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Freihaltungsbedürfnis im Markenrecht: Was Sie wissen müssen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Marken begegnen uns im Alltag auf Schritt und Tritt – auf Produkten, in der Werbung oder beim Online-Shopping. Doch kaum jemand denkt darüber nach, dass hinter diesen Zeichen ein komplexes rechtliches Schutzsystem steht: das Markenrecht. Es sorgt dafür, dass Unternehmen ihre Marken gegen Nachahmung verteidigen können und dass Verbraucher bestimmte Produkte und Dienstleistungen eindeutig zuordnen können.

Damit dieses Schutzsystem funktioniert, muss das Markenrecht aber auch Grenzen setzen. Nicht jedes Wort, jede Farbe oder jede Form kann zur geschützten Marke werden. Ein zentrales Prinzip in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Freihaltungsbedürfnis. Es soll verhindern, dass sich einzelne Unternehmen Zeichen oder Begriffe rechtlich sichern, die von der Allgemeinheit – insbesondere von Mitbewerbern – benötigt werden, um eigene Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. Niemand soll ein Monopol auf rein beschreibende Angaben wie „Apfelsaft“, „Kinderkleidung“ oder „Bäckerei“ erhalten.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was genau unter dem Freihaltungsbedürfnis im Markenrecht zu verstehen ist, wie es sich von anderen Schutzhindernissen abgrenzt und welche Rolle es im Anmeldeverfahren spielt. Anhand praxisnaher Beispiele und aktueller Gerichtsentscheidungen wird erläutert, wann eine Marke wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses nicht eingetragen werden kann – und welche Ausnahmen es gibt. Ziel ist es, Ihnen ein fundiertes Verständnis für die rechtlichen Hintergründe zu vermitteln und Ihnen praktische Hinweise für den Umgang mit Markenanmeldungen zu geben.

 

Übersicht:

Grundlagen des Markenrechts
Das Freihaltungsbedürfnis im Detail
Fallgruppen des Freihaltungsbedürfnisses
Prüfungsmaßstab und Beurteilungskriterien
Kombination von beschreibenden Begriffen
Das Freihaltungsbedürfnis im Verhältnis zur Verkehrsdurchsetzung
Konsequenzen in der Praxis
Fazit

 

 

Grundlagen des Markenrechts

Um das Freihaltungsbedürfnis im Markenrecht umfassend zu verstehen, ist es zunächst unerlässlich, die grundlegenden Prinzipien des Markenrechts zu erläutern. Das Markenrecht dient vor allem dem Schutz von Unternehmen und Verbrauchern, indem es Zeichen schützt, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen unterscheiden. Damit soll insbesondere eine Verwechslung beim Verbraucher vermieden werden.

1. Definition und Schutzvoraussetzungen einer Marke

Eine Marke ist gemäß § 3 Abs. 1 des deutschen Markenrechts (MarkenG) ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dieses Zeichen kann sehr vielfältig sein. Klassisch sind natürlich Wörter, Buchstaben oder Zahlen, aber auch Logos, Grafiken, Farben, Klangzeichen oder sogar Formen von Produkten oder deren Verpackungen können markenrechtlich geschützt werden.

Damit eine Marke rechtlichen Schutz genießt, müssen zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Unterscheidungskraft: Die Marke muss geeignet sein, im Verkehr als Herkunftshinweis zu dienen. Das bedeutet, sie muss vom angesprochenen Verkehrskreis (Kunden oder Verbrauchern) verstanden werden als Zeichen, das anzeigt, dass eine Ware oder Dienstleistung von einem bestimmten Unternehmen stammt. Ein Wort oder Zeichen, das rein beschreibend ist oder allgemein gebräuchlich für eine Ware oder Dienstleistung, erfüllt diese Voraussetzung nicht.
  • Keine absoluten Schutzhindernisse: Selbst wenn eine Marke unterscheidungskräftig erscheint, darf sie nicht unter die sogenannten absoluten Schutzhindernisse fallen. Das sind gesetzlich festgelegte Gründe, die eine Markeneintragung grundsätzlich ausschließen.

Die Unterscheidungskraft ist das Herzstück des Markenschutzes. Denn nur durch eine klare Herkunftsfunktion wird dem Inhaber der Marke das exklusive Recht eingeräumt, die Marke zu verwenden und Dritte von der Nutzung auszuschließen.

2. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 MarkenG

Das Gesetz enthält eine Liste von Merkmalen, die eine Eintragung einer Marke verhindern. Diese sogenannten absoluten Schutzhindernisse sind in § 8 MarkenG geregelt und greifen unabhängig davon, ob andere Rechte verletzt werden. Sie sind in zwei Hauptkategorien unterteilt:

  • Zeichen, die keine Unterscheidungskraft besitzen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG):
    Hierunter fallen Zeichen, die im alltäglichen Sprachgebrauch oder im Fachjargon rein beschreibend sind. So können etwa Farben, die nur dekorativ sind, oder Worte, die eine Eigenschaft der Ware beschreiben (z. B. „schnell“, „weich“), keine Marke werden. Diese Zeichen können von jedem gebraucht werden und dürfen daher nicht monopolisiert werden.
  • Zeichen, die aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung dienen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG):
    Hier kommt das Freihaltungsbedürfnis ins Spiel. Diese Vorschrift schützt die Allgemeinheit davor, dass einzelne Marktteilnehmer ausschließliche Rechte an rein beschreibenden Begriffen erlangen, die andere dringend benötigen, um ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen zu kennzeichnen. Wenn ein Wort oder eine Bezeichnung beispielsweise ausschließlich beschreibt, um was es sich bei einer Ware handelt, darf diese Bezeichnung nicht als Marke eingetragen werden.

Daneben gibt es noch weitere absolute Schutzhindernisse, etwa Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung verstoßen oder irreführend sind (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 und 4 MarkenG).

3. Abgrenzung zu relativen Schutzhindernissen (§ 9 MarkenG)

Während sich die absoluten Schutzhindernisse ausschließlich an der Beschaffenheit und Bedeutung des Zeichens selbst orientieren, befassen sich die relativen Schutzhindernisse mit möglichen Konflikten zu älteren Rechten Dritter.

