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Filesharing: 200 Euro Schadensersatz pro Musiktitel

OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Welche Höhe umfasst der Schadensersatz beim illegalen Filesharing? Mit dieser Frage hat sich das OLG Hamburg beschäftigt und entschieden, dass 200 Euro pro Musiktitel angemessen sind. Damit stellt sich das Gericht gegen die Vorinstanz (LG Hamburg), das drei Jahre zuvor noch einen Betrag von nur 15 Euro pro Titel angenommen hatte.

Außerdem bejahte das OLG Hamburg die Haftung eines Elternteils unter Verweis auf die BGH-Entscheidung vom 15.11.2012.

Ein 15-Jähriger hatte über 4.000 Musiktitel illegal in einem Peer-to-Peer-Netzwerk zum Download angeboten, wovon der sorgeberechtigte Vater nichts wusste. Davon erlangten die Rechteinhaber von zwei Musiktiteln Kenntnis und verklagten sowohl den Jugendlichen als auch seinen Vater auf Unterlassung und Schadensersatz. Bei der Höhe der Forderung stellten die Kläger auf einen GEMA-Tarif ab. Demnach sind für das öffentlich Zugänglichmachen eines Werkes ohne Downloadangebot (Streaming) mindestens 100 Euro fällig. Für das Anbieten mit Downloadmöglichkeit hielten die Kläger einen Betrag von 300 Euro pro Titel für angemessen. Daneben machten die Kläger Anwaltskosten geltend.

OLG Hamburg schließt sich im Ergebnis OLG Köln an

Das LG Hamburg war anderer Ansicht als die Kläger und sprach ihnen nur einen Schadensersatz von 15 Euro pro Musikstück zu (308 O 710/09). Dagegen nahm das Berufungsgericht, das OLG Hamburg, einen Betrag von 200 Euro pro Titel an und bestätigte damit die Rechtsprechung des OLG Köln (6 U 67/11; 6 W 256/12). Nachdem dieses in seinem Hinweisbeschluss vom 30.09.2011 noch den GEMA-Tarif VR OD 5 mit einem Schadensbetrag von 0,1278 Euro je Zugriff für anwendbar gehalten hatte, folgte es im späteren Urteil (23.03.2012) bei der Berechnung dem von den Rechteinhabern anhand einer speziellen Rahmenvereinbarung der Tonträgerbranche nachgewiesenen Betrag von mindestens 0,50 Euro pro Musiktitel. Bei diesem Wert werde die Klageforderung von insgesamt 3.000 Euro erreicht, wenn 400 Mal auf den fraglichen Inhalt zugegriffen werde, wovon das Gericht ausgegangen war. Da es sich um 15 gegenständliche Musiktitel handelte, kam das OLG Köln auf einen Schadensbetrag von 200 Euro pro Musikstück (nebst Abmahnkosten). Das OLG Köln bezog bei der Annahme des Mindestbetrags von 0,50 Euro auch Aspekte der Aktualität und Popularität der Musik mit ein.

Letzteres ließ das OLG bei seiner Entscheidung unberücksichtigt. Es könne nicht für jeden einzelnen Musiktitel ein passender Schadensbetrag gefunden werden, zumindest würde das zu viel Zeit und Aufwand erfordern. 

Die Anwendbarkeit eines GEMA-Tarifs lehnte das OLG Hamburg ab. Zum einen vertrete die GEMA die Rechte der Komponisten bzw. Texter, während es beim Filesharing um Leistungsschutzrechte des Künstlers und des Tonträgerherstellers gehe. Auch sei das Tongefüge der GEMA weder geeignet noch bestimmt, Rechtsverletzungen von Privaten durch nichtkommerzielles Filesharing im Internet zu erfassen.

Letztlich schätzte das OLG Hamburg den Schadensersatz nach § 287 ZPO und dabei etwa auf die Beliebtheit der Filesharing-Plattform ab. Im Ergebnis hielt das Gericht 200 Euro pro Titel für angemessen, wobei es betonte, dass es stets der Einzelfall und eine Gesamtwürdigung aller Umstände entscheidend sei.

 

Hinsichtlich der Haftung des Vaters zog das OLG Hamburg die Morpheus-Entscheidung des BGH heran, in der eine Haftung nur dann ausscheide, wenn die Eltern das Kind über die Rechtswidrigkeit illegaler Down- bzw. Uploads aufgeklärt haben und keinen Grund zur Annahme hatten, das Kind handele dennoch illegal. Eine diesbezügliche Erklärung des Vaters hierzu kam zu spät (sog. Präklusion), so dass das OLG davon ausgehen musste, dass der Vater fahrlässig seine Aufsichtspflicht verletzt hatte. 

OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10

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