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„Du darfst“ … nicht mit falschen Versprechen werben

Landgericht Hamburg Az.: 406 HK O 107/12: „Du darfst“ … nicht mit falschen Versprechen werben
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Maßlos genießen ohne zuzunehmen – davon träumen viele Übergewichtige. Leider ist das in der Realität auch mit kalorienreduzierten Produkten nicht möglich. Deshalb verbat das Landgericht Hamburg jetzt einen Werbesport, der genau dies versprach.

Rechtliche Grundlagen
 
In vorliegendem Fall stützt der Bundesverband der Verbraucherzentralen seine Unterlassungsklage auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), welches Verbraucher und Mitbewerber vor unfairen Wettbewerbsmethoden schützen soll.

§ 3 UWG normiert das Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen.

In § 5 UWG ist festgelegt, dass derjenige unlautere geschäftliche Handlungen vornimmt, der irreführend handelt. Dies tut ein Anbieter, wenn er gemäß § 5 I Nr. 1 über die wesentlichen Merkmale einer Sache täuscht.
Liegt eine solche irreführende Werbung vor, kann ein Verbraucher allerdings nicht selbst gegen den Werbenden vorgehen.

Nach § 8 III UWG können allerdings Mitbewerber oder Verbraucherzentralen den unlauter Handelnden auf Unterlassung verklagen.
 
Sachverhalt und Urteil
 
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen die Unilever Deutschland GmbH auf Unterlassung irreführender Werbung gem. §§ 3, 5, 8, 12 UWG.
Die GmbH stellt unter anderem kalorienarme Wurst- und Käsewaren der Marke „Du darfst“ her. In einem aktuellen Werbespot wurden die „Du darfst“- Produkte damit beworben, dass man „endlich unbeschwert genießen könne“, „auf nichts verzichten“ müsse und keine „Kalorien mehr zählen“. Diese Aussagen hielt die Verbraucherschutzorganisation für irreführend im Sinne der §§ 3,5 UWG.
Den Konsumenten werde durch den Werbespot suggeriert, dass sie von den „Du darfst“- Lebensmitteln so viel essen dürfen, wie sie möchten, ohne dabei zuzunehmen.
Unilever wehrt sich gegen die Anschuldigungen: Den Verbrauchern sei bewusst, dass sie von jedem Lebensmittel nur begrenzte Mengen zu sich nehmen sollten.
Zudem würden die in der Werbung gezeigten Szenen von feiernden jungen Menschen und einem Bungeespringer einen sportlichen Lebensstil fördern.
 
Das Landgericht Hamburg sah dies allerdings nicht so und folgte der Argumentation der Verbraucherzentrale in seinem Urteil vom 20.11.2012., in dem es den „Du darfst“- Hersteller auf Unterlassung der Ausstrahlung der Werbung bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro verurteilt.
Die Behauptungen, man müsse keine Kalorien mehr zählen und könne unbeschwert genießen ohne dabei zuzunehmen, entsprechen nach Ansicht der Richter nicht der Wahrheit.
Auch kalorienreduzierte Lebensmittel verfügen über eine so hohe Energiedichte, dass man hier ebenfalls auf seine Kalorienzufuhr achten muss.
 
In den Versprechungen des Werbespots sei weiter für einen durchschnittlichen Werbeverbraucher auch keine bloße Werbebotschaft ohne Tatsachenkern zu erkennen. Vielmehr würden Konsumenten davon ausgehen, es hier mit einem besonderen Produkt zutun zu haben, von dem sie sich im Gegensatz zu vergleichbaren Produkten anderer Hersteller, nach Herzenslust satt essen könnten.
 
Fazit
 
Entgegen weitläufiger Meinungen darf auch in der Werbung nicht das Blaue vom Himmel gelogen werden. Oft genug werden Verbraucher mit schwammigen Begriffen, ungeschützten Siegeln und selbstdurchgeführten Tests getäuscht. Die Hersteller argumentieren dann gerne damit, dass ihre Kunden vernünftig und erfahren genug seien, die Werbebotschaften als solche zu erkennen. Diesem Problem stellen sich die Hamburger Richter in diesem sehr überzeugenden Urteil. Zwar sollte jedem Menschen bewusst sein, dass alle Lebensmittel Kalorien enthalten, dennoch dürfen Produzenten nicht versuchen, die Unwissenheit mancher durch Lügen auszunutzen.
Die Unilever GmbH ist in diesem Fall auch kein unbeschriebenes Blatt: Die ebenfalls von ihr hergestellte Margarine „Becel pro activ“, die damit beworben wird, den Cholesterinspiegel aktiv zu senken, wurde von der Organisation „Foodwatch“ angegriffen, da sie mögliche Nebenwirkungen verschweige. Interessanterweise hatte hier am 14.12.2012 ebenfalls das Landgericht Hamburg darüber zu entscheiden, ob die Aussage „es gebe aus wissenschaftlicher Sicht keine Nebenwirkungen“ irreführend sei. Hierin sahen die Richter allerdings keine Tatsachenbehauptung sondern eine bloße Meinungsäußerung.
Dies zeigt, dass der Grad zwischen unlauterer und lauterer Werbung sehr schmal sein kann.
Verbrauchern, die sich von Werbeaussagen getäuscht fühlen, ist zu raten, sich an die jeweils zuständige Verbraucherzentrale zu wenden.
 
LG Hamburg, Urteil vom 20.11.2012, Az.: 406 HK O 107/12

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