Fake-Profile: Gericht lehnt Täter-Auskunft ab
Ein fremder Instagram-Account verwendet Ihr Foto, imitiert Ihren Namen und verschickt Nachrichten in Ihrem Namen. Sie wollen wissen, wer dahintersteckt – am liebsten sofort mit Klarnamen, E-Mail und Telefonnummer. Genau hier setzt ein aktueller Beschluss des LG Koblenz (LG Koblenz Beschl. v. 25.08.2025, Az. 2 O 1/25) an und zieht eine klare Linie: Plattformen müssen nicht ohne Weiteres die Bestandsdaten des Täters herausgeben. Für Betroffene fühlt sich das oft wie eine Sackgasse an – rechtlich ist es eine Frage des richtigen Hebels.
Der Fall in Kürze – ohne Juristendeutsch
Ein gefälschtes Profil nutzte das Foto einer Nutzerin und übernahm Details ihres echten Accounts. Die Betroffene beantragte beim Landgericht eine gerichtliche Anordnung, damit Instagram die hinterlegten Bestandsdaten des Fake-Accounts herausgibt. Das Gericht lehnte ab. Der Grund liegt weniger im Einzelfall, sondern in den Grenzen des geltenden Rechts.
Die rechtliche Ausgangslage: Was § 21 TDDDG wirklich erlaubt
Bestandsdaten nur bei eng umgrenzten Konstellationen
Rechtsgrundlage für die Herausgabe von Bestandsdaten ist § 21 des Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetzes (TDDDG). Danach können Anbieter digitaler Dienste unter engen Voraussetzungen Auskunft geben. Das ist zum einen möglich, wenn absolute Rechte durch rechtswidrige audiovisuelle Inhalte verletzt werden, zum anderen bei bestimmten Straftatbeständen. Reine Fotos oder Textnachrichten genügen hierfür nicht.
„Audiovisuell“ ist nicht „alles, was man online sieht“
Kern des Falls war die Frage, ob ein Profilfoto und Textnachrichten „audiovisuelle Inhalte“ sind. Das Gericht hat den Begriff am Wortlaut orientiert ausgelegt: Audiovisuell meint Inhalte, die zugleich hörbar und sichtbar sind. Fotos und reine Texte sind das nicht.
Kein Ausweichen auf das Digitale-Dienste-Gesetz
Die Betroffene verwies zusätzlich auf eine Definition aus dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG). Das half hier nicht weiter. Diese Definition betrifft die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation (also Bilder mit oder ohne Ton zu wirtschaftlichen Zwecken) und lässt sich nicht auf § 21 TDDDG übertragen. Eine „Weitung durch die Hintertür“ lehnt das Gericht ab.
Die Entscheidung des LG Koblenz – die Kernaussagen
Auskunftsanspruch verneint
Der Antrag auf Täter-Auskunft wurde abgelehnt. Ohne audiovisuellen Inhalt oder einschlägige Straftaten greift § 21 TDDDG nicht. Das Erstellen eines Accounts mit Foto und das Versenden von Textnachrichten genügen dafür nicht.
Deutlicher Hinweis auf eine Schutzlücke
Bemerkenswert ist der Ton der Entscheidung: Das Gericht erkennt, dass Betroffene bei Fake-Profilen ein erhebliches Auskunftsinteresse haben. Gleichzeitig betont es, dass gesetzliche Hürden nicht durch Auslegung übersprungen werden dürfen. Wenn mehr Auskunftsrechte gewollt sind, ist der Gesetzgeber am Zug.
Was bedeutet das für Sie in der Praxis?
Plattformen müssen nicht automatisch „den Täter nennen“
Auch wenn es naheliegt: Der direkte Weg zur Identität des Kontoinhabers über das Gericht funktioniert ohne audiovisuelle Inhalte oder Straftaten in der Regel nicht. Das heißt nicht, dass Sie wehrlos sind. Es ändert lediglich den richtigen Angriffspunkt.
Effektive Hebel bleiben – sie liegen nur an anderer Stelle
Unterlassung und Löschung: Gegen das Fake-Profil bestehen zivilrechtliche Abwehransprüche (z. B. wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts). Diese richten sich in erster Linie gegen den unbekannten Täter, praktisch aber zunächst gegen die Plattform auf Löschung, Sperrung und Unterbindung weiterer Verbreitung. Große Plattformen stellen dafür Meldesysteme bereit; rechtlich lassen sich diese Schritte gerichtlich flankieren, wenn interne Verfahren nicht greifen.
Strafrechtliche Schiene bei konkreten Delikten: Sobald Inhalte strafrechtlich relevant erscheinen (z. B. Beleidigung, Verleumdung, Nötigung, § 201a StGB), kommt die Strafanzeige in Betracht. Ermittlungsbehörden können – anders als Privatpersonen – weitere Auskünfte anfordern. Das öffnet in passenden Konstellationen indirekt den Weg zur Täteridentifikation.
