Entfernung von Meta-Daten aus Bildern: Rechtsverstoß oder berechtigt?

Meta-Daten in Bilddateien sind für viele Internetnutzer unsichtbar, enthalten jedoch häufig wichtige Informationen, darunter der Name des Fotografen. Diese Informationen können mit einem Mausklick sichtbar gemacht werden und können insbesondere im Bereich des Urheberrechts eine große Rolle spielen. Immer wieder stellt sich die Frage: Ist das Entfernen dieser Daten zulässig oder liegt darin ein Rechtsverstoß? Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in seinem Urteil vom 02.06.2023 (Az. 6 U 17/23) für Klarheit gesorgt.
Hintergrund: Was sind Meta-Daten und warum sind sie wichtig?
Meta-Daten (auch EXIF- oder IPTC-Daten genannt) sind strukturierte Informationen, die in Mediendateien eingebettet sind. Bei Bildern können diese unter anderem Angaben enthalten wie:
- Name des Fotografen
- Datum der Aufnahme
- Kameramodell und Einstellungen
- GPS-Koordinaten
Diese Informationen können bei der Durchsetzung von Urheberrechten oder bei der Bildvermarktung von hoher Bedeutung sein.
Der Sachverhalt: Streit um die Entfernung des Fotografennamens aus Meta-Daten
Der Fall, über den das OLG Köln im Juni 2023 entschied, hatte einen ungewöhnlichen Hintergrund und war rechtlich wie tatsächlich besonders vielschichtig. Ausgangspunkt war eine frühere Geschäftsbeziehung zwischen einem professionellen Fotografen (Kläger) und einem Unternehmen (Beklagte), das eine Webseite betrieb.
Der Kläger war in der Vergangenheit für die fotografische Gestaltung dieser Unternehmenswebseite verantwortlich gewesen. Während der Zusammenarbeit war es zu persönlichen Spannungen und schließlich zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegen den Kläger gekommen. Infolge dieser Entwicklungen entschieden sich beide Parteien dazu, die Geschäftsbeziehung zu beenden. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass der Name des Klägers im Zusammenhang mit dem Unternehmen nicht mehr erscheinen dürfe – weder auf der Webseite selbst, noch in irgendeiner anderen Form, insbesondere nicht in den Meta-Daten der verwendeten Bilddateien.
Die Vereinbarung: Keine Nennung des Fotografen
Diese Vereinbarung basierte auf einer einvernehmlichen Regelung, die nach Aussagen des Unternehmens ausdrücklich auch die Meta-Daten der Fotos umfasste. Der Name des Fotografen sollte also bewusst nicht genannt oder verlinkt werden – weder für Seitenbesucher sichtbar noch für Suchmaschinen auslesbar.
Im Vertrauen auf diese Abrede beließ das Unternehmen die ursprünglich für die Webseite angefertigten Fotos online, entfernte aber die Meta-Daten, insbesondere den Fotografennamen. Der Kläger hingegen hatte die Bilder zuvor in einer späteren Version wieder mit seinem Namen versehen – offenbar ohne das Wissen des Unternehmens. Er wollte so seine Sichtbarkeit über Suchmaschinen, insbesondere die Google-Bildersuche, erhöhen.
Als das Unternehmen davon erfuhr und die Meta-Daten erneut entfernte, reichte der Fotograf Klage ein: Er verlangte Unterlassung der Entfernung seiner Meta-Daten und berief sich dabei auf Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes.
Die rechtliche Einordnung des OLG Köln
1. Keine Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 1 UrhG
Das OLG Köln befasste sich zunächst mit der Frage, ob das Entfernen der Meta-Daten eine Urheberrechtsverletzung im Sinne von § 97 Abs. 1 UrhG darstellt. Diese Norm schützt die ausschließlichen Rechte von Urhebern und gewährt Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bei Verletzung dieser Rechte.
Das Gericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass das Entfernen der Meta-Daten – konkret des Fotografennamens – keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Zur Begründung verwies der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere die Entscheidung „Nintendo II“:
„§ 95a UrhG begründet weder ein Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht. Er regelt lediglich Verhaltenspflichten im Zusammenhang mit technischen Schutzmaßnahmen.“
Da Meta-Daten nicht zu den nach § 97 Abs. 1 UrhG geschützten „absoluten Rechten“ zählen, könne ihre Entfernung nicht urheberrechtlich sanktioniert werden.
