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DSGVO-Schadensersatz verjährt in 3 Jahren

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 ist viel passiert: Die Rechte von Verbrauchern wurden gestärkt, der Umgang mit personenbezogenen Daten wurde in Unternehmen zum heiklen Thema. Doch eine Frage blieb lange unbeantwortet: Wie lange kann ich meine Rechte geltend machen?

Das Landgericht Duisburg hat mit seinem Urteil vom 08.11.2024 (Az.: 2 O 31/24) eine klare Antwort gegeben. Der Kernaussage: Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung nach der DSGVO unterliegen der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren nach §§ 195, 199 BGB. Das heißt: Betroffene müssen spätestens bis zum Ablauf des dritten Jahres nach Kenntnis der Umstände klagen – sonst ist der Anspruch verjährt.

Doch wie kam es zu dieser Entscheidung? Und welche Schlüsse lassen sich daraus für die Praxis ziehen? Der folgende Beitrag beleuchtet den zugrunde liegenden Sachverhalt, die rechtlichen Erwägungen des Gerichts und die praktischen Folgen im Detail.

Der Sachverhalt: Mobilfunkvertrag und Datenweitergabe an Auskunftei

Die Klägerin hatte im Juni 2020 mit der beklagten Telekommunikationsgesellschaft einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen. Bestandteil dieses Vertrags waren Datenschutzhinweise, die u.a. auch die Übermittlung personenbezogener Daten an eine Wirtschaftsauskunftei (die Firma S.) regelten.

Im Rahmen der Vertragserfüllung wurden diese Daten – wie angekündigt – an die Auskunftei übermittelt. Die Klägerin sah hierin einen Verstoß gegen die DSGVO, insbesondere gegen Art. 6 und Art. 5 DSGVO, und machte daher geltend:

  • immateriellen Schadensersatz gemäß Art. 82 DSGVO in Höhe von mindestens 4.000,- Euro
  • Unterlassung weiterer Übermittlungen personenbezogener Daten an die Auskunftei

Nach Angaben der Klägerin erlangte sie im Jahr 2020 Kenntnis von der Datenverarbeitung. Die Klage wurde jedoch erst am 08.01.2024 beim Landgericht Duisburg eingereicht.

Die Beklagte erhob u.a. den Einwand der Verjährung. Sie verwies darauf, dass die Klägerin bereits mit Abschluss des Mobilfunkvertrags im Juni 2020 über die Übermittlung informiert gewesen sei. Die Klägerin entgegnete, die Datenschutzhinweise seien unklar gewesen und eine Kenntnis im juristischen Sinne habe nicht vorgelegen.

Die Entscheidung des Gerichts: Abweisung wegen Verjährung

Das LG Duisburg wies die Klage ab – allein wegen eingetretener Verjährung. Das Gericht nahm eine vollständige Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr vor, da die Verjährungseinrede bereits durchgriff.

1. Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschriften

Die DSGVO enthalte keine eigenständige Regelung zur Verjährung. Daher seien nach „gefestigter Auffassung“ die nationalen zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften anzuwenden. Dies seien in Deutschland:

Das bedeutet: Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruchsteller Kenntnis – oder grob fahrlässige Unkenntnis – von den den Anspruch begründenden Tatsachen hatte.

2. Fristbeginn im Jahr 2020

Nach Ansicht des LG Duisburg war der Klägerin bereits im Juli 2020 die relevante Datenverarbeitung bekannt oder hätte bekannt sein müssen. Die Begründung des Gerichts:

"Die Beklagte hat in dem am 02.06.2020 geschlossenen Vertrag und den beigefügten Datenschutzhinweisen ausdrücklich mitgeteilt, dass u.a. die Beantragung und Durchführung der Geschäftsbeziehung an die S. gemeldet werden."

Damit sei der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses klar gewesen, dass eine Datenübermittlung erfolgt.

Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstelle, dass sie sich der rechtlichen Tragweite dieser Datenverarbeitung nicht voll bewusst war, so gelte dennoch:

"Kenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt auch dann vor, wenn der Gläubiger Tatsachen kennt, aus denen sich ein Anspruch ergibt, ohne die rechtliche Würdigung abschließend vornehmen zu können."

3. Ende der Frist: 31.12.2023

Der Fristlauf begann somit am 01.01.2021 und endete am 31.12.2023. Die Klageerhebung am 08.01.2024 kam damit zu spät, um die Verjährung zu hemmen (§ 204 BGB).

4. Auch Unterlassung verjährt

Interessant ist, dass das LG Duisburg auch den geltend gemachten Unterlassungsanspruch als der dreijährigen Verjährung unterliegend ansah. Zwar wird bei Unterlassungsansprüchen mitunter diskutiert, ob sie dauerhaften Charakter haben und länger durchsetzbar sind. Das Gericht folgt jedoch dem Trend zur Einheitlichkeit der Verjährung auch im Datenschutzrecht.

Bewertung und Einordnung

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist ein deutliches Signal an Betroffene: Reagieren Sie zügig. Drei Jahre können schnell vergehen – insbesondere dann, wenn es zunächst nur ein latentes Unbehagen gegenüber einem Datenumgang gibt.

Für Unternehmen bringt die Entscheidung ebenfalls Vorteile. Sie können sich nach Ablauf der Frist auf Rechtssicherheit berufen und müssen keine Klagen aus "uralten" Datenschutzverstößen mehr fürchten.

Anschlussfähigkeit an andere Rechtsprechung

Das LG Duisburg steht mit seiner Auffassung nicht allein:

  • Das LG München I (Urteil vom 14.09.2022, Az.: 31 O 16606/21) hatte ebenso die Verjährung von DSGVO-Schadensersatzansprüchen nach § 195 BGB angenommen.
  • Auch das LG Frankfurt a.M. bejahte die dreijährige Verjährung in vergleichbaren Konstellationen.

Diese Linie fördert eine einheitliche und kalkulierbare Anwendung des Datenschutzrechts.

Fazit: Rechtzeitig handeln lohnt sich

Das Urteil des LG Duisburg zeigt klar: Auch im Datenschutzrecht ticken die Uhren. Wer sich auf seine Rechte aus der DSGVO berufen will, sollte nicht zu lange warten.

Kernbotschaften:

  • DSGVO-Ansprüche unterliegen der dreijährigen Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB.
  • Die Verjährung beginnt mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis.
  • Ein Verweis auf unklare Datenschutzhinweise reicht nicht aus, um den Fristbeginn hinauszuzögern.
  • Unterlassungsansprüche verjähren ebenfalls.

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