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Drohnenaufnahmen: Keine Panoramafreiheit aus der Luft

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Drohnen sind längst mehr als technisches Spielzeug. Sie liefern atemberaubende Aufnahmen, eröffnen neue Blickwinkel und sind aus der modernen Medienwelt kaum noch wegzudenken – ob in Werbung, Architektur, Journalismus oder bei Social Media. Doch wie weit reicht eigentlich die rechtliche Freiheit, solche Bilder anzufertigen und zu veröffentlichen? Gilt die sogenannte Panoramafreiheit auch für Aufnahmen aus der Luft?

Diese Frage hat das Oberlandesgericht Hamm in einem viel beachteten Urteil vom 27. April 2023 (Az.: 4 U 247/21) beantwortet – mit klaren Konsequenzen für Hobbyfilmer, Fotografen und Unternehmen gleichermaßen. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, was hinter dem Urteil steckt, warum Drohnenaufnahmen besonders kritisch sind und wie Sie rechtlich auf der sicheren Seite bleiben.

Was ist die Panoramafreiheit?

Die Panoramafreiheit ist in § 59 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt. Sie erlaubt es, urheberrechtlich geschützte Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, zu fotografieren, zu filmen und die Aufnahmen zu verwerten – ohne Zustimmung des Urhebers.

Das klassische Beispiel: Sie dürfen ein Foto von einem öffentlichen Platz mit einer berühmten Skulptur machen und es online stellen, auch wenn diese Skulptur urheberrechtlich geschützt ist. Entscheidend ist:

  • Das Werk muss dauerhaft im öffentlichen Raum stehen.
  • Es muss von öffentlich zugänglichen Orten aus sichtbar sein.
  • Es dürfen keine Hilfsmittel eingesetzt werden, um einen besonderen Blickwinkel zu erreichen.

Und genau hier liegt das Problem bei Drohnenaufnahmen.

Was war im Fall des OLG Hamm passiert?

Im zugrundeliegenden Fall filmte ein Unternehmen mit einer Drohne ein urheberrechtlich geschütztes Gebäude, das in einem Landschaftspark stand. Es handelte sich um ein einzigartiges, architektonisch gestaltetes Gebäude mit künstlerischem Charakter. Die Drohnenaufnahmen wurden professionell bearbeitet und kommerziell genutzt.

Der Architekt des Gebäudes war damit jedoch nicht einverstanden – und verklagte das Unternehmen auf Unterlassung und Schadensersatz. Der zentrale Streitpunkt: Durften solche Drohnenaufnahmen ohne Zustimmung überhaupt gemacht werden – oder greift hier nicht mehr die Panoramafreiheit?

Das Landgericht gab dem Kläger zunächst Recht, und das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung in zweiter Instanz.

Die Kernaussagen des Urteils

Das OLG Hamm entschied, dass Drohnenaufnahmen grundsätzlich nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt sind, wenn dadurch Perspektiven eingenommen werden, die dem normalen Passantenblick nicht zugänglich sind.

Die wesentlichen Gründe:

  • § 59 UrhG erlaubt nur Ansichten „von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ aus. Die Kamera muss sich also am Boden und an öffentlich zugänglicher Stelle befinden.
  • Eine Drohne hingegen hebt von diesen Wegen ab – sie verlässt den öffentlichen Raum und ermöglicht Perspektiven, die dem menschlichen Auge sonst verborgen bleiben.
  • Der Einsatz einer Drohne ist damit ein unzulässiges technisches Hilfsmittel, um urheberrechtlich geschützte Werke in unautorisierten Blickwinkeln abzubilden.
  • Es spielt keine Rolle, ob das Werk auch vom Boden aus teilweise sichtbar ist – sobald die Aufnahme nicht vom Boden aus erfolgt, endet die Panoramafreiheit.

Mit anderen Worten: Die Luftaufnahme überwindet die Schranke der Panoramafreiheit. Wer also ein geschütztes Bauwerk mit einer Drohne von oben oder aus ungewöhnlicher Höhe filmt, verletzt das Urheberrecht des Architekten.

