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„Empire“ – luxuriöse Wortmarkenverletzung?

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Wie viel Luxus steckt rechtlich in „Empire“ – und ab wann wird daraus ein herkunftshinweisendes Zeichen? Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 28. Januar 2025 (OLG Nürnberg v. 28.01.2025, Az.: 3 U 2374/24) eine praxisnahe Antwort gegeben. Der Fall rund um die „Empire Shisha Cocktail Bar“ zeigt, wie Wortstellung, Gestaltung und Branchennähe den Ausschlag dafür geben können, ob ein Begriff als bloße Anpreisung wahrgenommen wird oder markenmäßig benutzt wird.

Der Sachverhalt

Die Parteien begegnen sich im Gastronomie- und Eventumfeld. Für den Verfügungskläger sind seit 2015 die Wortmarke „Empire“ sowie die Wort-Bild-Marke „Empires B.“ eingetragen. Er betreibt seit Jahren Veranstaltungen und hat zuvor unter „Empire“ einen Club geführt.

Die Verfügungsbeklagte betrieb eine Shisha- und Cocktailbar, in der regelmäßig thematische Partys („Romanian Party Night“, „Albanian Saturday Party“, „Turkey Night“, „Valentines Romanian Party“) stattfanden. Nach außen trat sie – auf Fassade, Speise- und Getränkekarten sowie Social Media – mit dem Zeichen „Empire Shisha Cocktail Bar“ auf; in der grafischen Variante stand „Empire“ groß hervorgehoben, darunter durch einen waagerechten Trennstrich abgesetzt „Shisha Cocktail Bar“, flankiert von einem Löwensymbol.

Der Markeninhaber sah hierin eine Verwechslungsgefahr zu seinen Zeichen und nahm die Bar im Eilverfahren auf Unterlassung in Anspruch. Vor dem Landgericht blieb er zunächst erfolglos. In der Berufung korrigierte das OLG Nürnberg die Entscheidung überwiegend zugunsten des Markeninhabers.

Der rechtliche Rahmen

Markenmäßige Benutzung vs. dekorative Aussage

Entscheidend ist, ob die Bezeichnung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird. Wo ein Zeichen prägend eingesetzt wird – etwa auf Außenbeschilderung, Karten und Auftritten in sozialen Netzwerken – spricht vieles für eine markenmäßige Verwendung. Rein firmenmäßige Nutzungen fallen demgegenüber nicht unter den Unterlassungsanspruch; die konkrete Gestaltung macht hier den Unterschied.

Kennzeichnungskraft, Zeichenähnlichkeit und Dienstleistungsnähe

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt im bekannten Wechselwirkungsprinzip. Auch wenn „Empire“ in der Gastronomie verbreitet ist und die Kennzeichnungskraft gemindert sein mag, kann bei hoher Zeichenähnlichkeit und enger Dienstleistungsbeziehung eine Verletzung naheliegen. Maßgeblich ist der Gesamteindruck – insbesondere dominierende Zeichenelemente.

Die Entscheidung des OLG Nürnberg

Verfügungsgrund: gesetzliche Vermutung greift

Im Markenrecht gilt im Eilrechtsschutz eine widerlegliche Dringlichkeitsvermutung. Dass die Bar zwischenzeitlich anders heißen sollte, reichte nach der aktuellen Rechtslage nicht aus, die Eilbedürftigkeit zu widerlegen. Für Anspruchsteller bedeutet das: zügiges Handeln bleibt wichtig – die Vermutung arbeitet jedoch grundsätzlich zu Ihren Gunsten.

Markenmäßige Benutzung: Fassade, Karten, Social Media

Das Gericht sah in der Außenbeschilderung, auf Speise- und Getränkekarten sowie in Facebook- und Instagram-Auftritten eine markenmäßige Verwendung. Diese Elemente dienen erkennbar dazu, den Anbieter der gastronomischen Leistungen und der Veranstaltungen zu identifizieren. Damit liegt Benutzung für die einschlägigen Dienstleistungen vor.

Voranstellung entscheidet: „Empire“ als prägendes Element

Besonderes Gewicht hatte die Wortstellung. „Empire“ vorangestellt vor den rein beschreibenden Zusätzen „Shisha Cocktail Bar“ wird vom Publikum als Name des Betriebs verstanden – nicht als bloße Aussage über Größe, Umfang oder Luxus des Angebots. Ohne „Empire“ bliebe kein herkunftshinweisender Bestandteil. Dieser Befund unterscheidet den Fall spürbar von Konstellationen, in denen „empire“ am Ende einer Wortkette auftaucht und eher beschreibend wirken kann.

Gestaltung verstärkt die Kennzeichnungsfunktion

Die grafische Ausführung unterstrich den herkunftshinweisenden Charakter: „Empire“ in deutlich größerer Schrift, darunter abgetrennt „Shisha Cocktail Bar“, dazu ein Löwensymbol. Die Trennung durch den Strich und die Schriftgröße signalisieren, dass „Shisha Cocktail Bar“ Beschreibung ist, während „Empire“ die individualisierende Kennzeichnung trägt. Das Logo neutralisierte diese Wirkung nicht.