Diese relativen Schutzhindernisse sind in § 9 MarkenG geregelt und betreffen vor allem ältere Markenrechte, aber auch andere Rechte wie Unternehmenskennzeichen, Namen oder geografische Herkunftsangaben. Das bedeutet: Selbst wenn eine Marke grundsätzlich eintragungsfähig ist, kann ihre Eintragung oder Nutzung untersagt werden, wenn dadurch ältere Rechte verletzt werden und eine Verwechslungsgefahr beim Verbraucher besteht.

Beispielsweise kann eine neue Marke nicht eingetragen werden, wenn sie eine ältere, bereits eingetragene Marke so stark ähnelt, dass Verwechslungen möglich sind. Dieses Prinzip wird als Schutz des älteren Rechts bezeichnet.

4. Bedeutung des Freihaltungsbedürfnisses als absolutes Schutzhindernis

Das Freihaltungsbedürfnis gehört also zu den absoluten Schutzhindernissen. Es gewährleistet, dass wichtige beschreibende Begriffe, die im Marktgebrauch für die Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen notwendig sind, frei bleiben und von jedem verwendet werden können. Andernfalls würde ein Unternehmen durch eine exklusive Markenregistrierung eine Art Monopolstellung auf Begriffe erhalten, die eigentlich jedem Marktteilnehmer zustehen.

Aus diesem Grund prüft das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) sowie die Gerichte sehr genau, ob ein angemeldetes Zeichen eine beschreibende Angabe ist und ob ein Freihaltungsbedürfnis besteht.

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Das Freihaltungsbedürfnis im Detail

1. Gesetzliche Grundlage: § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

Das Freihaltungsbedürfnis ist eine zentrale Vorschrift des deutschen Markenrechts und findet seine ausdrückliche gesetzliche Grundlage in § 8 Absatz 2 Nummer 2 des Markengesetzes (MarkenG). Dort heißt es:

„Eine Marke darf insbesondere nicht eingetragen werden, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung dienen.“

Diese Regelung verbietet die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehen. Das bedeutet: Wörter oder Zeichen, die dazu dienen, eine Ware oder Dienstleistung näher zu charakterisieren, dürfen nicht als Marke monopolisiert werden.

Der Gesetzgeber schützt hiermit die grundsätzliche Verfügbarkeit von Begriffen, die für den Wettbewerb notwendig sind. So wird verhindert, dass einzelne Unternehmen sich exklusive Rechte an Worten oder Begriffen sichern, die andere Marktteilnehmer zwingend brauchen, um ihre Produkte zu kennzeichnen und zu bewerben.

2. Ziel und Funktion: Warum gewisse Zeichen nicht monopolisiert werden dürfen

Das Freihaltungsbedürfnis ist eng mit dem Grundgedanken des Wettbewerbs verbunden. Es soll sicherstellen, dass der Markenschutz nicht missbraucht wird, um den Wettbewerb zu behindern.

Warum ist das wichtig?
In der marktwirtschaftlichen Praxis sind viele Begriffe schlichtweg notwendig, um Eigenschaften von Produkten oder Dienstleistungen verständlich zu machen. Beispiele hierfür sind Angaben zur „Art“ (z. B. „Kaffee“), „Beschaffenheit“ (z. B. „glatt“), „Menge“ (z. B. „100 ml“), „Bestimmung“ (z. B. „Kinder“), „Wert“ (z. B. „Bio“), „geographische Herkunft“ (z. B. „Bayern“) oder der „Zeit der Herstellung“ (z. B. „frisch“).

Würden solche Begriffe als Marken eingetragen, könnte der Markeninhaber anderen Anbietern die Nutzung dieser gebräuchlichen Angaben untersagen. Dies würde den Wettbewerb stark einschränken, da Wettbewerber sich nicht mehr angemessen beschreiben oder werben könnten.

Das Freihaltungsbedürfnis stellt also eine Art Schutzschild für den freien Sprachgebrauch im Markt dar. Es sorgt dafür, dass Worte und Zeichen, die allgemein gebräuchlich oder technisch notwendig sind, für jedermann zugänglich bleiben.

Darüber hinaus bewahrt das Freihaltungsbedürfnis auch die Transparenz im Markt, denn Verbraucher müssen durch beschreibende Angaben erkennen können, welche Eigenschaften oder Herkunft eine Ware hat. Ein Monopol auf solche Angaben würde Verbraucher irritieren und die Markttransparenz vermindern.

3. Begriffliche Abgrenzung zur fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)

Das Freihaltungsbedürfnis wird häufig mit dem verwandten, aber doch eigenständigen Begriff der fehlenden Unterscheidungskraft verwechselt oder vermischt. Beide sind absolute Schutzhindernisse, die eine Markeneintragung verhindern können, aber sie unterscheiden sich in ihrer Funktion und ihrem Anwendungsbereich.

  • Fehlende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG):
    Hierunter fallen Zeichen, die vom angesprochenen Verkehr nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen werden. Das bedeutet, dass der Verbraucher das Zeichen nicht mit einem bestimmten Unternehmen verbindet, sondern es als allgemeinen Begriff, eine Form oder ein Wort ohne Herkunftsfunktion ansieht.

Beispiele für fehlende Unterscheidungskraft sind allgemeine Farbbezeichnungen („Rot“), gebräuchliche Wörter ohne besondere Kennzeichnungskraft oder Zeichen, die rein dekorativ sind.

  • Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG):
    Dieses greift tiefer und schützt eine spezielle Gruppe von Zeichen, die zwar durchaus unterscheidungskräftig sein könnten, aber deren Monopolisierung den Wettbewerb beeinträchtigen würde, weil sie ausschließlich beschreibende Angaben enthalten.

Die feine, aber wichtige Unterscheidung ist also:

  • Ein Zeichen kann keine Unterscheidungskraft haben, weil es zu allgemein oder alltäglich ist und nicht als Marke wahrgenommen wird.
  • Ein Zeichen kann aber auch sehr wohl unterscheidungskräftig sein, darf aber wegen des Freihaltungsbedürfnisses nicht als Marke eingetragen werden, weil es ausschließlich beschreibende Angaben enthält, die der Allgemeinheit frei bleiben müssen.