2. Möglicher zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95c UrhG und § 1004 BGB analog
Trotzdem bedeutet das nicht, dass das Entfernen von Meta-Daten generell rechtlich folgenlos bleibt. Das OLG prüfte einen möglichen Anspruch aus allgemeinem Zivilrecht:
- § 823 Abs. 2 BGB schützt Rechte, die durch spezielle Gesetze – sogenannte Schutzgesetze – gesichert sind.
- § 95c Abs. 1 und 3 UrhG verbietet die Entfernung von „Rechtsverwaltungsinformationen“, zu denen auch Meta-Daten gehören können.
- § 1004 BGB gewährt Unterlassungsansprüche zur Abwehr rechtswidriger Eingriffe in Rechte Dritter.
In dieser Kombination kann ein Unterlassungsanspruch bestehen – aber nur, wenn die Entfernung „unbefugt“ erfolgt ist. Und genau daran scheiterte der Anspruch im vorliegenden Fall.
3. Vertragsverstoß des Klägers – keine Unbefugtheit der Entfernung
Der zentrale Punkt der Entscheidung lag in der vertraglichen Abrede: Der Fotograf hatte sich im Vorfeld ausdrücklich verpflichtet, keine Verbindung zwischen seinem Namen und dem Unternehmen herzustellen. Diese Verpflichtung bezog sich ausdrücklich auch auf die Meta-Daten.
„Ist nach alldem davon auszugehen, dass der Antragsteller [...] nicht berechtigt war, seinen Namen in die Metadaten der [...] Bilder einzutragen, fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal ‚unbefugt‘.“
Das bedeutet: Die Beklagte handelte nicht unbefugt, als sie die Meta-Daten entfernte, sondern im Einklang mit der bestehenden vertraglichen Vereinbarung.
4. Duldungspflicht und Ausschluss durch Treu und Glauben (§ 242 BGB)
Zusätzlich führte das Gericht aus, dass der Kläger aufgrund seiner vorherigen Zusicherung zur Nichtnennung eine Duldungspflicht traf. Diese Duldungspflicht folge aus dem Vertrag – und damit aus einem Rechtfertigungsgrund, der das Verhalten der Beklagten entlaste.
„Die Entfernung kann sich insofern auf einen Rechtfertigungsgrund stützen, der [...] eine Duldungspflicht des Antragstellers begründet.“
Darüber hinaus argumentierte das Gericht mit der Rechtsmissbrauchseinrede („dolo agit“-Einrede):
„Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergibt sich mithin daraus, dass der Antragsteller etwas getan hat, zu dessen Unterlassung er vertraglich verpflichtet war.“
Mit anderen Worten: Wer sich selbst nicht an eine klare Vereinbarung hält, kann daraus keine rechtlichen Vorteile herleiten.
Bewertung des Urteils: Weichenstellung für die Praxis
Das Urteil zeigt, wie wichtig vertragliche Vereinbarungen auch im digitalen Raum sind. In der Theorie hätte der Fotograf ohne diese Vereinbarung durchaus Unterlassungsansprüche geltend machen können. Doch da er selbst gegen die getroffene Absprache verstieß, verlor er jeden rechtlichen Boden unter den Füßen.
Wichtige Leitsätze:
- Das Entfernen von Meta-Daten kann zivilrechtlich relevant sein.
- Ohne „Unbefugtheit“ keine Haftung – eine vertragliche Abrede schließt diese aus.
- Wer gegen eine eigene Verpflichtung verstößt, kann keine Rechte daraus ableiten.
- § 242 BGB (Treu und Glauben) schützt vor rechtsmissbräuchlichem Verhalten.
Fazit: Vertragstreue ist der Schlüssel zur Rechtssicherheit
Das Urteil des OLG Köln ist ein Lehrstück für alle Kreativen und Unternehmen, die digitale Inhalte austauschen. Es mahnt zur Sorgfalt bei vertraglichen Vereinbarungen und zur Zurückhaltung im Umgang mit eingebetteten Informationen wie Meta-Daten. Wer sich nicht an klare Absprachen hält, kann sich später nicht auf deren Verletzung durch andere berufen.
Für die Praxis bedeutet das:
- Fotografen sollten genau prüfen, welche Rechte sie an ihren Bildern einräumen und wie sie mit Meta-Daten umgehen.
- Unternehmen sollten Vereinbarungen über die Nennung von Urhebern schriftlich fixieren.
- Beide Seiten sollten sich ihrer Verpflichtungen bewusst sein – insbesondere dann, wenn persönliche oder rechtliche Konflikte im Raum stehen.
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