Kennzeichnungskraft: gemindert, aber vorhanden

Im relevanten Marktumfeld ist „Empire“ keine Seltenheit. Das führt zu einer geschwächten Kennzeichnungskraft. Gleichwohl bleibt die Wortmarke schutzfähig und durchsetzbar. Eine vollständige Schutzversagung kam nicht in Betracht, da die Marke eingetragen und nicht gelöscht war. Auch eine gesteigerte Bekanntheit wurde nicht angenommen – entscheidend ist hier die konkrete Verwendung im Streitfall.

Waren- und Dienstleistungsnähe: Barbetrieb und Events

Zwischen den Parteien bestand enge Nähe – teils Identität – der Dienstleistungen. Beide bieten diskothekenartige Veranstaltungen an; der Betrieb einer Bar und die Organisation solcher Events sind in der Praxis eng verzahnt. Selbst wenn zeitweise kein eigener Barbetrieb beim Markeninhaber bestünde, bleibt die Verbindung zu seinen fortlaufenden Eventreihen so naheliegend, dass die Nähe der Dienstleistungen hoch einzustufen ist.

Verwechslungsgefahr im engeren und weiteren Sinn

Auf Basis einer nur geminderten Kennzeichnungskraft, einer sehr hohen Zeichenähnlichkeit und einer sehr engen Dienstleistungsnähe bejahte das OLG eine Verwechslungsgefahr. Bereits im engen Sinn überwogen die Anhaltspunkte. Für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn sprach ergänzend, dass die Marke in ein zusammengesetztes Zeichen übernommen und dort selbständig kennzeichnend wahrgenommen wird – etwa im Sinne wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen.

Schwächungseinwand und Marktbeobachtung

Der Hinweis auf zahlreiche „Empire“-Anbieter schwächt die Marke zwar, er entzieht ihr aber nicht den Schutz. An den Schwächungseinwand stellt die Rechtsprechung anspruchsvolle Anforderungen. Eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht des Markeninhabers besteht so nicht; maßgeblich sind die konkreten Darlegungen zum Umfang und zur Benutzung der angeführten Drittzeichen.

Nichtbenutzungseinwand

Der Nichtbenutzungseinwand griff im Eilverfahren nicht durch. Der Markeninhaber konnte Nutzungen – insbesondere im Bereich Veranstaltungenglaubhaft machen. Für die Beurteilung im einstweiligen Rechtsschutz reicht dies häufig aus, um den Benutzungseinwand zu entkräften.

Tenor und Kosten

Das OLG untersagte der Verfügungsbeklagten die konkreten Verletzungsformen – sowohl die Wort-Bild-Variante auf Fassade und Karte als auch die Wortfolge „Empire Shisha Cocktail Bar“ in den Social-Media-Auftritten. Im Übrigen blieb das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Kosten wurden überwiegend der Verfügungsbeklagten auferlegt; der Streitwert wurde auf 75.000 Euro festgesetzt.

Einordnung und praktische Konsequenzen

Für Gastronomie, Clubs und Bars

Setzen Sie gängige Begriffe nicht bedenkenlos ein. Sobald ein Ausdruck wie „Empire“ vorgestellt und optisch dominiert, wirkt er rasch herkunftshinweisend. Fassade, Menü und Social Media ergeben gemeinsam ein einheitliches Zeichenbild – genau das bewertet die Rechtsprechung. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wählt eindeutig beschreibende Namen oder sorgt dafür, dass ein eigener Kennzeichenteil klar zurücktritt.

Für Markeninhaber

Durchsetzung bleibt möglich, selbst wenn die Kennzeichnungskraft nur durchschnittlich oder geschwächt ist. Wichtig ist die Dokumentation der Nutzung (Flyer, Posts, Eventreihen, Rechnungen). Greifen Sie frühzeitig ein – die Dringlichkeitsvermutung unterstützt Ihr Vorgehen im Eilverfahren.

Für Marketing und Social Media

Achten Sie auf kontinuierliche Zeichenführung über alle Kanäle. Je einheitlicher das Erscheinungsbild, desto leichter ist es, konkrete Verletzungsformen zu untersagen oder – aus Sicht des Nutzers – Risiken zu vermeiden. Gestaltung ist Recht: Schriftgröße, Trennstriche, Anordnung und Bildzeichen können die Kennzeichnungsfunktion deutlich verstärken.

Handlungsempfehlungen aus Sicht der Praxis

Vor Benutzung prüfen: Eine schnelle Markenrecherche lohnt sich – gerade wenn ein Begriff vorangestellt werden soll.

Gestaltung bewusst wählen: Wenn Sie nur Sachaussage beabsichtigen, darf der prägende Teil nicht dominieren. Umgekehrt sollten Markeninhaber ihre Kennzeichen im Auftritt konsequent hervorheben.

Nutzung belegen: Belege für die Markenverwendung sichern. Sie erleichtern die Glaubhaftmachung und entkräften Nichtbenutzungsargumente.

Schnell agieren: Bei Verdachtsfällen zügig abmahnen und – bei Bedarf – den Eilrechtsschutz nutzen.

Fazit

„Empire“ ist nicht bloß Luxusflair. In der hier gezeigten Voranstellung und Gestaltung erfüllt der Begriff kennzeichnende Funktionen. Selbst bei geminderter Kennzeichnungskraft kann eine Verwechslungsgefahr bestehen, wenn Zeichen und Dienstleistungen eng beieinanderliegen. Für die Praxis gilt: Design entscheidet mit – und zwar rechtlich.

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