Praxisbeispiele zur Abgrenzung:

  • Der Begriff „süß“ für Bonbons fehlt es an Unterscheidungskraft. Verbraucher verstehen „süß“ als eine Eigenschaft des Produkts, nicht als Herkunftshinweis. Deshalb ist hier fehlende Unterscheidungskraft der Grund für die Markeneintragungshindernis.
  • Der Begriff „Apfelsaft“ ist zwar beschreibend, aber als Bezeichnung für eine bestimmte Art von Getränk kann er theoretisch als Herkunftshinweis dienen. Dennoch greift hier das Freihaltungsbedürfnis, weil alle Hersteller „Apfelsaft“ zur Beschreibung ihrer Produkte brauchen und keine Marke darauf bestehen darf.

In der Rechtsprechung ist diese Unterscheidung wichtig, weil sie darüber entscheidet, ob eine Marke von vornherein nicht eingetragen werden darf oder ob sie eventuell durch Verkehrsdurchsetzung oder besonderen Gebrauch Schutz erlangen kann.

4. Bedeutung des Freihaltungsbedürfnisses in der Praxis

In der Praxis wirkt das Freihaltungsbedürfnis häufig wie ein Schutzmechanismus gegen zu weitreichende Markenansprüche. Es verhindert, dass Unternehmen sich Worte oder Zeichen sichern, die andere zwingend brauchen, um ihre Produkte zu bezeichnen oder zu beschreiben.

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) prüft bereits im Anmeldeverfahren, ob das angemeldete Zeichen unter das Freihaltungsbedürfnis fällt. Wird dies bejaht, wird die Marke nicht eingetragen. Der Markenanmelder kann aber gegebenenfalls versuchen, durch Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) oder durch zusätzliche Fantasieelemente Schutz zu erlangen.

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Fallgruppen des Freihaltungsbedürfnisses

Das Freihaltungsbedürfnis wirkt sich auf verschiedene Kategorien von Begriffen und Zeichen aus, die im Wirtschaftsleben besonders wichtig sind. Das deutsche Markenrecht und die Rechtsprechung haben in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, welche Arten von Begriffen aufgrund dieses Grundsatzes nicht als Marke eingetragen werden dürfen. Dabei wird stets geprüft, ob die Begriffe für den Verkehr – das heißt für Verbraucher oder Fachkreise – ausschließlich beschreibend sind und damit von jedem Marktteilnehmer gebraucht werden müssen. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Fallgruppen, um Ihnen einen fundierten Überblick zu verschaffen.

1. Gattungsbegriffe

Gattungsbegriffe bezeichnen allgemein die Art oder Gattung einer Ware oder Dienstleistung. Sie sind Grundbegriffe, mit denen sich jeder Marktteilnehmer verständlich machen muss, welche Art von Produkten oder Leistungen er anbietet. Beispiele sind „Apfelsaft“, „Autoreifen“, „Software“ oder „Bäckerei“.

Warum sind Gattungsbegriffe besonders geschützt?
Wenn solche Begriffe als Marke eingetragen würden, entstünde ein Monopol auf eine Bezeichnung, die alle benötigen, um ihre Produkte überhaupt zu kennzeichnen. Es wäre nicht mehr möglich, eine Ware oder Dienstleistung unter dem generischen Begriff zu verkaufen, ohne Gefahr zu laufen, gegen Markenrechte zu verstoßen.

Die Rechtsprechung betont, dass ein Gattungsbegriff grundsätzlich nicht markenfähig ist, selbst wenn er im konkreten Fall eine besondere Schreibweise oder Gestaltung aufweist. Nur wenn sich durch Zusatz von Fantasieelementen oder eine ungewöhnliche grafische Gestaltung eine ausreichende Unterscheidungskraft ergibt, kann eine Eintragung denkbar sein.

Beispiel:
Die Marke „Buch“ kann nicht eingetragen werden, da sie ein Gattungsbegriff für eine Literaturform ist. Hingegen kann „Buchzeit“ – eine Kombination mit einem Fantasiewort – unter Umständen unterscheidungskräftig sein.

2. Beschreibende Angaben

Beschreibende Angaben sind Wörter oder Zeichen, die nicht die Gattung an sich bezeichnen, aber wichtige Merkmale der Ware oder Dienstleistung näher beschreiben. Diese sind oft für die Produktbeschreibung, Werbung und Verbraucherinformation unerlässlich.

Dabei unterscheiden wir mehrere Kategorien beschreibender Angaben:

  • Art der Ware oder Dienstleistung: Was genau wird angeboten? („Kaffee“, „Hotel“, „Schuhe“)
  • Beschaffenheit: Welche Eigenschaften weist das Produkt auf? („weich“, „wasserdicht“, „glänzend“)
  • Menge: Wie viel ist enthalten? („500 ml“, „Doppelpack“, „10er-Set“)
  • Bestimmung: Für wen oder wofür ist das Produkt gedacht? („für Kinder“, „für Allergiker“, „Outdoor“)
  • Wert oder Qualität: Angaben zum Wert, zur Qualität oder zum Preis („Bio“, „günstig“, „Premium“)
  • Geographische Herkunft: Herkunftsangaben, die auf den Ursprung hinweisen („Bayern“, „Champagner“, „Made in Germany“)
  • Zeitliche Angaben: Angaben zur Herstellungszeit oder Haltbarkeit („frisch“, „abgelaufen“)

Diese Angaben dienen einer klaren und transparenten Kommunikation gegenüber Verbrauchern. Deshalb dürfen sie nicht durch ein Monopol auf einzelne Unternehmen beschränkt werden.

Rechtliche Folgen:
Beschreibende Angaben werden in der Regel vom Deutschen Patent- und Markenamt und den Gerichten als nicht markenfähig eingestuft, da sie dem Freihaltungsbedürfnis unterliegen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Begriff durch Verkehrsdurchsetzung eine eigenständige Unterscheidungskraft erlangt hat oder durch Fantasieelemente ergänzt wurde.

Beispiel:
Der Begriff „Bio“ für Lebensmittel ist beschreibend und wird von jedem Hersteller gebraucht, um die ökologische Herkunft oder Qualität zu kennzeichnen. Deshalb ist „Bio“ als Marke grundsätzlich nicht eintragungsfähig.

3. Werbeübliche Anpreisungen und Branchenbegriffe

Ein weiterer großer Bereich, der dem Freihaltungsbedürfnis unterliegt, sind sogenannte werbeübliche Anpreisungen und Branchenbegriffe.

