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Fake-Profile auf Flirtplattform wettbewerbswidrig

Landgericht Flensburg, Urteil vom 04.05.2022, Az. 8 O 8/22
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht Flensburg entschied am 04.05.2022, dass Werbung für eine Partnerbörse oder für die Vermittlung neuer Bekanntschaften irreführend sei, wenn Kontakte lediglich mit professionellen Chatpartner, die sich hinter fiktiven Profilen verbergen, möglich seien.

Kann mit Fake-Interessierten geflirtet werden?
Klägerin war die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv); Beklagte die Betreiberin einer Online-Dating-Plattform. Auf ihrer Webseite warb die Beklagte mit dem Slogan „Michverlieben – Single sein war gestern“. Weiterhin zeigte die Webseite Fotos von eng verschlungenen Paaren mit Texten wie „Bist du immer noch auf der Suche nach deinem Traumpartner? Oder hast Du das Verlangen, neue Bekanntschaften zu machen? Hier bist du genau richtig.“. Über die Webseite waren u.a. Chats und Flirts mit potentiellen Bekanntschaften möglich. Um die Plattform nutzen zu können, mussten sich Interessierte anmelden und dabei auch den AGB zustimmen. Darin war geregelt, dass es sich bei den Gesprächspartnern um professionelle Chat-Partner mit gefakten Profilen handelt. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass auch bei den kostenpflichtigen Diensten keine Kontakte zu wirklich existierenden Personen vermittelt werden. Die Klägerin mahnte das Verhalten ab und verlangte Unterlassung. Die Beklagte sagte zu, ihre Texte auf der Startseite neu zu fassen. Eine Unterlassungserklärung gab sie jedoch nicht ab. Daher reichte die Klägerin Klage ein.

Hoffnung auf echte Partnerschaft
Das Landgericht Flensburg urteilte, die Klägerin könne Unterlassung verlangen. Die Werbung enthalte täuschende Angaben über wesentliche Merkmale der angebotenen Dienstleistung. Die Werbung erwecke den Eindruck, die Plattform vermittele Kontakte zwischen den Nutzern. Mit dem Startseiten-Slogan „Michverlieben – Single sein war gestern“ würde die Erwartung geweckt, dass es sich bei den Kontakten um echte Interessierte handle. Die Nutzung der Plattform werde damit an die Hoffnung geknüpft, dass sich aus den Kontakten Partnerschaften, Freundschaften oder Bekanntschaften entwickeln können. Diese Erwartung werde durch die Plattform jedoch nicht erfüllt. Denn der angebotene Dienst schließe einen persönlichen Kontakt durch die professionellen Chat-Partner aus.

Fehlende Offenlegung der professionellen Chatpartner
Der Nutzer könne tatsächlich keine an seinen Bedürfnissen orientierte Auswahl treffen, so das Gericht. Eine Auswahl sei allenfalls aus dem kleinen Kreis an professionellen Chat-Partnern möglich. Allerdings ergebe sich dies nicht aus den Chats. Es erfolge keinerlei Hinweis, dass sich dahinter professionelle Charaktere verbergen. Somit werde die Erwartung, aus einer beliebigen Zahl an Chatpartnern auswählen zu können, enttäuscht. Eine Entscheidung oder Auswahl unter den Chatpartnern sei gar nicht möglich.

Unwahre Botschaft zum Kennenlernen
Das LG war der Meinung, es werde suggeriert, Bekanntschaften ließen sich „direkt (…) in der Nähe“ finden. Tatsächlich seien derartige körperliche Treffen mit den professionellen Chat-Partnern überhaupt nicht möglich. Damit sei ein persönlicher Kontakt ausgeschlossen, der sich über die geschäftliche Beziehung hinaus entwickeln könne. Aufgrund dessen vermittele der Startseiten-Slogan die unwahre Botschaft, es bestünde die Möglichkeit, den Traumpartner oder die Liebe des Lebens kennenzulernen. Diese Botschaft werde durch die Fotos auf der Webseite verstärkt, die sich innig umarmende und küssende Menschen zeigen.

Aufklärung über AGB spielt keine Rolle
Die Werbung sei auch geeignet, die Nutzer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie bei Kenntnis nicht getroffen hätten. Vorliegend veranlasse die Werbung Menschen zur Vorstellung, über die Plattform Menschen zu finden, die ebenfalls einen Partner suchten. Die geschäftliche Entscheidung liege bereits darin, sich durch Aufruf der Webseite näher mit dem Angebot zu befassen. Das gelte auch, wenn es zu keinem Vertragsabschluss komme. Daher komme es nicht darauf an, dass in den AGB der Beklagten über den tatsächlichen Umfang der Leistungen aufgeklärt werde.

Landgericht Flensburg, Urteil vom 04.05.2022, Az. 8 O 8/22

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