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DJV-Tarife bei Online-Textklau anwendbar?

AG HH, 35a C 46/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen nicht einfach ohne Einwilligung des Urhebers von einer Website auf eine andere kopiert werden, auch nicht, wenn sie gemäß § 23 UrhG bearbeitet wurden. Geschieht das doch, sind nach Ansicht des AG Hamburg als Schadensersatz 200 Euro pro Online-Text angemessen.

Geklagt hatte die kurutsua GmbH & Co. KG, die ausschließliche Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Texten innehat. Bei diesen Texten handelt es sich um kurze Darstellungen zweier Urteile (LG Köln, Az. 28 O 452/12 und AG Krefeld, Az. 5 C 352/12) auf der Website www.  mit den Überschriften „LG Köln: ‚Miserabler Kundenservice‘ ist erlaubte Kundenbewertung“ sowie „AG Krefeld: Vorzeitige Beendigung eBay-Auktion bei Beschädigung“. Der Beklagte, Betreiber des Portals www, hatte diese Texte bis auf kleine Abweichungen übernommen und auf der Internetseite www.faceb veröffentlicht.
Nachdem die Klägerin den Beklagten abmahnte, gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch nicht den von der Klägerin geforderten Schadensersatz inklusive Abmahnkosten, was die Klage nach sich zog.

Keine freie Benutzung, daher keine Übernahme ohne Einwilligung

Das Amtsgericht, das keine Zweifel an der Urheberschaft des Zeugen  B und der vertraglich eingeräumten (ausschließlichen) Nutzungsrechte seitens der Klägerin hatte, stellte zunächst klar, dass die Darstellungen der beiden Urteile auf der Seite www Urheberrechtsschutz genießten. Regelmäßig muss hierfür die sogenannte Schöpfungshöhe erreicht werden, das heißt es muss sich um persönliche geistige Schöpfungen handeln (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Der Schutzumfang bestimmt sich dabei nach dem Grad des individuellen geistigen Einflusses. Schriftwerke wie die im vorliegenden Fall fielen unter die von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur der „Kleinen Münze“. Danach sind Werke gerade noch vom Urheberrecht geschützt, sofern sie nicht bloß Banales, Alltägliches oder Triviales beinhalten.
Allerdings handele es sich bei den vom Beklagten übernommenen und nur leicht veränderten Texten nicht um eine – stets erlaubte – freie Benutzung (vgl. § 24 UrhG), sondern um eine Bearbeitung gemäß § 23 UrhG. Die Veröffentlichung hätte daher der Einwilligung des Urhebers bedurft. Die Gliederung der Texte sowie viele Formulierungen und Textpassagen seien übernommen worden, wobei lediglich einzelne Wörter in eine andere Reihenfolge gebracht bzw. durch andere Wörter ersetzt worden seien. Eine freie Benutzung hätte nach BGH-Rechtsprechung – vereinfacht ausgedrückt – vorausgesetzt, dass die eigenpersönlichen Züge des Originals verblasst wären und der eigene Ausdruck in den Vordergrund getreten wäre.

Höhe des Schadensersatzes: Gericht nutzt Vorlagen des DJV

Der Beklagte hatte die erforderliche Einwilligung des Urhebers vor Veröffentlichung der Texte nicht eingeholt. Der BGH wendete daher bei der Bemessung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG an. Danach kann der Schadensersatzanspruch „auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte“. Dabei komme es maßgeblich darauf an, „was bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Unternehmer gewährt hätte“. Nach Ansicht des BGH könne – wie es auch die Klägerin getan hatte – die „Übersicht über Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung journalistischer Beiträge im Internet 2013“ des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) herangezogen werden, so dass sich ein Betrag von 200 Euro pro Text ergebe und der Beklagte insgesamt 400 Euro Schadensersatz für die beiden Texte zu zahlen habe.

AG Hamburg, Urteil vom 23.01.2015, Az. 35a C 46/14

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