Werbeübliche Anpreisungen sind Begriffe, die zur Hervorhebung der Qualität oder des Preises verwendet werden, z.B. Premium, Top-Qualität, Original, Spezial, Neu oder Exklusiv. Diese Begriffe sind zwar positiv konnotiert, aber nicht geeignet, die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung anzuzeigen.

Branchenbegriffe sind Fachbegriffe, die in einer bestimmten Branche allgemein gebräuchlich sind, um bestimmte Produktarten oder Eigenschaften zu bezeichnen. Diese müssen ebenfalls frei verfügbar bleiben.

Warum fallen solche Begriffe unter das Freihaltungsbedürfnis?
Da sie im Wettbewerb häufig und vielfältig eingesetzt werden, wäre es wettbewerbswidrig, einem Unternehmen exklusive Rechte daran einzuräumen. Verbraucher erwarten zudem, dass diese Begriffe zur objektiven Orientierung dienen und nicht markenrechtlich beschränkt werden.

Beispiel:
„Premium“ ist eine häufig genutzte Werbeaussage, die keine Marke sein kann, da sie für alle Anbieter offenbleiben muss, die ihre Produkte als qualitativ hochwertig bezeichnen wollen.

4. Sprachgebrauch in Fachkreisen und Alltag

Die Bewertung, ob ein Begriff dem Freihaltungsbedürfnis unterliegt, hängt entscheidend vom sogenannten Verkehrskreis ab, also davon, wer die Zeichen wahrnimmt:

  • Fachkreise:
    In bestimmten technischen oder wissenschaftlichen Branchen haben Begriffe häufig eine spezielle, genau definierte Bedeutung. Wird ein Begriff in solchen Fachkreisen ausschließlich zur Beschreibung verwendet, unterliegt er dem Freihaltungsbedürfnis, auch wenn er im allgemeinen Sprachgebrauch unbekannt ist.
  • Allgemeiner Sprachgebrauch:
    Im Alltag können Begriffe, die beschreibend sind, unterschiedlich bewertet werden, je nachdem, ob die Verbraucher sie als Herkunftshinweis wahrnehmen oder nicht. Ein Begriff, der im allgemeinen Sprachgebrauch eine klare Herkunftsfunktion hat, kann markenfähig sein, auch wenn er in Fachkreisen beschreibend ist.

Die genaue Bestimmung des Verkehrskreises ist daher entscheidend für die Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses.

Beispiel:
Der Begriff „Fastener“ ist in der Baubranche ein allgemeiner Fachbegriff für „Befestigungselemente“. In diesem Fachkreis ist der Begriff beschreibend und somit freizuhalten. Im allgemeinen Sprachgebrauch hingegen ist „Fastener“ weniger geläufig und könnte unter Umständen als Herkunftshinweis wahrgenommen werden.

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Prüfungsmaßstab und Beurteilungskriterien

Die Frage, ob ein Zeichen dem Freihaltungsbedürfnis unterliegt und damit von vornherein nicht als Marke eingetragen werden darf, ist eine der zentralen Herausforderungen im Markenrecht. Hierfür hat sich in Rechtsprechung und Praxis ein differenzierter Prüfungsmaßstab herausgebildet, der mehrere Dimensionen umfasst. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Beurteilungskriterien im Detail.

1. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung

Der Prüfungszeitpunkt ist von fundamentaler Bedeutung: Das Markenrecht verlangt, dass die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens zum Zeitpunkt der Anmeldung beurteilt wird. Dies ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, folgt aber aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit und wurde mehrfach von Gerichten bestätigt.

Warum ist das wichtig?

  • Sprachlicher Wandel: Sprache und Bedeutung von Begriffen können sich im Laufe der Zeit verändern. Ein Wort, das zum Anmeldetag noch unbekannt oder als Fantasiebegriff galt, kann später eine andere Bedeutung erlangen. Das Gesetz verhindert, dass spätere Bedeutungsänderungen die Eintragung beeinflussen.
  • Rechtssicherheit für Anmelder: Der Markenanmelder muss sich darauf verlassen können, dass die Eintragungsfähigkeit seiner Marke nach den zum Anmeldetag geltenden Verhältnissen beurteilt wird. Andernfalls wäre die Rechtssicherheit gefährdet.

Praxisbeispiel:
Ein Begriff, der zum Zeitpunkt der Anmeldung als beschreibend galt, später aber durch Werbung oder Produktinnovation Verkehrsdurchsetzung erlangt, kann dennoch zum Anmeldetag aus Freihaltungsgründen nicht eingetragen werden, es sei denn, es liegt eine Verkehrsdurchsetzung vor (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

2. Relevanter Verkehrskreis

Die Frage, wie ein Zeichen wahrgenommen wird, hängt maßgeblich vom Verkehrskreis ab, also von der Gruppe der Personen, die das Zeichen typischerweise wahrnimmt. Die genaue Definition dieses Kreises ist essentiell für die Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses.

Unterschiedliche Verkehrskreise können sein:

  • Der Durchschnittsverbraucher:
    Bei Alltagsprodukten richtet sich die Beurteilung danach, wie der durchschnittliche Verbraucher das Zeichen versteht. Dieser Verbraucher hat eine normale Sachkenntnis, ist weder besonders spezialkundig noch besonders uninformiert.
  • Fachkreise oder Spezialisten:
    Für technische, medizinische oder wissenschaftliche Produkte ist nicht der Durchschnittsverbraucher, sondern der Fachmann der relevante Verkehrskreis. Dieser Fachmann besitzt spezielle Kenntnisse und beurteilt ein Zeichen ggf. anders als Laien.

Warum ist die Abgrenzung entscheidend?
Ein Begriff kann in einem Fachkreis beschreibend und damit freizuhalten sein, im allgemeinen Sprachgebrauch aber unbekannt oder als Fantasiebegriff wahrgenommen werden. Umgekehrt kann ein Begriff für Laien beschreibend sein, Fachleute aber eine spezielle Bedeutung kennen.

Konsequenzen für das Freihaltungsbedürfnis:
Das Zeichen wird immer aus Sicht des maßgeblichen Verkehrskreises bewertet. Nur wenn der Verkehr das Zeichen als beschreibend wahrnimmt, besteht ein Freihaltungsbedürfnis.

