt werden.

b) Verspätete Zustellung oder verspätete Kenntnisnahme

Wenn eine Abmahnung erst kurz vor Ablauf der gesetzten Frist zugestellt wird oder aus anderen Gründen erst verspätet zur Kenntnis genommen wird, kann dies eine Verlängerung rechtfertigen.

Rechtsprechung:

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2023 – Az. I-20 W 36/23

Wird eine Abmahnung erst kurz vor Fristablauf zugestellt, sodass keine realistische Möglichkeit zur anwaltlichen Prüfung besteht, kann eine Fristverlängerung berechtigt sein.

Beispiel: Die Abmahnung wird per Post zugestellt, doch der Empfänger ist für einige Tage nicht erreichbar, weil er geschäftlich verreist ist. Eine Verlängerung der Frist wäre in diesem Fall angebracht.

c) Komplexität des Sachverhalts

Ist die Abmahnung besonders umfangreich oder erfordert sie eine intensive juristische Prüfung, kann eine Fristverlängerung gerechtfertigt sein.

Rechtsprechung:

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2023 – Az. I-20 W 36/23

In komplexen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ist eine Verlängerung erforderlich, wenn die Frist eine angemessene rechtliche Prüfung unmöglich macht.

Beispiel: Eine Abmahnung wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes umfasst mehrere unterschiedliche Vorwürfe, die eine umfassende rechtliche Prüfung erfordern.

2. Keine berechtigten Gründe für eine Fristverlängerung

a) Arbeitsüberlastung oder Urlaubsabwesenheit des Rechtsanwalts

Ein überlasteter oder abwesender Anwalt ist kein Grund für eine Fristverlängerung. Der Abgemahnte hat dafür Sorge zu tragen, dass er rechtzeitig rechtlichen Beistand erhält.

Rechtsprechung:

  • OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2009 – Az. 4 W 59/08

Die Arbeitsüberlastung eines Anwalts oder seine Abwesenheit während eines Urlaubs ist kein berechtigter Grund für eine Fristverlängerung.

Beispiel: Der Abgemahnte kann innerhalb der gesetzten Frist keinen Termin bei seinem Anwalt bekommen, weil dieser im Urlaub ist. Hier ist der Abgemahnte verpflichtet, sich anderweitig juristische Hilfe zu suchen.

b) Längere Abwesenheit des Geschäftsführers eines Unternehmens

Unternehmen sind verpflichtet, eine interne Organisation sicherzustellen, die auch während Abwesenheiten eine Bearbeitung dringender Rechtsangelegenheiten ermöglicht.

Rechtsprechung:

  • OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2009 – Az. 4 W 59/08

Der Geschäftsführer eines Unternehmens hat für die Dauer seiner Abwesenheit sicherzustellen, dass innerhalb eines Zeitraums von einer Woche dringende Entscheidungen durch einen Vertreter getroffen werden können.

Beispiel: Der Geschäftsführer eines Unternehmens ist auf einer Geschäftsreise und die Abmahnung kann daher nicht bearbeitet werden. Dies ist kein Grund für eine Fristverlängerung, da ein Vertreter die Angelegenheit übernehmen kann.

c) Keine Reaktion auf die Fristverlängerungsbitte durch die abmahnende Kanzlei

Wer eine Fristverlängerung beantragt, aber keine Antwort erhält, kann sich nicht darauf verlassen, dass die Frist automatisch verlängert wird.

Rechtsprechung:

  • OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.11.2016 – Az. 6 W 101/16

Wird eine Fristverlängerung beantragt, ohne dass eine Antwort erfolgt, bleibt die gesetzte Frist dennoch verbindlich.

Beispiel: Ein Abgemahnter beantragt eine Verlängerung der Frist per E-Mail, erhält aber keine Rückmeldung. Er kann sich nicht darauf berufen, dass die Frist verlängert wurde.

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Beispiele für zu kurze Fristen

Nicht jede in einer Abmahnung gesetzte Frist ist automatisch angemessen. In der Rechtsprechung gibt es zahlreiche Entscheidungen, die zeigen, wann eine Frist als zu kurz bemessen und damit unangemessen angesehen wird. Dabei kommt es auf verschiedene Faktoren an, darunter die Art der Rechtsverletzung, die Möglichkeit einer schnellen Prüfung durch den Abgemahnten und die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung. Nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis.

