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Filesharing: Unstimmigkeiten bei Zeitangaben

Keine Urheberrechtsverletzung nachgewiesen, wenn Zeitangaben nicht übereinstimmen
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Weil die Zeitangaben der über eine Firma ermittelten und der durch den Provider beauskunfteten IP-Adresse des Anschlussinhabers voneinander abwichen, ist der angebliche Urheberrechtsverstoß von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden, entschied das AG Hamburg.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin des Pornofilms „Hausfrauen total unterfickt“. 2010 hatte sie festgestellt, dass der Film illegal in einer Tauschbörse zum Download angeboten wurde und beauftragte zur Ermittlung der IP-Adresse des Uploaders die Firma S. AG. Diese ermittelte mit Hilfe einer speziellen Software unter Sicherung des Hash-Codes der streitbefangenen Datei die IP-Adresse des beklagten Anschlussinhabers. Die S. AG erstellte zum Nachweis des Verstoßes einen Screenshot und vermerkte darauf das Datum und die genaue Uhrzeit. Danach soll der Beklagte am 25. Juli 2010 um 15:47:59 Uhr den Film anderen zum Tausch angeboten haben. Die verwendete Uhrzeit wird im 30-Minuten-Takt online automatisch mit dem Atomzeitserver der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) abgeglichen. Der springende Punkt dabei: Die Zeit richtet sich nach dem UTC(Universal Time, Coordinated)-Standard. Genau diese Uhrzeit trug der Ermittler, zusammen mit der ermittelten IP-Adresse und dem betreffenden Filmtitel, per copy and paste in eine Excel-Tabelle ein.
Da die Klägerin die IP-Adresse nun hatte, konnte sie im Wege eines Auskunftsbeschlusses (vgl. § 101 Abs. 9 UrhG) des LG Köln über die Deutsche Telekom AG als Provider Informationen über den Beklagten herausfinden und diesen abmahnen. Der Auskunft der Telekom indes war die lokale deutsche Zeit (hier: Mitteleuropäische Sommerzeit) zugrunde gelegt.
Die Klägerin verlangte vor Gericht von dem Beklagten Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 400 Euro sowie die Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 911,80 Euro.

Zuordnung der IP-Adresse nicht schlüssig dargelegt

Der Beklagte zweifelte an der Richtigkeit der Ermittlung seiner IP-Adresse. Zu Recht, wie das AG Hamburg fand. Denn die Klägerin habe die korrekte Beauskunftung des Beklagten nach der ermittelten (angeblichen) Urheberrechtsverletzung nicht schlüssig darlegen können. Die IP-Adresse und damit auch der Rechtsverstoß zu der konkret ermittelten Zeit könne dem Beklagten als Anschlussinhaber daher nicht eindeutig zugeordnet werden.
Bei der Ermittlung der IP-Adresse in Filesharing-Fällen ist äußerste Sorgfalt geboten (vgl. OLG Köln, Az. 6 W 82/11). Da die Klägerin die Beweislast trägt, muss sie schlüssig vortragen, warum der Urheberrechtsverstoß dem Beklagten zuzurechnen sein soll. Natürlich müssen dabei auch die Zeitangaben stimmen, was vorliegend nicht der Fall war. Der ermittelte Zeitpunkt weicht um 2 Stunden von dem vom Provider beauskunfteten ab. Das aber bedeutet nach Ansicht des AG Hamburg, dass die Providerauskunft auch falsch sein kann.
Die Klägerin hat nicht behauptet, dass eine Umrechnung der UTC-Zeit in die lokale deutsche Zeit erfolgt sei. Somit musste das Gericht davon ausgehen, dass die UTC-Zeit in die Excel-Tabelle kopiert wurde. Nach Hinweis des Gerichts auf das Auseinanderfallen der Zeitpunkte erklärte die Klägerin, dass sich die Ermittlung ebenfalls nach lokaler deutscher Zeit richte, wofür sie auch Beweis anbot. Diesen Vortrag sah das Gericht jedoch als unbeachtlich an, da die Klägerin in zahlreichen anderen Fällen vorgetragen hatte, dass die Ermittlung nach UTC-Zeit erfolge. Den Widerspruch zum jetzigen (neuen) Vortrag vermochte die Klägerin nicht aufzuklären.

AG Hamburg, Urteil vom 08.08.2014, Az. 36a C 327/13

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