Praxisbeispiel:
Der Begriff „Aluminiumblech“ ist im technischen Fachverkehr eindeutig beschreibend und unterliegt dem Freihaltungsbedürfnis. Im Alltagsverkehr könnte „Aluminiumblech“ hingegen weniger bekannt sein, was jedoch nicht maßgeblich ist, wenn die Ware technisch orientiert ist.

3. Maßstab für beschreibenden Charakter

Die Kernfrage lautet: Wann ist ein Zeichen ausschließlich beschreibend? Die Antwort hängt von der sprachlichen Bedeutung und der Funktion des Zeichens im Verkehr ab.

Beschreibender Charakter bedeutet:

  • Das Zeichen enthält Angaben, die ausschließlich oder überwiegend Informationen über wesentliche Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung geben.
  • Diese Angaben beziehen sich auf Merkmale, die der Verbraucher zur Orientierung benötigt:
    • Art: Was ist das Produkt oder die Dienstleistung? (z. B. „Kaffee“, „Reinigung“)
    • Beschaffenheit: Wie ist das Produkt beschaffen? (z. B. „weich“, „glänzend“)
    • Menge: Wie viel ist enthalten? (z.B. 500 ml)
    • Bestimmung: Für wen oder wofür ist das Produkt gedacht? (z.B. für Kinder)
    • Wert: Welcher Wert oder welche Qualität wird angegeben? (z.B. Bio, günstig)
    • Geographische Herkunft: Woher stammt das Produkt? (z.B. Bayern)
    • Zeitliche Angabe: Wann wurde es hergestellt oder ist die Dienstleistung erbracht? (z.B. frisch)

Das Zeichen muss „ausschließlich“ beschreibend sein, damit das Freihaltungsbedürfnis greift.

  • Teilkombinationen: Enthält ein Zeichen neben beschreibenden Begriffen auch Fantasieanteile oder unterscheidungskräftige Elemente, ist es nicht ausschließlich beschreibend und daher schutzfähig.
  • Beispiel: „Kinderbuch“ ist beschreibend und fällt unter das Freihaltungsbedürfnis. „Kinderzeit“ hingegen ist eine Wortneuschöpfung und kann als Marke eingetragen werden, wenn sie ausreichend unterscheidungskräftig ist.

Verkehrsauffassung ist maßgeblich:
Es wird immer darauf abgestellt, wie der relevante Verkehr den Begriff tatsächlich versteht. Dies wird anhand von sprachwissenschaftlichen, soziologischen und wirtschaftlichen Erkenntnissen beurteilt.

Beispiel:
Der Begriff „Premium“ ist zwar werblich positiv belegt, wird aber im Markt als allgemeine Anpreisung verstanden und ist damit beschreibend. Eine Marke „Premium“ für Schuhe wäre daher nicht eintragungsfähig.

4. Prüfung der Funktion des Zeichens als Herkunftshinweis

Neben dem beschreibenden Charakter ist entscheidend, ob das Zeichen als Herkunftshinweis fungiert, also vom Verkehr als Marke wahrgenommen wird.

  • Wenn ein Zeichen beschreibend ist, aber vom Verkehr durch intensive Benutzung bereits als Herkunftshinweis angesehen wird, kann es dennoch Schutz erlangen (§ 8 Abs. 3 MarkenG).
  • Dieser Ausnahmefall verlangt einen Nachweis der Verkehrsdurchsetzung: Das Zeichen muss im Verkehr so bekannt sein, dass die überwiegende Mehrheit der maßgeblichen Verkehrskreise es als Marke versteht.

Zusammenfassung des Prüfungsmaßstabs

Prüfungsaspekt

Inhalt

Bedeutung

Zeitpunkt der Beurteilung

Zeitpunkt der Anmeldung

Rechtssicherheit, keine spätere Bedeutungsänderung

Verkehrskreis

Durchschnittsverbraucher oder Fachkreise

Verkehrskreis bestimmt Wahrnehmung und Bewertung

Beschreibender Charakter

Ausschließlich beschreibende Angaben zu Ware/Dienstleistung

Schutz des Wettbewerbs, Vermeidung von Monopolen

Funktion als Herkunftshinweis

Verkehrsdurchsetzung kann Freihaltungsbedürfnis überwinden

Nachweis intensiver Markennutzung erforderlich

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Kombination von beschreibenden Begriffen

Im Markenrecht spielt das Freihaltungsbedürfnis eine zentrale Rolle bei der Eintragung von Marken, die aus beschreibenden Begriffen bestehen. Besonders komplex wird die Beurteilung, wenn mehrere beschreibende Begriffe miteinander kombiniert werden. Es stellt sich die Frage, ob eine solche Kombination trotz der einzelnen beschreibenden Bestandteile dennoch schutzfähig sein kann. Dieser Abschnitt erläutert ausführlich, wie Gerichte und das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) bei der Bewertung vorgehen, wann eine Kombination markenfähig wird und welche Rolle Fantasieelemente und Wortneuschöpfungen dabei spielen.

1. Grundsatz: Kombination beschreibender Begriffe bleibt beschreibend

Nach der Rechtsprechung und herrschender Auffassung im Markenrecht führt die bloße Zusammenfügung mehrerer beschreibender Begriffe in der Regel nicht zur Erhöhung der Unterscheidungskraft. Das heißt, wenn alle Teile eines Zeichens beschreibend sind und ihre Kombination keine neue oder eigenständige Bedeutung erzeugt, wird das Zeichen insgesamt als beschreibend angesehen.

Das Freihaltungsbedürfnis verbietet es, sich Begriffe anzueignen, die Wettbewerber benötigen, um ihre eigenen Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. Deshalb bleibt eine Kombination aus mehreren solchen Begriffen grundsätzlich frei verfügbar.

Beispiel:
Der Begriff „Kinderbuch“ setzt sich aus zwei klar beschreibenden Komponenten zusammen: „Kinder“ beschreibt die Zielgruppe, „Buch“ die Art des Produkts. Die Kombination sagt also aus, um was für ein Produkt es sich handelt. Hier besteht ein absolutes Freihaltungsbedürfnis, da kein Wettbewerber ausgeschlossen werden darf, einen Begriff zu verwenden, der seine Ware beschreibt.

