Fake-Bewertungen sind wettbewerbswidrig

Ob auf Google, Facebook oder anderen Plattformen – Kundenbewertungen entscheiden heute oft darüber, ob ein Unternehmen oder eine Kanzlei neue Mandanten gewinnt oder nicht. Dabei liegt der Gedanke nahe, die Bewertungssysteme zu manipulieren, indem man positive Rückmeldungen kauft oder selbst fälscht. Doch das ist nicht nur unseriös, sondern auch rechtswidrig.
In einem Beschluss vom 12. Dezember 2023 (Az. I-20 U 91/23) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf deutlich gemacht:
Fake-Bewertungen stellen einen Wettbewerbsverstoß dar.
Der Sachverhalt – Kanzlei unter Verdacht
Der Fall spielte sich unter Kollegen ab: Ein Rechtsanwalt warf einem Mitbewerber vor, auf dessen Facebook-Seite gefälschte Bewertungen veröffentlicht zu haben.
Der Vorwurf: Die dortigen Kommentare und Sternebewertungen stammten nicht von tatsächlichen Mandanten. Es läge nahe, dass diese gekauft oder selbst initiiert worden seien. Der Kläger mahnte den Kollegen ab – dieser reagierte jedoch nicht. Daraufhin wurde ein Unterlassungsantrag beim Landgericht Düsseldorf gestellt. Nach Berufung landete die Sache vor dem OLG Düsseldorf.
Der Anspruch: Unterlassung wegen unlauterem Wettbewerb
Der klagende Anwalt stützte seinen Anspruch auf:
- § 8 Abs. 1 UWG – Anspruch auf Unterlassung bei Wettbewerbsverstößen
- § 3 Abs. 3 UWG i.V.m.
- Anhang Nr. 23c zu § 3 Abs. 3 UWG – konkret benannte unlautere Handlungen
Letzterer Punkt ist entscheidend: Nr. 23c normiert ausdrücklich, dass das Verbreiten, Beauftragen oder falsche Darstellen von Verbraucherbewertungen zu Zwecken der Verkaufsförderung stets unlauter ist.
Das bedeutet: Fake-Bewertungen sind per Gesetz immer verboten – unabhängig vom Einzelfall.
Wettbewerbsverhältnis – auch bei unterschiedlicher Spezialisierung
Das OLG stellte zunächst fest, dass die Parteien Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG sind. Auch wenn sich der Kläger auf andere Rechtsgebiete spezialisiert hatte, sei dies unerheblich. Denn der Beklagte warb allgemein damit, ein „kompetenter Partner in allen Rechtsfragen“ zu sein – somit also ein direkter Marktteilnehmer.
Fazit: Ein Wettbewerbsverhältnis lag vor.
Geschäftsbezogene Handlung – Werbung mit Bewertungen auf Facebook
Die Bewertungen wurden auf der Facebook-Seite der Kanzlei veröffentlicht – eine klassische Werbemaßnahme. Das Gericht stellte fest, dass dies eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellt. Bewertungen auf Social Media werden von potenziellen Mandanten wahrgenommen und können deren Entscheidungsverhalten beeinflussen.
Facebook-Bewertungen sind kein „privater Meinungsaustausch“, sondern Marketing.
Entscheidung des Gerichts: Wettbewerbswidrigkeit wegen Fake-Bewertungen
Das OLG Düsseldorf bestätigte:
Die Bewertungen waren gefälscht – und das ist wettbewerbswidrig.
Rechtsgrundlage: Nr. 23c Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG
Laut dieser Norm ist unlauter:
„Die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen oder die falsche Darstellung solcher Bewertungen in sozialen Medien zur Verkaufsförderung.“
Das Gericht sah genau dies als erfüllt an. Der Anwalt hatte die Bewertungen nicht nur geduldet, sondern sich diese durch Likes und Kommentare zu eigen gemacht. Somit lag eine „Übermittlung“ im Sinne des Gesetzes vor.
Die Beweislast – sekundäre Darlegungspflicht des Beklagten
Der Kläger brachte zahlreiche Indizien vor, die den Verdacht auf Fake-Bewertungen stützten:
- Die Namen der Bewertenden ließen sich keinem echten Mandatsverhältnis zuordnen
- Es gab keine erkennbaren Schnittstellen zwischen dem Dienstleistungsangebot des Beklagten und den Rezensenten
- Teilweise waren die Bewertungen sprachlich ähnlich oder unspezifisch
Entlastungspflicht des Beklagten
Das Gericht stellte klar:
Wer mit Kundenbewertungen wirbt, muss im Zweifel beweisen, dass diese echt sind.
Dem Beklagten oblag somit eine sekundäre Darlegungslast. Doch dieser verweigerte konkrete Angaben unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 2 BORA). Das ließ das Gericht nicht gelten. Wer Bewertungen öffentlich präsentiert, kann sich später nicht hinter dem Berufsrecht verstecken.
Zudem wies das Gericht das Argument zurück, es könne sich um Bewertungen unter Pseudonym handeln oder dass man wegen mehrerer Berufsträger nicht nachvollziehen könne, von wem sie stammen.
Urteil des Gerichts: Werben mit Bewertungen verlangt Transparenz – wer das nicht liefert, riskiert rechtliche Konsequenzen.
Konsequenzen für Anwälte und andere Berufsgruppen
Diese Entscheidung hat Signalwirkung – nicht nur für Anwälte, sondern für alle Unternehmen und Selbstständige, die mit Online-Bewertungen werben:
1. Fake-Bewertungen sind unlauter – immer
Keine Grauzonen: Die Regelung in Nr. 23c ist eine sog. „Black-List“-Vorschrift. Das heißt: Ist die Handlung erfüllt, liegt automatisch ein Wettbewerbsverstoß vor – ohne weitere Abwägung.
2. Wer Bewertungen veröffentlicht, trägt Verantwortung
Auch wenn Bewertungen durch Dritte abgegeben werden, haftet der Betreiber der Plattform (z.B. die Kanzlei bei Facebook) für die Inhalte, wenn er sie sich zu eigen macht.
3. Berufliche Verschwiegenheit schützt nicht vor Darlegungspflicht
Die BORA kann nicht als Schutzschild dienen, um sich der Verantwortung zu entziehen. Wer Bewertungen zulässt oder initiiert, muss im Streitfall erläutern, dass diese authentisch sind.
Handlungsempfehlung für Kanzleien und Unternehmen
- Keine Bewertungen kaufen oder fälschen lassen
- Alle Bewertungen regelmäßig prüfen – insbesondere bei Google, Facebook, Jameda
- Nur authentische Bewertungen nutzen und aktiv zur Abgabe durch echte Mandanten auffordern
- Social-Media-Kommentare und Bewertungen nicht kommentarlos „liken“, wenn Zweifel bestehen
- Bei Abmahnungen: rechtlich beraten lassen – insbesondere bei Aufforderung zur Unterlassung
Fazit
Mit dem Beschluss vom 12. Dezember 2023 hat das OLG Düsseldorf klare Maßstäbe gesetzt:
Fake-Bewertungen sind kein Kavaliersdelikt, sondern eine Wettbewerbsverletzung mit weitreichenden Folgen – auch unter Berufskollegen.
Insbesondere in freien Berufen wie der Anwaltschaft, wo Vertrauen und Integrität zentrale Werte darstellen, sollte niemand mit fragwürdigen Bewertungen werben. Die Entscheidung ist deshalb auch ein starkes Plädoyer für mehr Authentizität im digitalen Marketing.
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