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Die Verantwortlichkeit von Google für Suchergebnisse

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Suchmaschinen wie Google steuern unseren Zugang zum Internet. Ihre Trefferlisten entscheiden oft darüber, was gesehen wird – und was nicht. Doch können Betroffene Google selbst haftbar machen, wenn Suchergebnisse ihre Rechte verletzen?

Diese rechtlich hochspannende Frage klärte das Oberlandesgericht Köln am 04. Juli 2024 in einer viel beachteten Entscheidung.

1. Hintergrund: Warum die Frage der Google-Verantwortlichkeit so bedeutsam ist

Google ist nicht nur eine Suchmaschine – sie ist ein mächtiger „Torwächter“ der Information.
Wenn in den Suchergebnissen falsche, veraltete oder ehrenrührige Inhalte auftauchen, kann dies die betroffene Person massiv schädigen:

  • Reputationseinbußen
  • Berufliche Nachteile
  • Psychische Belastungen

Betroffene fragen sich daher oft:
„Kann ich gegen Google selbst vorgehen, wenn in den Suchergebnissen unrichtige oder rufschädigende Informationen auftauchen?“

Das OLG Köln hat sich in seinem Urteil vom 04.07.2024 genau mit dieser Frage intensiv auseinandergesetzt.

2. Der Sachverhalt: Worum ging es konkret?

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Kläger, der sich durch Suchergebnisse verletzt fühlte.
Bei der Eingabe seines Namens in die Google-Suchmaschine wurden Links zu Artikeln angezeigt, die ihn in ein negatives Licht rückten:

  • Es ging um Vorwürfe, die der Kläger für unwahr und ehrverletzend hielt.
  • Die Inhalte stammten nicht von Google selbst, sondern von externen Webseiten Dritter.
  • Die Berichte waren veraltet und enthielten zum Teil nicht mehr zutreffende Informationen.

Der Kläger hatte Google auf:

  • Unterlassung der weiteren Verlinkung
  • sowie auf Löschung dieser Suchtreffer in Anspruch genommen.

Er argumentierte, Google sei mitverantwortlich, da das Unternehmen die Links systematisch auffinde, auswerte und anzeige.
Dadurch werde Google zum „Störer“ im Sinne des § 1004 BGB analog (Störungsbeseitigungsanspruch).

Google hielt dagegen:

  • Es sei nur Vermittler fremder Inhalte.
  • Eine Prüfungspflicht könne es erst nach konkretem Hinweis geben.

3. Die Entscheidung des OLG Köln: Kernaussagen

Das OLG Köln stellte klar:

Grundsatz: Keine generelle Verantwortlichkeit von Google

  • Google ist als reine Suchmaschine nicht selbst Anbieter der verlinkten Inhalte.
  • Google haftet grundsätzlich nicht automatisch für fremde Inhalte, die über die Suchmaschine gefunden werden.

Pflichten erst nach konkretem Hinweis

Eine Haftung von Google kommt nur dann in Betracht, wenn:

  • Der Betroffene konkret auf eine mögliche Rechtsverletzung hinweist,
  • und dabei ausreichend substantiiert darlegt,
    • welche Rechte verletzt wurden,
    • warum die Inhalte unzulässig sind,
    • und welche URLs betroffen sind.

Erst dann muss Google:

  • Den Hinweis prüfen,
  • Eine eigene Bewertung vornehmen,
  • Und ggf. den betreffenden Link aus dem Suchindex entfernen.

4. Detaillierte Entscheidungsgründe: Warum entschied das OLG Köln so?

Das Gericht orientierte sich an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

Die wichtigsten Argumente:

a) Keine allgemeine Prüfungspflicht

  • Eine Suchmaschine indexiert Milliarden von Webseiten automatisiert.
  • Eine vorbeugende inhaltliche Prüfung jedes Suchtreffers würde die Funktionsweise der Suchmaschine unmöglich machen.
  • Dies wäre technisch nicht leistbar und wirtschaftlich nicht zumutbar.

b) Schutz der Meinungsfreiheit und der Informationsfreiheit

  • Suchmaschinen leisten einen wichtigen Beitrag zur Meinungsvielfalt und zur freien Information.
  • Eine zu strenge Haftung könnte eine abschreckende Wirkung entfalten („Overblocking“).

c) Konkretisierung der Prüfpflicht

Eine Prüfpflicht entsteht nur dann, wenn:

  • Ein klarer Hinweis des Betroffenen erfolgt,
  • die Beanstandung begründet ist,
  • und die Rechtsverletzung offensichtlich oder zumindest ernsthaft möglich erscheint.

Nur dann wird Google verpflichtet, den Sachverhalt eigenständig zu bewerten und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.

5. Was muss ein Betroffener nun konkret tun?

Wichtig: Wer gegen rechtswidrige Suchergebnisse vorgehen will, muss Google eine präzise, fundierte Beschwerde übermitteln.

Diese sollte enthalten:

  • Genaue Links/URLs der betroffenen Suchtreffer,
  • Darstellung der Rechtsverletzung (z.B. Persönlichkeitsrechtsverletzung, falsche Tatsachenbehauptung),
  • Belege, warum der Inhalt unzutreffend oder unzulässig ist (z.B. Gegendarstellungen, Urteile, Gutachten).

Je sorgfältiger die Beschwerde, desto eher muss Google handeln.

6. Fazit: Verantwortung mit Augenmaß

Das OLG Köln wählt einen ausgewogenen Ansatz:

  • Es schützt die Rechte der Betroffenen, wenn sie sich konkret und fundiert wehren.
  • Gleichzeitig verhindert es eine Überforderung von Suchmaschinen.

Wer seine Persönlichkeitsrechte durch Suchergebnisse verletzt sieht, hat durch kluges und professionelles Vorgehen gute Chancen, eine Entfernung rechtswidriger Inhalte durchzusetzen.

 

Tipp unserer Kanzlei: So gehen Sie bei rechtsverletzenden Suchergebnissen richtig vor

Screenshot sichern: Dokumentieren Sie das beanstandete Suchergebnis sofort.
Beschwerde sorgfältig formulieren: Genaue URL, Rechtsverletzung klar darlegen.
Anwalt einschalten: Professionelle rechtliche Unterstützung erhöht die Erfolgschancen enorm.
Nicht abwimmeln lassen: Lehnt Google ab, prüfen wir für Sie gerichtliche Schritte.

Ihre Rechte müssen auch im digitalen Raum gewahrt bleiben.
Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf den Schutz Ihrer Persönlichkeitsrechte im Internet.

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