2. Wann kann eine Kombination trotzdem markenfähig sein?

Obwohl der Grundsatz klar ist, gibt es wichtige Ausnahmen. Eine Kombination von beschreibenden Begriffen kann dann markenfähig sein, wenn durch die Verbindung der Worte eine neue, ungewöhnliche oder überraschende Gesamtaussage entsteht, die vom Verkehr nicht mehr rein beschreibend verstanden wird.

Wesentliche Faktoren für eine mögliche Schutzfähigkeit:

  • Ungewöhnliche Kombination: Die Zusammenfügung der Begriffe ist sprachlich oder inhaltlich so ungewöhnlich, dass sie im Verkehr als neues, originelles Zeichen wahrgenommen wird.
  • Neuschöpfung: Die Kombination erzeugt einen Begriff, der nicht einfach die Summe der Einzelbeschreibungen ist, sondern eine eigenständige Bedeutung erhält.
  • Sprachliche Innovation: Es entsteht eine Wortneuschöpfung, die dem Verkehr als Fantasiewort erscheint.
  • Gesamteindruck: Der Gesamteindruck des Zeichens überwiegt den rein beschreibenden Charakter der Einzelbestandteile.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis wahrgenommen werden und damit die nötige Unterscheidungskraft besitzen.

Rechtsprechung:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mehrfach betont, dass eine Marke auch dann unterscheidungskräftig sein kann, wenn sie aus mehreren beschreibenden Begriffen zusammengesetzt ist, sofern diese Kombination originell genug ist, um vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden.

3. Beispiele: „Kinderzeit“ vs. „Kinderbuch“

Um den Unterschied zu verdeutlichen, betrachten wir zwei Begriffe, die im ersten Moment ähnlich erscheinen, sich aber in ihrer Schutzfähigkeit deutlich unterscheiden:

  • „Kinderbuch“
    Beide Bestandteile sind klar beschreibend. „Kinder“ bezeichnet die Zielgruppe, „Buch“ die Art des Produkts. Die Kombination dient unmittelbar der Produktbeschreibung und besitzt keine eigenständige, unterscheidungskräftige Wirkung. Deshalb fällt „Kinderbuch“ unter das Freihaltungsbedürfnis und kann nicht als Marke geschützt werden.
  • „Kinderzeit“
    Hier handelt es sich um eine Wortneuschöpfung, die aus dem Wort „Kinder“ und dem abstrakten Begriff „Zeit“ besteht. „Kinderzeit“ ist kein geläufiger Begriff und hat keine unmittelbare beschreibende Bedeutung für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Das Wort wirkt eher als Fantasiebegriff und kann vom Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst werden. Dementsprechend ist „Kinderzeit“ prinzipiell schutzfähig.

Dieses Beispiel zeigt, wie durch kreative Kombination oder Wortneuschöpfung aus beschreibenden Elementen eine Marke mit ausreichender Unterscheidungskraft entstehen kann.

4. Rolle von Fantasieelementen und Wortneuschöpfungen

Fantasieelemente sind Wörter oder Wortbestandteile, die keine beschreibende Bedeutung haben und oft eigens erfunden sind. Sie besitzen von Natur aus eine hohe Unterscheidungskraft, weil sie nicht unmittelbar auf Eigenschaften, Herkunft oder Bestimmung der Waren oder Dienstleistungen hinweisen.

  • Alleinstehende Fantasiebegriffe: Diese sind grundsätzlich schutzfähig, da sie eine eindeutige Herkunftsfunktion erfüllen können. Beispiele sind Marken wie „Xerox“, „Google“ oder „Haribo“.
  • Kombination mit beschreibenden Begriffen: Wenn ein beschreibender Begriff mit einem Fantasieelement verbunden wird, kann die Kombination insgesamt unterscheidungskräftig sein. Beispiel: „BioVita“ kombiniert den beschreibenden Begriff „Bio“ mit dem Fantasiewort „Vita“ und erhält dadurch eine eigene Herkunftsfunktion.

Der Grad der Fantasie und der Innovation entscheidet über die Eintragungsfähigkeit. Je mehr das Fantasieelement den Gesamteindruck prägt, desto höher die Chancen auf Markenschutz.

Wortneuschöpfungen können auch durch ungewöhnliche Zusammensetzungen oder kreative Wortbildungen entstehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Neuschöpfung aus bestehenden Wörtern zusammengesetzt ist, solange sie im Verkehr als Herkunftshinweis wahrgenommen wird.

5. Rechtliche Bedeutung für Anmelder und Unternehmen

Für Unternehmen und Markenanmelder ist es wichtig, diese Differenzierung zu kennen, um ihre Markenstrategie erfolgreich zu gestalten:

  • Reine beschreibende Kombinationen sollten vermieden werden, wenn Schutzfähigkeit angestrebt wird, da eine Eintragung in der Regel abgelehnt wird.
  • Kreativität bei der Wortwahl zahlt sich aus: Das Einfügen von Fantasieelementen, die Schaffung neuer Begriffe oder die ungewöhnliche Kombination beschreibender Wörter kann die Marke unterscheidungskräftig machen.
  • Markenrecherche und rechtliche Prüfung: Vor der Anmeldung sollte geprüft werden, wie das Zeichen vom Verkehr wahrgenommen wird und ob es bereits ähnliche Marken gibt, um Ablehnungen oder Konflikte zu vermeiden.

Zusammenfassung

Sachverhalt

Ergebnis im Markenrecht

Kombination aus rein beschreibenden Begriffen

Grundsätzlich nicht schutzfähig (Freihaltungsbedürfnis)

Kombination ungewöhnlicher beschreibender Begriffe

Kann unterscheidungskräftig und schutzfähig sein

Beschreibender Begriff + Fantasieelement

In der Regel schutzfähig, wenn Fantasieanteil prägt

Wortneuschöpfungen oder Fantasiewörter

Grundsätzlich schutzfähig

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Das Freihaltungsbedürfnis im Verhältnis zur Verkehrsdurchsetzung

1. § 8 Abs. 3 MarkenG als Korrektiv zum Freihaltungsbedürfnis

Das Markenrecht erkennt zwar das wichtige Prinzip des Freihaltungsbedürfnisses an – also die Pflicht, beschreibende Angaben für alle Marktteilnehmer freizuhalten –, setzt diesem Prinzip jedoch mit § 8 Absatz 3 MarkenG eine wichtige Ausnahme entgegen.

