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Durch Gewinnspiel erwirkte positive Bewertung ist unlauter

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 16.05.2019, Az. 6 U 14/19
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied mit Urteil vom 16.05.2019, dass eine positive Bewertung, die als Gegenleistung für eine Gewinnspielteilnahme abgegeben werde, nicht in die Gesamtbewertung eines Produktes einfließen dürfe. Denn eine derartige Gesamtbewertung sei als irreführend anzusehen.

Durch Gewinnspiel erhaltene positive Bewertungen wettbewerbswidrig?
Die Parteien sind Wettbewerber im Vertrieb von Whirlpools. Sie stritten über Bewertungen in sozialen Netzwerken. Die Beklagte bot auf Facebook die Teilnahme an einem Gewinnspiel an, bei dem ein Whirlpool zu gewinnen war. Die Teilnehmer sollten dafür den Gewinnspiel-Post oder den Facebookauftritt der Beklagten liken oder teilen. Bei den positiven Nutzerbewertungen auf der Facebook-Seite waren später zwei dabei, die sich ausdrücklich auf das Gewinnspiel bezogen. Die Beklagte war mit ihren Facebook-Bewertungen u.a. auf der Plattform Google-my-Business sowie 11880.com vertreten. Dort wurde jeweils auch die Anzahl der Bewertungen sowie die Gesamtnote eingeblendet. Hiergegen ging die Klägerin vor. Sie war der Auffassung, die abgegebenen Bewertungen waren durch die Gewinnspielteilnahme „erkauft“. Sie hielt die Werbung mit derartig beeinflusster Werbung für irreführend und verlangte die Unterlassung.

Bewertungen erscheinen objektiv
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die Bewertungen zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden seien. Denn es sei davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil eine „Belohnung“ durch die Gewinnspielteilnahme erfolgte. Daher würden die Bewertungen eher positiv ausfallen. Es sei somit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl seien die Bewertungen nicht objektiv. Die Besucher der Beklagtenseiten auf den Seiten Facebook, Google My Business und 18800.com würden jedoch den Eindruck grundsätzlich objektiver Bewertungen gewinnen.

Irreführung durch positive Bewertungen
Das OLG stellte außerdem fest, dass der Anschein der Objektivität irreführend sei. Denn der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, dass nur zufriedene Kunden oder solche Verbraucher, die die Angebote für überzeugend halten, den Social-Media-Auftritt positiv bewerten. Zudem lasse die durch das Gewinnspiel erhöhte Anzahl der Bewertungen auch Rückschlüsse auf die Bekanntheit des Unternehmens und seiner Produkte zu.

Verbraucher werden durch positive Bewertung beeinflusst
Die Irreführung sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, so das Gericht. Die Werbung mit einer hohen Zahl ganz überwiegend positiver Bewertungen sei geeignet, dass sich potentielle Kunden näher mit dem Beklagten-Angebot befassen. Es komme nicht darauf an, dass lediglich zwei der insgesamt rund 4.000 Bewertungen bewiesenermaßen durch das Gewinnspiel veranlasst wurden. Denn es liege nahe, dass durch die Gewinnspielauslobung eine erhebliche Zahl an Bewertungen generiert wurde. Die Beeinflussung müsse sich auch nicht explizit aus dem Bewertungstext ergeben.

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 16.05.2019, Az. 6 U 14/19

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