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DGUV-Abzocke: Achtung vor Fake-Rechnungen der DGUV

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Sie öffnen Ihre Geschäftspost – und halten eine vermeintlich amtliche Rechnung der „Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)“ in den Händen. Das Schreiben ist förmlich formuliert, mit behördlichem Briefkopf, Paragrafenverweisen, Androhung von Vollstreckung, Pfändung, SCHUFA-Eintrag. Die Frist: drei Werktage. Kein Spielraum für Rückfragen. Der Druck ist hoch – und genau darauf setzen die Täter.

Doch Vorsicht: Hinter der angeblich letzten Mahnung steckt in Wahrheit kein Amt, sondern ein Betrug mit System. Immer mehr Unternehmer, Selbstständige und Kanzleien erhalten täuschend echte Schreiben, mit denen sie zur Zahlung auf ein ausländisches Konto gedrängt werden sollen. Wer nicht genau hinsieht oder im Stress handelt, überweist – und sieht das Geld nie wieder.

In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie die Masche funktioniert, wie Sie den Betrug erkennen – und was Sie tun können, wenn Sie betroffen sind oder bereits gezahlt haben. Denn eines ist klar: Wer vorbereitet ist, fällt nicht darauf herein. Und wer rechtzeitig handelt, kann sich schützen.

1. Die neue Masche: Fake-Rechnungen mit Echtheitsanstrich

Sie haben Post bekommen von der „Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung“ (DGUV) oder einer „Berufsgenossenschaft“? Und darin eine Rechnung mit offiziellem Briefkopf, juristisch klingender Sprache und Drohungen mit Vollstreckung, SCHUFA-Eintrag und Pfändung?

Dann ist höchste Vorsicht geboten.

Aktuell kursieren bundesweit gefälschte Rechnungen und Mahnungen, die vorgeben, von der DGUV oder einer ihrer Unterorganisationen zu stammen. Die Schreiben wirken erschreckend professionell. Tatsächlich aber handelt es sich um einen versuchten Betrug, der vor allem Unternehmen und Selbstständige ins Visier nimmt. Ziel ist es, durch Einschüchterung eine schnelle Zahlung auf ein ausländisches Konto zu erzwingen.

2. Aufbau und Inhalte der gefälschten Schreiben: So arbeiten die Täter

2.1 Eindruck von Seriosität

Die Betrugsschreiben imitieren mit bemerkenswerter Detailtreue den Stil und das Layout amtlicher Behördenpost. Die Täter verwenden:

  • Den offiziellen Namen „Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)“
  • Den Namen des tatsächlichen Geschäftsführers: Dr. Stefan Hussy
  • Eine existierende Adresse in Berlin (Glinkastraße 40)
  • Gesetzeszitate aus der ZPO (z. B. §§ 794, 829 ff., 866, 802g, 882c)
  • Den fiktiven Namen eines Gerichtsvollziehers (z. B. „Ludger Roth“)

Das Ziel: Der Empfänger soll glauben, es handele sich um eine behördliche Maßnahme – und keine Möglichkeit zur Diskussion bestehe.

2.2 Drohszenario mit kurzer Frist

Im Mittelpunkt steht eine „Letzte Zahlungsaufforderung“, in der wortreich mit drastischen Maßnahmen gedroht wird. Unter anderem:

  • „Zwangsvollstreckung ohne weitere Ankündigung“
  • „Eintragung bei SCHUFA, Creditreform, CRIF Bürgel“
  • „Pfändung von Konten und Gehalt“
  • „Zwangssicherungshypothek auf Immobilien“
  • „Haftbefehl zur Erzwingung der Vermögensauskunft“

Gleichzeitig wird eine Zahlungsfrist von nur drei Werktagen gesetzt. Zeitdruck ist ein typisches Mittel von Betrügern.

2.3 Die „Rechnung“ im Anhang

Als Grundlage der Forderung wird eine täuschend echt wirkende „Rechnung“ beigefügt. Darin finden sich erfundene Leistungen, z. B.:

  • „Pauschale für betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung gemäß DGUV Vorschrift“ – 343,86 €
  • „Teilnahme am Programm ‚Gesunder Arbeitsplatz 2024‘“ – 124,64 €
  • Gesamtsumme inkl. MwSt.: 557,51 €

Besonders auffällig: Die Zahlung soll auf ein italienisches Konto (IBAN IT20…) erfolgen – was bei einer deutschen Behörde höchst ungewöhnlich ist.