1. Extrem kurze Fristen – wenige Stunden oder ein Tag

Besonders problematisch sind Abmahnungen, die extrem kurze Fristen setzen – insbesondere, wenn die Frist außerhalb der üblichen Geschäftszeiten beginnt oder endet.

a) Drei Stunden Frist nach Geschäftsschluss

In einem Fall verlangte der Abmahner, dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bis 12:00 Uhr des Folgetages abgegeben wird, obwohl die Abmahnung erst um 20:00 Uhr zugestellt wurde. Aufgrund der üblichen Geschäftszeiten des Senders ergab sich eine faktische Reaktionsfrist von nur drei Stunden.

Rechtsprechung:

Eine faktische Reaktionsfrist von drei Stunden ist unangemessen kurz, wenn keine besondere Eilbedürftigkeit gegeben ist und eine kurzfristige Wiederholung der Rechtsverletzung nicht zu erwarten ist.

Beispiel: Ein Fernsehsender erhält eine Abmahnung um 20:00 Uhr mit der Aufforderung, bis zum nächsten Morgen um 12:00 Uhr eine Unterlassungserklärung abzugeben. Da der Beitrag keine akute Gefahr darstellt, ist die Frist zu kurz.

2. Zwei bis vier Tage Frist – oft unangemessen kurz

Eine Frist von wenigen Tagen kann je nach Sachlage ebenfalls zu kurz sein, insbesondere wenn der Abgemahnte sich anwaltlich beraten lassen muss.

a) Zwei Tage Frist bei Wettbewerbsverletzung

Eine Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes mit einer Frist von nur zwei Tagen wurde als zu knapp angesehen.

Beispiel: Ein Online-Händler wird abgemahnt, weil seine AGB angeblich eine wettbewerbswidrige Klausel enthalten. Eine Frist von nur zwei Tagen reicht nicht aus, um die Klausel zu prüfen und eine fundierte Entscheidung zu treffen.

b) Vier Tage Frist bei Markenverletzung

Auch im Markenrecht kann eine Frist von vier Tagen unangemessen sein, wenn eine tiefere Prüfung erforderlich ist.

Rechtsprechung:

  • LG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2011 – Az. 2a O 275/10 („Image Tag“)

Eine Frist von vier Tagen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann unangemessen kurz sein, wenn der Abgemahnte zunächst die Berechtigung des markenrechtlichen Anspruchs prüfen muss.

Beispiel: Ein Unternehmen wird wegen einer angeblichen Markenverletzung abgemahnt, weil es ein geschütztes Logo verwendet haben soll. Die Frist von vier Tagen reicht nicht aus, um eine markenrechtliche Prüfung durchzuführen.

3. Fünf Tage Frist – angemessen oder zu kurz?

Eine Frist von fünf Werktagen wird in der Regel als ausreichend angesehen, kann aber in bestimmten Fällen ebenfalls unangemessen sein.

Rechtsprechung:

  • OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014 – Az. 4 U 121/13

Eine Frist von fünf Werktagen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ist bei einer Wettbewerbsverletzung grundsätzlich angemessen.

Beispiel: Ein Unternehmen wird abgemahnt, weil es mit irreführenden Werbeaussagen geworben hat. Eine Frist von fünf Werktagen kann hier ausreichend sein, wenn keine besonders komplexe rechtliche Prüfung erforderlich ist.

4. Weitere relevante Urteile zur Angemessenheit von Fristen

Neben den oben genannten Entscheidungen gibt es weitere Urteile, die sich mit unangemessen kurzen Fristen in Abmahnungen befassen:

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2023 – Az. I-20 W 36/23

Eine Frist von dreieinhalb Tagen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ist unangemessen kurz, insbesondere wenn der Abgemahnte wegen Krankheit oder Urlaub an einer rechtzeitigen Reaktion gehindert war.

Beispiel: Eine Abmahnung wird an einen Gewerbetreibenden geschickt, der sich nachweislich in einer Klinik befindet. Eine Frist von dreieinhalb Tagen ist in diesem Fall unangemessen.

Beispiel: Eine Abmahnung wird am Freitagabend per Fax verschickt, und die gesetzte Frist endet am Montagmorgen um 9:00 Uhr. Der Abgemahnte hat kaum eine realistische Möglichkeit, innerhalb der Frist eine fundierte Entscheidung zu treffen.

  • OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2009 – Az. 4 W 59/08

Der Geschäftsführer eines Unternehmens hat für die Dauer seiner Abwesenheit sicherzustellen, dass innerhalb eines Zeitraums von einer Woche dringende Entscheidungen durch einen Vertreter getroffen werden können.

Beispiel: Ein Unternehmen kann sich nicht darauf berufen, dass der Geschäftsführer gerade im Urlaub ist. Eine Abmahnung mit einer Frist von fünf Werktagen bleibt in solchen Fällen wirksam.

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