Warum dieses Urteil so bedeutsam ist

Das Urteil des OLG Hamm sorgt für Rechtssicherheit in einem bislang unklaren Bereich. Zwar war bereits zuvor umstritten, ob die Panoramafreiheit auch aus der Luft gilt, aber eine so deutliche gerichtliche Klarstellung fehlte.

Die Entscheidung zeigt:

  • Der Gesetzgeber hatte beim Erlass des § 59 UrhG nicht Drohnen oder moderne Luftbildtechnik im Blick.
  • Die Gerichte orientieren sich streng am Wortlaut und Sinn der Vorschrift.
  • Es geht nicht um die Technik an sich, sondern um den Blickwinkel, den sie eröffnet – und ob dieser noch vom „öffentlichen Weg aus“ stammt.

Das OLG Hamm hat sich damit für einen engen Schutz urheberrechtlich geschützter Architektur ausgesprochen. Die kreative Leistung des Architekten wird konsequent geschützt – auch gegen technische Innovation.

Was bedeutet das für Sie in der Praxis?

Wenn Sie Drohnen einsetzen – sei es privat, gewerblich oder künstlerisch –, sollten Sie künftig sehr genau prüfen, was Sie aufnehmen und veröffentlichen:

Erlaubt sind Drohnenaufnahmen, wenn:

  • Sie kein urheberrechtlich geschütztes Bauwerk im Fokus haben.
  • Das Gebäude nicht besonders individuell oder künstlerisch gestaltet ist (z.B. bei rein funktionalen Zweckbauten).
  • Sie eine ausdrückliche Genehmigung des Architekten oder Rechteinhabers haben.

Unzulässig sind Drohnenaufnahmen, wenn:

  • Sie ein gestalterisch oder künstlerisch wertvolles Gebäude filmen.
  • Die Perspektive nicht vom Boden aus einnehmbar ist.
  • Sie die Aufnahmen veröffentlichen oder kommerziell nutzen, ohne Zustimmung des Urhebers.

Welche Folgen drohen bei einem Verstoß?

Wenn Sie gegen das Urheberrecht verstoßen, drohen Ihnen rechtliche und finanzielle Konsequenzen:

  • Unterlassungsanspruch: Der Rechteinhaber kann verlangen, dass Sie die Bilder nicht mehr verwenden.
  • Abmahnung und Vertragsstrafe: Häufig wird zunächst abgemahnt – mit der Aufforderung zur Unterlassung und ggf. einer strafbewehrten Erklärung.
  • Schadensersatz: Für bereits veröffentlichte Bilder kann ein Lizenzschaden geltend gemacht werden.
  • Gerichtsverfahren: Kommt es zum Streit, sind auch Prozesskosten ein ernstes Risiko.

Das Urteil des OLG Hamm zeigt: Wer ohne Erlaubnis filmt, handelt nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich, wenn ihm die rechtliche Lage bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.

Fazit: Luftaufnahmen nur mit Bedacht

Drohnen eröffnen neue kreative Möglichkeiten – aber auch neue rechtliche Risiken. Die Panoramafreiheit endet dort, wo Hilfsmittel wie Drohnen genutzt werden, um Perspektiven zu gewinnen, die nicht vom öffentlichen Raum aus zugänglich sind.

Das Urteil des OLG Hamm schafft hier endlich Klarheit. Es stellt den Schutz geistigen Eigentums über technische Möglichkeiten – und das mit gutem Grund.

Wenn Sie Drohnen einsetzen, sollten Sie sich unbedingt rechtlich beraten lassen – besonders bei künstlerisch gestalteten Gebäuden, Parks, Skulpturen oder anderen urheberrechtlich geschützten Objekten.

Sie haben Fragen zum Thema Drohnenrecht, Panoramafreiheit oder Urheberrecht?
Als Kanzlei mit Spezialisierung auf Medien- und Urheberrecht stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung.

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