3. Die offizielle DGUV distanziert sich – und warnt

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat sich klar von den Betrugsversuchen distanziert und warnt ausdrücklich auf ihrer Webseite:

„Die DGUV stellt keine Rechnungen oder Mahnungen an Betriebe aus. Unternehmen, die ein entsprechendes Schreiben erhalten, sollten keinesfalls zahlen und sich bei ihrer Berufsgenossenschaft melden.“
Pressemitteilung der DGUV vom 07.06.2024

Auch die BGW und zahlreiche Industrie- und Handelskammern haben bereits vor diesen Schreiben gewarnt. Der Tenor ist eindeutig: Es handelt sich um einen Betrug.

4. Erkennungsmerkmale eines Fake-Schreibens: So schützen Sie sich

Sie fragen sich, ob das Schreiben in Ihrem Briefkasten echt ist? Diese Hinweise deuten klar auf einen Betrugsversuch hin:

Merkmal

Bewertung

Zahlung auf ein ausländisches Konto (z. B. Italien)

Betrugsverdacht

Kurze Frist von 3 Tagen zur Zahlung

Unüblich bei Behörden

Druck durch juristische Fachbegriffe

⚠️ Typisch für Fake

Keine individuelle Ansprache, keine Rückrufnummer

Verdächtig

Forderung für nicht in Anspruch genommene Leistungen

Kein Rechtsgrund

Kein vorheriger Kontakt mit der DGUV oder BG

Zweifelhaft

Keine Möglichkeit zur Ratenzahlung oder Widerspruch

Intransparent

Verwendung echter Namen und Adressen

⚠️ Täuschend echt – Vorsicht!

5. Was tun, wenn Sie eine solche Rechnung erhalten?

5.1 Keine Panik – und vor allem: nicht zahlen

Lassen Sie sich nicht von den Drohungen beeindrucken. Wenn Sie keinerlei Vertragsverhältnis mit der DGUV haben, besteht keine Zahlungsverpflichtung.

5.2 Schreiben dokumentieren

  • Machen Sie Scans oder Fotos der erhaltenen Unterlagen
  • Sichern Sie Dokumente
  • Notieren Sie das Eingangsdatum
  • Bewahren Sie den Brief auf – für eventuelle Anzeige oder Rückverfolgung

5.3 Anzeige erstatten

Erstatten Sie Anzeige bei Ihrer örtlichen Polizeidienststelle wegen versuchten Betrugs (§ 263 StGB). Bringen Sie dazu die Unterlagen mit.

5.4 Keine Kontaktaufnahme mit dem Absender

Rufen Sie nicht die im Schreiben angegebenen Nummern an. Diese dienen nur dazu, Ihre persönlichen Daten auszuspionieren oder weiteren Druck auszuüben.

5.5 Rückmeldung an DGUV oder BGW

Informieren Sie die zuständige Berufsgenossenschaft oder die DGUV, damit weitere Warnungen ausgesprochen werden können.

6. Was tun, wenn Sie bereits gezahlt haben?

Falls Sie bereits Geld überwiesen haben:

  1. Sofort Kontakt mit Ihrer Bank aufnehmen und versuchen, die Zahlung rückgängig zu machen (Stichwort: SEPA Recall)
  2. Strafanzeige stellen – mit Angabe der Kontodaten, Empfänger, Zahlungszweck usw.

Je schneller Sie reagieren, desto höher die Chance, dass Sie Ihr Geld zurückerhalten.

7. Warum fallen selbst „Profis“ darauf herein?

Die Täter setzen gezielt auf folgende psychologische Tricks:

  • Autorität: Der Brief sieht aus, als käme er von einer Behörde
  • Zeitdruck: Drei Tage – keine Chance zur Prüfung
  • Unklarheit: Viele Unternehmen wissen nicht genau, was sie der DGUV schulden
  • Stress und Arbeitsbelastung: Gerade kleine Betriebe bezahlen aus Reflex, um „Ruhe zu haben“

Fazit: Diese Masche ist professionell und durchdacht. Sie kann jeden treffen.

8. Fazit: Keine echte Rechnung – sondern professioneller Betrug

Die angeblichen Rechnungen im Namen der DGUV sind keine lästigen Werbemails, sondern ernsthafte Betrugsversuche mit krimineller Energie. Sie basieren auf Täuschung, Druck und Desinformation.

Lassen Sie sich nicht täuschen. Wenn Sie ein entsprechendes Schreiben erhalten, prüfen Sie es genau. Zahlen Sie nicht voreilig!