Einstweiliger Rechtsschutz: Bei laufender Beeinträchtigung kann Eilrechtsschutz helfen, um Inhalte schnell offline zu bekommen. Gerichte reagieren häufig zügig, wenn die Beeinträchtigung nachvollziehbar dokumentiert ist.
Digital Services Act (DSA): Plattformen müssen effiziente Notice-and-Action-Verfahren vorhalten. Saubere, präzise Meldungen erhöhen die Erfolgsquote. Wer die Community-Guidelines und Rechtsverletzungen konkret adressiert, verbessert die Chancen auf zügige Entfernung.
Praxisleitfaden: So gehen Sie strategisch vor
Beweise sichern – lückenlos und beweisfest
Sichern Sie Screenshots des Profils, der Bio, des Profilbilds, der Posts, Stories, Nachrichtenverläufe, Zeitstempel, URLs und Nutzerkennungen. Dokumentieren Sie Reaktionen Dritter, die auf die Täuschung hereingefallen sind. Je besser die Dokumentation, desto schlagkräftiger sind Ihre Ansprüche.
Meldung an die Plattform – juristisch präzise formuliert
Formulieren Sie Ihre Meldung sachlich und rechtlich klar: Identitätsmissbrauch, Bildnutzung ohne Einwilligung, Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Verweisen Sie strukturiert auf konkrete Inhalte und fordern Sie Löschung/Sperrung. Eine anwaltliche Darstellung führt erfahrungsgemäß schneller zu belastbaren Entscheidungen auf Plattformseite.
Eilrechtsschutz erwägen – wenn Druck nötig ist
Wenn die Plattform zögert oder der Schaden eskaliert, prüfen wir einstweilige Verfügungen. Ziel ist die rasche Unterbindung weiterer Beeinträchtigungen.
Strafanzeige prüfen – wenn Inhalte entgleisen
Sobald konkrete Straftatbestände im Raum stehen, erweitert das den Werkzeugkasten. Ermittlungsbehörden können Auskunftswege nutzen, die Privatpersonen verschlossen bleiben. Wir beurteilen mit Ihnen, ob der strafrechtliche Weg sinnvoll ist.
Kommunikation steuern – Reputation schützen
Gerade bei beruflicher Sichtbarkeit empfiehlt sich ein präventiver Hinweis an relevante Kontakte oder Kundengruppen, um Missverständnisse zu vermeiden. Kurze, nüchterne Kommunikation verhindert, dass das Thema unnötig Aufmerksamkeit erzeugt.
Einordnung: Warum der Beschluss wichtig ist
Klare Konturen statt Wunschdenken
Die Entscheidung bringt Klarheit: Ein Auskunftsanspruch „auf Knopfdruck“ besteht nicht, wenn es „nur“ um Profilfoto und Text geht. Das erspart teure Umwege – und lenkt den Fokus auf Maßnahmen, die heute greifen.
Gesetzgeber am Zug
Das Gericht deutet an, dass eine sinnvolle Erweiterung denkbar wäre. Bis dahin gilt: Strategie statt Frust. Wer die richtigen Anträge stellt, die richtigen Verfahren wählt und gezielt Druck auf die Plattform ausübt, erreicht oft mehr und schneller, als eine Auskunftsschlacht zu führen, die schon am Start rechtlich verengt ist.
Was wir für Sie übernehmen
Wir stoppen Fake-Profile regelmäßig mit einer Kombination aus beweissichernden Maßnahmen, präzisen Takedown-Anträgen, gerichtlichen Eilverfahren und – wo angebracht – strafrechtlicher Flankierung. Wir prüfen Ihr Anliegen umgehend, entwickeln eine maßgeschneiderte Vorgehensweise und setzen diese konsequent um.
FAQ – die häufigsten Fragen aus der Beratung
Bekomme ich den Klarnamen des Täters?
Ohne audiovisuelle Inhalte oder einschlägige Straftaten ist das nach aktueller Rechtslage nicht ohne Weiteres durchsetzbar. Erfolgreich ist häufig, die Inhalte schnell zu entfernen und den Schaden zu begrenzen.
Kann ich wenigstens das Profil sofort löschen lassen?
Plattformen müssen rechtsverletzende Inhalte entfernen, wenn diese konkret gemeldet werden. Sorgfältige Meldungen mit Dokumentation führen oft zügig zum Ziel.
Lohnt sich ein Eilverfahren?
Bei fortdauernder Beeinträchtigung kann ein Eilverfahren sehr wirksam sein. Gute Beweise und klare Anträge sind entscheidend.
Was bringt eine Strafanzeige?
Sobald konkrete Delikte vorliegen, können Ermittlungsbehörden Auskünfte verlangen. Das ist kein Automatismus, eröffnet aber zusätzliche Wege zur Täterermittlung.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
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