Diese Vorschrift ermöglicht es, dass eine Marke trotz Vorliegens eines absoluten Schutzhindernisses (wie dem Freihaltungsbedürfnis) eingetragen werden kann, wenn der Anmelder nachweist, dass die Marke im Verkehr bereits so bekannt ist, dass sie als Herkunftshinweis verstanden wird. Dieser Nachweis wird als Verkehrsdurchsetzung bezeichnet.

§ 8 Abs. 3 MarkenG lautet:

„Zeichen, die nach Absatz 2 wegen fehlender Unterscheidungskraft oder wegen Freihaltungsbedürfnisses nicht schutzfähig sind, können eingetragen werden, wenn sie im Inland vor dem Tag der Anmeldung der Marke durch Benutzung so bekannt geworden sind, dass sie als Marke angesehen werden.“

Das bedeutet: Auch wenn ein Zeichen beschreibend ist und eigentlich nicht eingetragen werden dürfte, kann der Markenschutz gewährt werden, wenn die Marke eine starke Verkehrsgeltung erreicht hat.

2. Wann kann trotz Freihaltungsbedürfnis ein Markenschutz bestehen?

Der Markenschutz trotz Freihaltungsbedürfnis setzt voraus, dass die Marke eine überwiegende Verkehrsdurchsetzung erreicht hat. Das heißt:

  • Die Marke muss beim maßgeblichen Verkehrskreis – Verbrauchern oder Fachkreisen – so bekannt sein, dass sie nicht mehr als bloß beschreibender Begriff wahrgenommen wird, sondern als ein Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.
  • Diese Verkehrsdurchsetzung muss vor dem Anmeldetag bereits eingetreten sein. Das heißt, die Bekanntheit der Marke muss zum Zeitpunkt der Anmeldung ausreichend ausgeprägt gewesen sein.

Typische Belege für Verkehrsdurchsetzung sind:

  • Hoher Bekanntheitsgrad und starke Wiedererkennung der Marke im Markt.
  • Umfangreiche und langjährige Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr.
  • Große Verkaufszahlen und erhebliche Werbeaufwendungen.
  • Berichterstattung in Fachpresse und Medien, die das Zeichen als Marke behandelt.
  • Stellungnahmen und Umfragen, die die Bekanntheit beim Verkehr bestätigen.

Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird das Freihaltungsbedürfnis zurückgedrängt, und das Zeichen kann trotz seiner beschreibenden Natur markenrechtlichen Schutz erhalten.

3. Beweislast und Anforderungen an die Verkehrsdurchsetzung

Der Anmelder trägt die Beweislast dafür, dass die Marke im Inland bereits vor dem Anmeldetag die notwendige Verkehrsdurchsetzung erlangt hat. Dies bedeutet:

  • Er muss umfangreiche und belastbare Nachweise vorlegen, die den Bekanntheitsgrad der Marke beim maßgeblichen Verkehr belegen.
  • Dies kann durch Verkaufszahlen, Werbeaufwand, Umfragen, Presseberichte und weitere objektive Indizien geschehen.

Die Anforderungen an den Nachweis sind hoch. Es genügt nicht, dass die Marke einigen Marktteilnehmern bekannt ist – vielmehr muss eine breite Bekanntheit im relevanten Verkehrskreis bestehen.

Gerichtliche Praxis:
Die Rechtsprechung verlangt, dass die Verkehrsdurchsetzung so ausgeprägt ist, dass das Zeichen bei der überwiegenden Mehrheit des maßgeblichen Verkehrs als Herkunftshinweis verstanden wird. Nur dann darf der Markenschutz trotz Freihaltungsbedürfnis gewährt werden.

Zusammenfassung

Aspekt

Bedeutung

§ 8 Abs. 3 MarkenG

Ausnahme vom Freihaltungsbedürfnis bei starker Verkehrsdurchsetzung

Voraussetzung

Marke muss vor Anmeldetag im Verkehr als Herkunftshinweis bekannt sein

Nachweis

Umfangreiche Belege für Bekanntheit, z.B. Verkaufszahlen, Werbung, Umfragen

Ergebnis

Trotz Beschreibungscharakter kann Markenschutz bestehen

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Konsequenzen in der Praxis

Das Freihaltungsbedürfnis ist eine der zentralen Hürden im Markenanmeldeverfahren und hat weitreichende praktische Auswirkungen für Unternehmen aller Größenordnungen, insbesondere aber für Start-ups und Werbeagenturen. Wer die Bedeutung und Konsequenzen dieses Grundsatzes kennt, kann seine Markenstrategie gezielter gestalten und spätere teure und zeitaufwendige Probleme vermeiden.

1. Auswirkungen auf das Anmeldeverfahren beim DPMA

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) ist in seinem Prüfungsverfahren verpflichtet, alle Markenanmeldungen auf absolute Schutzhindernisse zu untersuchen. Das Freihaltungsbedürfnis stellt dabei eine der häufigsten Ursachen für eine Ablehnung dar.

  • Intensive Prüfung der Marke auf beschreibende Bestandteile:
    Das DPMA prüft systematisch, ob das angemeldete Zeichen ausschließlich oder überwiegend aus beschreibenden Begriffen besteht, die von anderen Marktteilnehmern für die Produkt- oder Dienstleistungsbeschreibung benötigt werden. Hierbei greift die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
  • Folgen einer Feststellung des Freihaltungsbedürfnisses:
    Wird das Freihaltungsbedürfnis bejaht, lehnt das Amt die Marke ab. Eine Eintragung ist dann nur durch den Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG möglich.
  • Zeit- und Kostenrisiken:
    Eine Ablehnung verzögert das Anmeldeverfahren erheblich und verursacht zusätzliche Kosten für Widerspruchs- oder Klageverfahren sowie für die Erhebung von Beweisen zur Verkehrsdurchsetzung.
  • Erfahrungsgemäß häufigster Ablehnungsgrund:
    Gerade bei Wortmarken mit beschreibendem Charakter – etwa Branchenbegriffe oder Werbeanpreisungen – kommt es oft zu Problemen. Dies betrifft besonders Start-ups, die zunächst generische Begriffe für ihre Produkte wählen.

Eine frühzeitige Prüfung und Beratung kann diese Risiken minimieren.