FAQ: Häufige Fragen zur DGUV-Abzocke

1. Ist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) überhaupt berechtigt, Rechnungen zu stellen?

Nein, jedenfalls nicht in der Form, wie es die Betrugsschreiben suggerieren. Die DGUV selbst hat klargestellt, dass sie keine Rechnungen oder Mahnungen direkt an Unternehmen verschickt. Zuständig für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, nicht die DGUV als Dachverband. Sollte also ein Schreiben direkt von der „DGUV“ mit Zahlungsaufforderung kommen, ist größte Vorsicht geboten.

2. Wie erkenne ich ein gefälschtes DGUV-Schreiben?

Achten Sie auf folgende Merkmale:

  • Zahlung auf ein ausländisches Konto, z. B. nach Italien
  • Verwendung eines allgemeinen Namens wie „DGUV“ statt Ihrer zuständigen Berufsgenossenschaft
  • Kurze Zahlungsfrist (oft 3 Werktage)
  • Drohungen mit SCHUFA-Eintrag, Haftbefehl oder Kontopfändung
  • Keine persönliche Ansprache oder unklare Ansprechpartner
  • Aufforderung zur Zahlung ohne vorherige erbrachte Leistungen
  • Verwendung eines angeblichen Gerichtsvollziehers (z. B. „Ludger Roth“), der nicht existiert

3. Gibt es den Gerichtsvollzieher Ludger Roth wirklich?

Nach aktuellem Stand: Nein. Es gibt keine offiziellen Informationen über einen echten Gerichtsvollzieher dieses Namens in Frankfurt am Main. Der Name wird offenbar verwendet, um dem Schreiben einen offiziellen Anstrich zu geben. Auch Adressen und Telefonnummern im Schreiben sind frei erfunden oder missbräuchlich verwendet.

4. Was ist, wenn ich tatsächlich Leistungen zur Arbeitssicherheit oder Gesundheitsförderung bestellt habe?

Auch dann sollten Sie misstrauisch sein. Die gefälschten Rechnungen enthalten meist nicht konkret bestellte Leistungen, sondern pauschale, vage Posten wie:

  • „DGUV Präventionsmodul“
  • „Gesunder Arbeitsplatz 2024“
  • „Sicherheitstechnische Betreuung“

Wenn Sie nichts explizit schriftlich bestellt oder beauftragt haben, besteht in aller Regel auch keine Zahlungspflicht.

5. Darf ein Schreiben überhaupt drohen, dass „Einwände erst nach Zahlung geprüft werden“?

Nein. Ein solcher Hinweis ist rechtlich völlig haltlos. Jeder Schuldner hat das Recht, eine Forderung vor Zahlung zu überprüfen und ggf. zurückzuweisen. Dass Widersprüche nur nach Zahlung möglich seien, ist eine klare Falschbehauptung und typisch für Betrugsversuche.

6. Was ist zu tun, wenn ich bereits bezahlt habe?

Handeln Sie umgehend:

  1. Kontaktieren Sie Ihre Bank, ggf. kann eine Rückholung der Zahlung (SEPA-Recall) erfolgen.
  2. Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei wegen versuchten oder vollendeten Betrugs.
  3. Sichern Sie alle Unterlagen (Schreiben, Zahlungsbeleg, Kontoauszug).

Je schneller Sie reagieren, desto größer ist die Chance, Ihr Geld zurückzuholen.

7. Ich bin unsicher – an wen kann ich mich wenden?

Sie können sich an folgende Stellen wenden:

  • Ihre zuständige Berufsgenossenschaft
  • Die DGUV direkt (Kontakt über www.dguv.de)
  • Ihre Industrie- und Handelskammer (IHK)

8. Kann ich auch präventiv etwas tun, um mich zu schützen?

Ja, Sie können vorbeugen:

  • Schulen Sie Ihre Buchhaltung und Mitarbeiter zur Erkennung solcher Schreiben
  • Kontrollieren Sie jede neue IBAN sorgfältig, insbesondere bei Auslandsüberweisungen
  • Nutzen Sie sichere Prozesse zur Rechnungsprüfung
  • Melden Sie verdächtige Schreiben sofort weiter – an Geschäftsführung, IT und ggf. Polizei

9. Gibt es eine zentrale Stelle zur Sammlung solcher Betrugsfälle?

Nein, bislang nicht zentral. Aber:

  • Die DGUV sammelt Hinweise über ihre Webseite
  • Polizei und Verbraucherzentralen registrieren ähnliche Fälle
  • Auch die IHKs und Berufsverbände nehmen entsprechende Warnhinweise entgegen

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