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Dubai-Schokolade muss wirklich aus Dubai stammen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

„Dubai-Schokolade“ klingt verlockend: Exotik, Luxus und internationale Raffinesse – all das soll angeblich in einem kleinen Stück Schokolade stecken. Doch was, wenn dieses süße Produkt in Wahrheit gar nichts mit dem Emirat Dubai zu tun hat, außer einem geschickten Marketingtrick?

Mit vier aktuellen Urteilen hat das Oberlandesgericht Köln (Beschlüsse vom 27.06.2025, Az. 6 U 52/25, 6 U 53/25, 6 U 58/25 und 6 U 60/25) eine klare Linie gezogen: Wer seine Schokolade unter dem Namen „Dubai-Schokolade“ vertreibt, muss sicherstellen, dass das Produkt auch tatsächlich aus Dubai stammt. Andernfalls liegt eine unzulässige Irreführung der Verbraucher vor – mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen.

Hintergrund der Entscheidungen

In den vier Verfahren klagten unterschiedliche Antragsteller im Eilverfahren gegen Anbieter, die unter dem Namen „Dubai-Schokolade“ Produkte verkauften, die nachweislich nicht in Dubai produziert worden waren. Während das Landgericht Köln in einem Fall eine einstweilige Verfügung erließ, lehnten es die anderen Kammern in drei Verfahren zunächst ab. Das OLG Köln hat nun alle vier Fälle einheitlich bewertet – und die Irreführung der Verbraucher bejaht.

Wann ist eine geografische Herkunftsangabe zulässig?

Die zentrale Rechtsfrage lautete: Darf ein Produkt mit einem geografischen Begriff beworben werden, wenn es nicht aus der genannten Region stammt?

Das Markenrecht, insbesondere §§ 126, 127 und 128 MarkenG, gibt darauf eine klare Antwort. Eine sogenannte einfache geografische Herkunftsangabe wie „Dubai“ darf nur verwendet werden, wenn das Produkt auch tatsächlich aus dieser Region stammt oder zumindest ein wesentlicher Verarbeitungsschritt dort erfolgt ist. Andernfalls ist die Bezeichnung irreführend – selbst dann, wenn der Begriff mittlerweile auch für eine gewisse Produktart stehen sollte.

Dabei stellte das OLG Köln klar: Auch wenn sich eine geografische Herkunftsangabe im Laufe der Zeit in eine Gattungsbezeichnung umwandeln kann (§ 126 Abs. 2 MarkenG), sind die Voraussetzungen hierfür streng. Schon wenn 15–20% der Verbraucher den Begriff weiterhin mit einer konkreten geografischen Herkunft verbinden, bleibt der Schutz bestehen.

Im Fall der „Dubai-Schokolade“ konnte das Gericht nicht feststellen, dass diese Schwelle unterschritten ist. Vielmehr besteht nach wie vor ein deutlicher Bezug zur Stadt Dubai in den Köpfen der Verbraucher.

Die Rolle der Verbraucherwahrnehmung

Die Entscheidung beruht maßgeblich auf der Verbrauchererwartung. Das OLG stellte fest, dass viele Konsumenten bei dem Begriff „Dubai-Schokolade“ tatsächlich davon ausgehen, dass das Produkt aus Dubai stammt – insbesondere, weil:

  • die Verpackungen die berühmte Skyline von Dubai zeigten,
  • Slogans wie „Diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause“ verwendet wurden,
  • und ursprünglich auch echte „Dubai-Schokolade“ auf dem Markt war, was den Hype um das Produkt ausgelöst hatte.

Diese Gestaltung verstärkte nach Ansicht des Gerichts die Irreführungsgefahr nach § 127 Abs. 1 MarkenG, da ein durchschnittlich informierter Verbraucher von einer konkreten Herkunft aus Dubai ausgeht.

Der Unterschied zwischen Gattungsbezeichnung und Herkunftsangabe

Das Markenrecht erlaubt es zwar, dass sich geografische Begriffe mit der Zeit in Gattungsbegriffe verwandeln – etwa bei Produkten wie „Frankfurter Würstchen“ oder „Wiener Schnitzel“, die nicht zwingend aus Frankfurt oder Wien stammen müssen.

Aber: Der Weg dahin ist lang und rechtlich anspruchsvoll. Entscheidend ist stets die Verkehrsauffassung. Bei der „Dubai-Schokolade“ ist der Bezug zum geografischen Ort noch nicht gelöst, so das OLG. Die Bezeichnung bleibt daher geschützt – und darf nicht als bloße Produktbeschreibung missbraucht werden.

Einheitliche Linie des OLG Köln

Mit seinen Entscheidungen (Az. 6 U 52/25, 6 U 53/25, 6 U 58/25, 6 U 60/25) hat das Oberlandesgericht Köln ein klares Signal gesetzt: Die Herkunftsangabe „Dubai“ ist kein dekoratives Beiwerk, sondern ein rechtlich geschützter Hinweis. Wer „Dubai-Schokolade“ verkauft, muss die Herkunft belegen können.

Diese Urteile gelten zwar nur für das Eilverfahren, sie wurden jedoch nach eingehender summarischer Prüfung getroffen – und sind rechtskräftig. Eine Revision zum Bundesgerichtshof ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gesetzlich ausgeschlossen (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Fazit: Herkunftsangaben sind kein Spielzeug des Marketings

Die Entscheidungen des OLG Köln sind nicht nur für die betroffenen Händler, sondern auch für die gesamte Lebensmittel- und Werbebranche von Bedeutung. Sie machen deutlich:

  • Geografische Herkunftsangaben dürfen nur verwendet werden, wenn die Angabe den Tatsachen entspricht.
  • Die Schwelle für die Anerkennung einer Bezeichnung als reine Gattungsbezeichnung liegt hoch.
  • Wer mit der Exotik eines Landes wirbt, muss auch liefern können.

Die Urteile zeigen eindrücklich: Markenrecht und Wettbewerbsrecht setzen dem kreativen Marketing klare Grenzen. Wer diese ignoriert, riskiert nicht nur seinen guten Ruf – sondern auch eine gerichtliche Untersagung.

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