2. Tipps für eine erfolgreiche Markenstrategie trotz Freihaltungsbedürfnis

Um trotz des Freihaltungsbedürfnisses einen wirksamen Markenschutz zu erlangen, sollten Unternehmen und Kreativagenturen einige bewährte Strategien berücksichtigen:

  • Vermeidung rein beschreibender Zeichen:
    Vermeiden Sie Marken, die ausschließlich aus Gattungs- oder beschreibenden Begriffen bestehen. Statt „Bio-Brot“ ist z.B. BioVita oder GreenBrot eine Kombination mit Fantasieelementen, die eher unterscheidungskräftig ist.
  • Einsatz von Fantasie- und Neuschöpfungen:
    Fantasiebegriffe oder Wortneuschöpfungen besitzen von vornherein hohe Unterscheidungskraft und sind nicht vom Freihaltungsbedürfnis betroffen. Auch Kombinationen aus beschreibenden Elementen und Fantasiebegriffen erhöhen die Schutzfähigkeit.
  • Markenimage durch gezielte Verkehrsdurchsetzung aufbauen:
    Wenn die Wahl auf ein teilweise beschreibendes Zeichen fällt, sollte die Marke intensiv beworben und genutzt werden, um eine Verkehrsdurchsetzung zu erreichen. Dabei sind umfangreiche Werbemaßnahmen, Verkaufszahlen und Pressepräsenz entscheidend.
  • Markenrecherche vor Anmeldung:
    Nutzen Sie professionelle Markenrecherchen, um Konflikte mit absoluten und relativen Schutzhindernissen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
  • Gestaltung von Wort-Bild-Marken oder Logos:
    Eine rein beschreibende Wortmarke kann durch eine Kombination mit einem individuellen Logo oder graphischen Elementen schutzfähiger werden.
  • Rechtsberatung in Anspruch nehmen:
    Lassen Sie Ihre Marke von einem spezialisierten Anwalt prüfen, um Fehler zu vermeiden und den Anmeldeprozess effizient zu gestalten.

3. Bedeutung für Unternehmen, Start-ups und Werbeagenturen

Das Freihaltungsbedürfnis betrifft alle, die Marken anmelden oder entwickeln, aber seine Bedeutung ist gerade für junge und kleine Unternehmen sowie Werbeagenturen besonders groß:

  • Schutz des freien Wettbewerbs:
    Das Freihaltungsbedürfnis sichert, dass wichtige beschreibende Begriffe und Branchenstandards nicht monopolisiert werden. Das schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen, gerade für neue Marktteilnehmer.
  • Risikovermeidung:
    Unternehmen, die beschreibende Begriffe als Marke anmelden, riskieren eine Ablehnung oder späteren Rechtsstreit, was erhebliche Kosten und Zeitverluste verursachen kann.
  • Relevanz bei der Markenentwicklung:
    Agenturen sollten dieses Thema bei der Kreation neuer Marken frühzeitig berücksichtigen, um kundenorientierte und zugleich rechtssichere Lösungen zu entwickeln.
  • Wettbewerbsvorteil durch kreative Marken:
    Ein starker, origineller Markenname, der das Freihaltungsbedürfnis beachtet, kann zu besserer Wiedererkennung, höherer Kundenbindung und nachhaltigem Markterfolg führen.
  • Prävention gegen Abmahnungen:
    Markeninhaber müssen bei der Nutzung von beschreibenden Begriffen vorsichtig sein, da Abmahnungen drohen können, wenn Dritte eine Marke mit Freihaltungsbedürfnis angemeldet und durchgesetzt haben.

Fazit

Das Freihaltungsbedürfnis ist eine unverzichtbare Regelung im Markenrecht, die den freien Zugang zu beschreibenden und gebräuchlichen Begriffen für alle Marktteilnehmer sicherstellt. Für Unternehmen, Start-ups und Werbeagenturen bedeutet dies:

  • Eine bewusste und strategische Auswahl von Markenbegriffen ist unerlässlich.
  • Kreativität und Fantasie sind oft der Schlüssel zur erfolgreichen Markenanmeldung.
  • Eine frühzeitige rechtliche Beratung sowie gründliche Markenrecherchen sparen Zeit und Kosten.
  • Gezielte Marketingmaßnahmen können eine Verkehrsdurchsetzung fördern und so den Markenschutz sichern.

Wer diese Aspekte berücksichtigt, stellt sicher, dass seine Marken nicht nur rechtlich geschützt, sondern auch marktwirksam und nachhaltig erfolgreich sind.

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Fazit

Das Freihaltungsbedürfnis ist ein zentrales Prinzip des Markenrechts, das sicherstellt, dass wichtige beschreibende Begriffe und allgemein gebräuchliche Angaben für alle Marktteilnehmer frei verfügbar bleiben. In unserem Beitrag haben wir gesehen, dass das Markenrecht nicht zulässt, dass einzelne Unternehmen sich Monopolrechte an Begriffen sichern, die zur Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen notwendig sind. Dies schützt den freien Wettbewerb und fördert Transparenz im Markt.

Wir haben gelernt, dass das Freihaltungsbedürfnis in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gesetzlich verankert ist und sich auf Gattungsbegriffe, beschreibende Angaben, werbeübliche Anpreisungen und branchentypische Fachbegriffe erstreckt. Auch die Bewertung des maßgeblichen Verkehrskreises und der Zeitpunkt der Markenanmeldung sind entscheidend für die Beurteilung. Gleichzeitig kann das Freihaltungsbedürfnis durch eine starke Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG unter bestimmten Voraussetzungen überwunden werden.

Für Unternehmen und Markenentwickler bedeutet dies: Eine erfolgreiche Markenstrategie berücksichtigt das Freihaltungsbedürfnis frühzeitig und setzt auf kreative, fantasievolle Wortkombinationen oder Wort-Bild-Marken. Die sorgfältige Auswahl und Gestaltung von Markenzeichen minimiert das Risiko von Ablehnungen und Rechtsstreitigkeiten. Ebenso wichtig ist es, gegebenenfalls die Verkehrsdurchsetzung gezielt aufzubauen und rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen.

Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Marke nicht nur rechtlich geschützt ist, sondern auch nachhaltig zum Erfolg Ihres Unternehmens beiträgt.

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