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Fotoaufnahmen in den Geschäftsräumen

Das Anfertigen von Fotos zum Beweis von Rechtsverstößen im Geschäftsraum
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Fotoaufnahmen in Geschäftsräumlichkeiten ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers zu Zwecken der Dokumentation eines Wettbewerbsverstoßes sind jedenfalls dann nicht unlauter, wenn ein überwiegendes Interesse des Geschäftsinhabers an der Vermeidung einer möglichen Betriebsstörung nicht besteht.

Die Streitparteien betrieben Warenhäuser. Die Beklagte hatte im Eingangsbereich einer Filiale zu Werbezwecken am 09.04.2003 einen mit Waren gefüllten Einkaufswagen aufgestellt. Vor dem Einkaufswagen waren vergrößerte Kopien eines Kassenbons angebracht. Ein Kassenbon stammte aus der Filiale der Beklagten, der andere aus einer Filiale der Klägerin. In der linken Ecke der Bons war jeweils klein und mit dünner Schrift ein Hinweis mit der Formulierung „Stand vom 01.04.2003“ platziert. Zusätzlich war auf einem sternförmigen Schild der sich aus den Summen ergebende Preisunterschied angegeben, im Text auf dem Schild waren Aussagen wie „Vergleichen Sie“ oder „Sparen Sie bei uns“ zu lesen. Nach den Feststellungen im Urteil war der Preisvergleich am 01.04.2003 zutreffend, am 09.04.2003 jedoch aufgrund der von der Beklagten durchgeführten Preissenkungen nicht mehr. Auch im Mai 2003 führte die Beklagte eine Werbemaßnahme wie beschrieben durch.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung dieser Werbemaßnahmen in Anspruch und legte zum Beweis Fotos vor, die in den Geschäftsräumen der Beklagten ohne deren Zustimmung angefertigt worden waren. Die Beklagte reagierte mit einer Widerklage, gerichtet auf die Unterlassung des Fotografierens ohne ihre Genehmigung.

Die angegriffene Werbung der Beklagten wurde vom Bundesgerichtshof als irreführend beurteilt: Der Preisvergleich war am Tag der Werbemaßnahmen jeweils objektiv unrichtig. Ein Durchschnittsverbraucher geht nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs bei einem Preisvergleich davon aus, dass dieser aktuell ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn Formulierungen wie auf den Schildern der Beklagten im Präsens gefasst sind. Es gab für die Kunden aufgrund des hervorgehobenen Werbetextes auch keinen Anlass, nach dem Hinweis auf den bereits verstrichenen Geltungszeitpunkt zu suchen. Die wettbewerbsrechtliche Relevanz war nach den Ausführungen des erkennenden Gerichtes unabhängig davon gegeben, ob die Preise der Klägerin etwa trotz Preissenkungen durch die Beklagte noch immer günstiger gewesen wären. 

Ein Anspruch auf Unterlassung von Fotoaufnahmen stand der Beklagten nicht zu. Die Klägerin hätte die behaupteten Wettbewerbsverstöße nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs ohne die Fotoaufnahmen nicht hinreichend darlegen können. Es kam wesentlich auf die konkrete Gestaltung des Hinweises auf den Zeitpunkt des Preisvergleichs an. Die aus diesem Grund vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Geschäftsinhabers, mögliche Betriebsstörungen zu verhindern und dem Interesse des Wettbewerbers, die Wettbewerbsverstöße hinreichend zu dokumentieren, fiel zulasten der Beklagten aus. Schon aufgrund der geänderten Lebensverhältnisse konnte nach den Entscheidungsgründen nicht mehr davon ausgegangen werden, dass mit ungenehmigtem Fotografieren in Geschäftsräumen generell die Gefahr einer erheblichen Störung des Betriebs des Geschäftsinhabers verbunden ist. Die Beklagte hatte aber in ihrem Unterlassungsbegehren auch nicht auf die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung im konkreten Fall wegen des Vorliegens besonderer Umstände abgestellt. Die Verwendung von Blitzlicht reichte dafür nicht aus.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf als Berufungsgericht hatte der Widerklage auf Berufung der Beklagten stattgegeben. Der Bundesgerichtshof gab der Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf statt und wies die Berufung der Beklagten gegen das die Widerklage abweisende Urteil des Landgerichts Wuppertal zurück.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.01.2007, Az. I ZR 133/04 

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